Börse Frankfurt-News: Rücksetzer nach 1.000-Punkte-Rally (Wochenausblick)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die Kurse schwanken mit den Nachrichtenverlauf zum Krieg in der Ukraine. Aber auch die Corona-Pandemie, die von vielen bereits abgehakt worden war, rückt wieder in den Blickpunkt. Seitens der Konjunktur werden schwache Frühindikatoren erwartet.
21. März 2022. Frankfurt (Börse Frankfurt). Die starken Erholungsgewinne der Vorwoche dürften sich in dieser Woche nicht fortsetzen. Die Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende in der Ukraine ist gesunken. Die anhaltenden Kämpfe, die gewaltigen Sanktionen und die enormen Energiepreisanstiege machen die Märkte weiter anfällig für Schwankungen. Die Welt wartet vor allem auf Zeichen eines Waffenstillstands bzw. konstruktive Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Die Türkei gibt sich optimistisch, dass beide Seiten Einigung über eine Waffenruhe erzielen.
Der Wochenauftakt an der Frankfurter Börse wird zunächst schwächer erwartet: Gut eine Stunde vor Handelsbeginn steht die DAX-Indikation bei 14.339 Punkten. Am Freitag war der Leitindex mit bei 14.413 Punkten aus dem Handel gegangen. Vom Wochentief bei 13.612 stand er zwischenzeitlich bei knapp 14.500 Punkten.
Kein klarer Trend
"Bis es zu erkennbaren Verhandlungs- oder gar Friedensfortschritten kommt, bleibt jede Stimmungserholung an den Börsen brüchig", ist Robert Halver, Leiter Kapitalmarktstrategie der Baader Bank, sicher. Chris-Oliver Schickentanz, Chefanlagestratege der Commerzbank, pflichtet bei: "Ein klarer Trend wird sich noch kaum etablieren, sofern nicht materielle Fortschritte hinsichtlich eines Waffenstillstands aus der Ukraine kommen."
Angesichts der Bewertungen könne eine solche Meldung aber einen Freudensprung an den Märkten auslösen. Die Kursniveaus vom Jahresbeginn sollten Anleger*innen jedoch nicht erwarten. "Dies ist in einem Umfeld mit fallenden Wachstumserwartungen, höheren Inflationsprognosen, steigenden Leitzinsen und sich eintrübenden Unternehmensgewinnen kurzfristig kaum zu erwarten", ordnet Schickentanz ein.
Europäische Aktien nicht mehr hoch bewertet
Vor weiter schwankungsanfälligen Märkten warnt auch Markus Reinwand von der Helaba: "Die Kombination aus Krieg, hohen Rohstoff- und Energiekosten sowie steigenden Zinsen sind eine Herausforderung für Aktien." Europäische Titel seien inzwischen aber moderat bewertet, das mache sie für mittelfristig orientierte Anleger interessant.
Halver sieht die rohstoffarme, aber exportorientierte deutsche Wirtschaft allerdings einem dramatischen Stresstest unterzogen: "Die Sanktionen gegenüber Russland kommen über steigenden Kostendruck bei Unternehmen und Kaufkraftverluste der Verbraucher als Bumerang zurück."
Auch unter technischen Gesichtspunkten ist Vorsicht angesagt: Nach der Hälfte einer V-förmigen Erholung trete häufig eine Konsolidierung ein, beschreibt Charttechniker Christoph Geyer die häufige Reaktion des Marktes auf eine V-Formation. "Dies würde auch zur Saisonalität passen, die noch einmal einen kleinen Knick nach unten aufweist." Für den weiteren Verlauf ist Geyer jedoch optimistischer: "Danach beginnt die erste statistisch gute Phase des Jahres."
Corona könnte Lieferketten erneut belasten
Neben den Kriegs- und Konjunktursorgen rücken die steigenden Corona-Infektionszahlen wieder in das Blickfeld: Korea, Japan und China verzeichnen das intensivste Infektionsgeschehen im gesamten Pandemielauf. "Insbesondere die chinesische Null-Covid Strategie zur Eindämmung könnte mit den rigiden neuen Lockdowns für ca. 50 Millionen Menschen zusätzliches Störpotenzial für die fragilen internationalen Lieferketten bedeuten", vermutet Schickentanz.
