Blasenbildung

Commerzbank sieht Gefahr einer Finanzblase im Euroraum

14.06.21 13:09 Uhr

Commerzbank sieht Gefahr einer Finanzblase im Euroraum | finanzen.net

Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert sieht die Gefahr einer Finanzblase im Euroraum.

"Die aktualisierte Analyse des Finanzzyklus im Euroraum bestätigt, dass die Gefahr einer Blase am Immobilienmarkt im Euroraum immer mehr zunimmt", schreibt Schubert in einer Analyse. Der Analyst verweist darauf, dass vor allem die realen Immobilienpreise - eine von drei aus Sicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) für die Bestimmung von Finanzzyklen wichtigen Messgrößen - im Euroraum seit 2015 ungebremst stiegen.

"Makroprudenzielle Instrumente, die von der Europäischen Zentralbank (EZB) als effektive Maßnahme gegen Blasen an den Finanzmärkten angesehen werden, wurden offenbar bisher nicht ausreichend eingesetzt oder ihre Wirkung war nicht ausreichend", schreibt Schubert. Dagegen könne die Geldpolitik offenbar einen erkennbaren Einfluss auf den Finanzzyklus ausüben, da der langfristige Zyklus der realen US-Immobilienpreise sich merklich abgeflacht hatte, nachdem die US-Notenbank ab 2015 zwischenzeitlich den Fuß vom Gaspedal genommen habe.

Die EZB räumt in ihren Finanzstabilitätsberichten eine Überbewertung in vielen Immobilienmärkten ein, sieht darin aber kein Stabilitätsrisiko, weil die steigenden Preise nicht mit einer zu starken Kreditvergabe einhergehen. Tatsächlich hält sich der Anstieg der beiden weiteren zyklischen Indikatoren - das Verhältnis von Krediten zur Wirtschaftsleistung und das Verhältnis von Krediten zur Inflationsrate - noch in Grenzen.

Schubert schlägt vor, dass die EZB bei künftigen geldpolitischen Entscheidungen deren Wirkung auf die Finanzstabilität stärker berücksichtigen und eine Politik des "leaning against the wind" betreiben solle. Das bedeutet: Die Geldpolitik aus Gründen der Finanzstabilität straffen, auch wenn das mit Blick auf die Inflationsentwicklung noch nicht notwendig wäre.

Schubert begrüßt daher den Vorschlag des französischen EZB-Ratsmitgliedes Francois Villeroy de Galhau, dass die EZB die derzeitige "monetäre Säule" ihrer geldpolitischen Strategie zu einer "monetären und finanziellen Säule" ausbauen sollte. Diese zweite Säule wäre für die vertiefte Erforschung des Finanzzyklus verantwortlich.

"Die EZB sollte im Rahmen dieser neuen Säule Variable wie die Verschuldung von Unternehmen und Haushalten, Informationen aus den Geschäftsbankbilanzen, Indikatoren für überzogene Risikotoleranz und exzessive Kredite sowie Aktien- und Hauspreise überwachen", rät Schubert. Eine Gewähr dafür, dass sich die EZB künftig tatsächlich "gegen den Wind lehnt", sähe Schubert darin aber nicht.

"Der eigentlich notwendige Schritt, gegen die Gefahr von Blasen an den Finanzmärkten auch dann vorzugehen, wenn in Boom-Phasen die Inflation noch unterhalb des EZB-Ziels liegt, dürfte für die meisten EZB-Ratsmitglieder viel zu groß ausfallen", meint er.

FRANKFURT (Dow Jones)

Bildquellen: Commerzbank AG