„Blutleer und stotternd in echter Krise": Die deutsche Wirtschaft schrumpft auch 2024 im zweiten Jahr in Folge, sagt das IfW Kiel
Herbstprognosen für Konjunktur beginnen mit Knalleffekt. Das IfW Kiel rechnet auch für 2024 mit einer Rezession - und kritisiert die Politik.
Anfang September stellen wichtige Ökonomen ihre Herbstprognosen für die Konjunktur vor. Und die Saison begann mit einem Knalleffekt.
Die deutsche Wirtschaft werde auch in diesem Jahr schrumpfen, sagt das Institut für Weltwirtschaft Kiel. Es senkte seine Prognose für das Wachstum deutlich.
Deutschland droht damit das zweite Rezessions-Jahr in Folge. Und die schlechten Nachrichten reißen nicht ab.
Mit dem September beginnen jetzt die Herbstprognosen für die Konjunktur - und die Saison startet mit einer bösen Überraschung: Die deutsche Wirtschaft werde auch 2024 weiter schrumpfen, sagt das renommierte Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) voraus. Die Ökonomen des IfW sind damit die ersten, die ihre Prognose in den roten Bereich drehen. Statt eines Wirtschaftswachstums von 0,2 Prozent erwarten sie nun, dass das Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent schrumpft. Der private Konsum sei trotz steigender Realeinkommen schwach, Industrie und Bauwirtschaft steckten tief in einer Rezession.
„Insgesamt stottert die deutsche Wirtschaft in eine blutleere Erholung, auch weil die Wirtschaftspolitik keine verlässlichen Weichenstellungen vorzunehmen vermag“, sagte IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths. Das Institut prognostiziert, dass das BIP dann 2025 und geringe 0,5 Prozent und 2026 etwas kräftiger um 1,1 Prozent wächst. Auch das ist weniger als bisher erhofft.
Es wäre das zweite Rezessionsjahr in Folge. Denn bereits 2023 war die Wirtschaftsleistung in Deutschland um 0,3 Prozent geschrumpft.
IfW-Chef: Deutsche Wirtschaft in echter Krise
„Die deutsche Wirtschaft steckt zunehmend in einer Krise" sagte IfW-Präsident Moritz Schularick. Diese Krise sei, nicht nur konjunktureller, sondern auch struktureller Natur". Schularick kritisierte, dass die Haushaltskürzungen der Bundesregierung die Wirtschaft zusätzlich belasteten. Die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) komme zu spät.
Alte Kernindustrien in Deutschland hätten zu lange nicht auf Veränderungen reagiert. Die Asyldebatte vergifte zudem den Dialog über die dringend nötige Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland. „Solange das so bleibt, können wir zusehen, wie unser Wachstumspotenzial immer kleiner wird“, sagte der Volksiwrt.
Miese Stimmung bei Außenhandel und Autoindustrie
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) beklagte am Mittwoch zudem eine verschlechterte Stimmung im Außenhandel. „Unser Wirtschaftsmodell steht massiv unter Druck“, heißt es in einer Mitteilung. Der Verband rechnet damit, dass die Exporte aus Deutschland dieses Jahr um 0,3 Prozent abnehmen. Bei den Importen rechnet der Verband aus Berlin mit einem Minus von zwei Prozent. Der BGA fordert unter anderem „den Mut zu mehr Freihandel“.
Auch in der wichtigsten deutschen Industriebranche, der Autoindustrie stehen die Zeichen auf Krise. „Die Stimmung in der Autoindustrie ist im Sturzflug", stellte das Ifo-Institut nach einer Umfrage bei den Unternehmen der Branche fest. Dies betreffe zunehmend auch die Personalplanung.
Das Ifo-Institut legt an diesem Donnerstag seine Herbstprognose für die Konjunktur vor. Das Deutsche Insitut für Wirtschaftsforschung folgt am Freitag. Es ist zu erwarten, dass auch sie ihre Erwartungen für die deutsche Wirtschaft nach unten korrigieren. Die Bundesregierung geht offiziell noch davon aus, dass die Wirtschaft in diesem Jahr um 0,3 Prozent wächst.
Mit Material von dpa.