Börsengänge

IPO-Flaute in Deutschland - Wer es in Europa dennoch wagt

27.09.10 17:00 Uhr

Finanzinvestoren fallen als Treiber für Börsengänge derzeit aus. Nur wenige Unternehmen wollen trotz der schwierigen Marktbedingungen in Europa den Gang aufs Börsenparkett wagen.

von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Trotz des Konjunkturaufschwungs kommt das Geschäft mit Börsengängen in Deutschland nicht in Schwung. „Wir rechnen nicht mit weiteren größeren Börsengängen in diesem Jahr“, sagte Andreas Bernstorff, Kapitalmarkt­experte der US-Bank Citigroup. Derzeit gebe es hierzulande bei Finanz­investoren kaum passende Kandidaten, heißt es aus Frankfurt. In anderen europäischen Ländern sei die Ausgangslage etwas besser. Allerdings sei es für die Eigentümer weiterhin schwierig, ihre Preisvorstellungen durchzusetzen. „Wer nicht unbedingt aufs Parkett muss, wartet lieber ab“, sagt ein IPO-Experte.

Anleger, die sich Aktien einiger Börsendebütaten, die trotz des anhaltend schwierigen Umfelds am Kapitalmarkt in Deutschland den Schritt auf das Börsenparkett gewagt haben, verbuchen bei einigen Werten inzwischen allerdings ein dickes Plus. Die Aktien des weltweit größten Chemikalienhändlers Brenntag legten seit ihrem Debüt im März um gut 20 Prozent zu. Die Papiere von Kabel Deutschland (KDG) notieren aktuell sogar um 30 Prozent höher. Trotz der überschaubaren Anzahl von Börsengängen rangiert Deutschland in der IPO-Statistik des Datenanbieters ­Dea­logic für Europa, Afrika und den Mittleren Osten (EMEA) mit acht IPOs und einem Emissions­volumen von drei Milliarden Euro auf Platz 3. Spitzenreiter ist Großbritannien mit 5,1 Milliarden Euro, vor Polen mit 4,2 Milliarden Euro.

Im Vergleich zu Asien und den USA, wo sich die Kapitalmärkte für Börsengänge geöffnet haben und derzeit gut funktionieren, sei die Zurückhaltung bei Investoren und IPO-Kandidaten groß, sagte Citigroup-Experte Bernstorff.


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Zu den Mutigen, die trotz der schwierigen Marktbedingungen in Europa den Gang aufs Börsenparkett wagen, gehören der norwegische Erdölkonzern Statoil, der die Aktien seines ausgegliederten Tankstellennetzes platzieren will, und der dänische Schmuckhersteller Pandora. Mit dem für Herbst geplanten Börsengang des Tankstellengeschäfts will sich Statoil von einem Bereich trennen, mit dem Ölkonzerne im Vergleich zu anderen Sparten traditionell die geringsten Ren­diten erwirtschaften. Der Börsenwert der Sparte wird auf 1,6 Milliarden Dollar geschätzt.

Bei Pandora bereiten der Finanz­investor Axcel und die Gründerfamilie Enevoldsen derzeit ihren Teilausstieg vor. Rund 36 Prozent der Aktien sollen an die Börse. Pandora verkauft Armreifen, auf die sich verschiedene weitere Elemente fädeln lassen. Gegenwärtig bringen die Schmuckstücke 90 Prozent des Umsatzes von zuletzt 464 Millionen Euro. Die operative Marge (Ebitda) liegt nach Firmenangaben bei 45 Prozent. Mit einem geschätzten Börsenwert von 3,9 Milliarden Euro wäre Pandora das neuntgrößte Unternehmen in Dänemark. Der Preis für die Aktien wird am 4. Oktober festgelegt. Am Tag danach werden die Papiere erstmals gehandelt.