Indexanapssung: Daimler Truck und Hannover Rück neu im DAX
Wie Daimler Truck unter anderen mit den Pandemie-Herausforderungen im vergangenen Jahr zurechtgekommen ist, wird der Nutzfahrzeughersteller am Donnerstag endgültig berichten. Doch schon zu Wochenbeginn wird Daimler Truck die Aufmerksamkeit der Anleger*innen auf sich ziehen. Dann steigt das Unternehmen gemeinsam mit der Hannover Rück in den DAX auf. Weichen müssen der Konsumgüterhersteller Beiersdorf und Siemens Energy - beide komplettieren ab Montag den MDAX.
In den Index der mittelgroßen Unternehmen werden zudem die RTL Group, der Waferhersteller Siltronic und der Autovermieter Sixt einziehen, weshalb der Gebrauchtwagenhändler Auto 1 Group, der Softwareanbieter Compugroup Medical und der Automobilzulieferer Hella weichen und in den SDAX absteigen. Dort neu aufgenommen ist der IT-Dienstleister Adesso, dem der Online-Händler für Mode, Global Fashion Group, Platz macht. Bei den größten Technologietiteln im TecDAX ist Biokraftstoffproduzent Verbio neu notiert, während SMA Solar den Index verlässt.
Von den anstehenden Konjunkturdaten sollten in der kommenden Woche vor allem die Frühindikatoren in den Fokus rücken und erste Spuren des Ukraine-Krieges zeigen: "Die Frühindikatoren dürften nach Kriegsbeginn deutlich sinken", prognostiziert Stefan Mütze von der Helaba. Die neue geopolitische Lage führt zu höheren Kosten und Preisen sowie eingetrübten Wachstumsperspektiven, begründet er die Befürchtungen. Zu den Frühindikatoren gehört der ifo-Geschäftsklimaindex, der am Freitag veröffentlicht wird.
Auch Schickentanz erwartet hier einen Rückgang, der aber noch keine Rezession signalisieren müsse: "Belege für die diskutierte These, dass für den Euroraum eine Rezession bevorsteht, erwarten wir daraus (noch) nicht." Immerhin könnte sich der Dienstleistungssektor durch die Lockerungen der Corona-Beschränkungen sogar befestigt haben. "Das Überraschungspotenzial dieser Stimmungsbarometer nimmt jedenfalls durch die beträchtliche Unsicherheit des Ukraine-Konflikts in den kommenden Monaten deutlich zu."
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Mittwoch, 23. März 2022
15:00 Uhr. USA: Neubauverkäufe Februar. Nach 801.000 im Vormonat sind im Februar 815.000 Verkäufe Konsens.
Donnerstag, 24. März 2022
10:00 Uhr: Deutschland: Einkaufsmanagerindizes März, Dienstleistungen und verarbeitendes Gewerbe März.
Im verarbeitenden Gewerbe wird im Konsens ein Rückgang von 58,4 auf 56,9 erwartet, für den Dienstleistungssektor eine weniger starke Verminderung von 55,8 auf 54,8.
10:00 Uhr: Eurozone: Einkaufsmanagerindizes Dienstleistungen und verarbeitendes Gewerbe März.
Die DekaBank rechnet sowohl in der Industrie wie auch im Dienstleistungssektor mit Rückgängen. Allerdings könnten bei den Dienstleistern die weit verbreiteten Corona-Lockerungen für ein leichtes Gegengewicht gesorgt haben. "Aber dies dürfte bei der Befragung der Unternehmer in Euroland die Belastungen durch den Krieg in der Ukraine nicht überkompensieren können."
13:30 Uhr: USA. Auftragseingänge langlebiger Güter Februar.
Nach einem Plus von 1,6 Prozent im Januar erwarten die Konjunkturexperten für den Februar einen Rückgang von 0,6 Prozent.
13:30 Uhr: USA. Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung.
Nach 215.000 Anträgen in der Vorwoche dürften nun ähnlich viele Menschen in den USA Arbeitslosenunterstützung beantragt haben, prognostiziert die Helaba.
Freitag, 25. März 2022
10:00 Uhr: Deutschland. ifo-Geschäftsklima März.
Wir rechnen mit einem der stärksten Einbrüche der Geschäftserwartungen und des ifo Geschäftsklimas", kommentiert die DekaBank ihre Prognose für März und begründet die Einschätzung mit dem anhaltenden Krieg, den gewaltigen Sanktionen und den enormen Energiepreisanstiegen. Das dürfte sich besonders bei den Geschäftserwartungen niederschlagen.
von: Antje Erhard. 21. März 2022, © Deutsche Börse AG
Über die Autorin
Antje Erhard ist Journalistin und Moderatorin mit den Schwerpunkten Börse, Wirtschaft und Finanzen.
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