So viel kostet der Handelsstreit die USA
Seit Monaten hält der sino-US-amerikanische Handelsstreit die weltweiten Märkte in Atem. Schon mehr als einmal verbuchten die Aktienmärkte in Reaktion auf neue Entwicklungen im Handelsdisput herbe Abschläge. Die Deutsche Bank beziffert den Schaden, den die USA durch den Konflikt bisher erlitten, nun ganz konkret.
Seit Monaten zieht sich der Handelsstreit zwischen den USA und China nun schon in die Länge. Auch wenn es in regelmäßigen Abständen danach aussieht, eine Lösung läge nicht mehr in weiter Ferne, lässt eine Einigung weiter auf sich warten. Die internationalen Aktienmärkte reagieren dabei extrem sensibel auf neue Eskalationen. Zu den Entwicklungen gehören dabei die Anhebung der US-Zölle auf chinesische Importe im Wert von 200 Milliarden US-Dollar auf 25 Prozent, die Drohung Chinas, es könne die für die High-Tech-Industrie wichtigen Seltenen Erden verknappen, und die Ankündigung von Vergeltungszöllen der Volksrepublik. Darüber hinaus sorgte US-Präsident Donald Trump bei Investoren weltweit für Unruhe, als er ebenfalls Strafzölle auf mexikanische Produkte erhöhte, um das Nachbarland der USA dazu zu bewegen, mehr gegen illegale Einwanderung an der US-amerikanischen-mexikanischen Grenze zu unternehmen. Die jüngste Eskalation erfolgte, als Trump in einem Interview während seiner Europareise verkündete, er könne "noch mindestens um 300 Milliarden US-Dollar nach oben gehen", was er "zur richtigen Zeit" tun würde.
Kursrutsch an den US-Aktienmärkten
Der US-amerikanische S&P 500 konnte Anfang Mai zwar noch ein Allzeithoch bei 2.954,13 Punkten markieren, hat nach den jüngsten Entwicklungen im Handelsstreit davon derzeit jedoch 4,33 Prozent verloren (Stand: Schlusskurs vom 5. Juni 2019). Und auch der Dow Jones Industrial steht gemessen an seinem Jahreshoch, welches er Ende April erreichte, genauso viele Prozentpunkte tiefer. Einzig die Hoffnungen, die US-Währungshüter könnten den Leitzins noch in diesem Jahr senken, konnten den Aktienmärkten vorübergehend auf die Beine helfen.
Handelsstreit kostet Billionen US-Dollar
Der Chefstratege der Deutschen Bank, Binky Chadha, rechnete nun in einem Anleger-Bericht, der MarketWatch vorliegt, vor, welche Summe der Handelsstreit konkret die US-amerikanische Wirtschaft kostet. Hierfür zog er den Russel 3000 als Referenzpunkt heran. Dieser Aktienindex ist einer der größten weltweit und vereint 3.000 in den USA gelistete Unternehmen, die über die höchste Marktkapitalisierung verfügen. Hier schaute er sich den Börsenwert der im Index enthaltenen Firmen an und verglich, wie sich dieser im Verlauf der vergangenen 17 Monate verändert haben, da zu diesem Zeitpunkt der Handelsstreit begonnen habe. Der Vergleich zeigte Chadha zufolge auf, dass durch den Handelsstreit die Marktkapitalisierung der Unternehmen um fünf Billionen US-Dollar zurückgegangen sei. Dies sei die Summe, die der US-amerikanischen Wirtschaft im Verlauf der 17 Monate entgangen wäre. Dabei sei bemerkenswert, dass sich das US-amerikanische Handelsdefizit der vergangenen zwölf Jahre gegenüber China ebenfalls auf etwa fünf Billionen US-Dollar belaufe.
Zwar wären auch andere Faktoren bei dem Rückgang von Bedeutung gewesen, der Handelskonflikt hätte hier allerdings eine "Schlüsselrolle" gespielt und dafür gesorgt, dass sich das weltweite Wachstum nicht erholen könne. Dabei vergleicht der Chefstratege die Auswirkungen des Handelsstreits mit denen der Finanzkrise in der europäischen Union von 2011/2012, als Griechenland in eine schwere Wirtschafts- und Währungskrise fiel und die Zukunft des Euro ungewiss schien.
Abschließend fasste Chadha in seinem Bericht zusammen: "Wir stimmen der allgemeinen Auffassung zu, dass US-Handelsdefizite Makro- und nicht Mikrofaktoren widerspiegeln und dass Initiativen in der Handelspolitik wahrscheinlich keinen Einfluss auf diese haben werden. Selbst wenn man die gegensätzliche Meinung vertreten würde, dass bilaterale Handelsdefizite schlecht wären und dass diese durch Handelspolitik lösbar wären, sind die Kosten angesichts verpasster Aktienrenditen schon jetzt genauso hoch wie das bilaterale Handelsdefizit in den letzten 12 Jahren".
Redaktion finanzen.net
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