Betrugsvorwürfe

Nach Übernahme: JPMorgan klagt gegen Gründerin von Startup Frank

26.01.23 23:47 Uhr

Nach Übernahme: JPMorgan klagt gegen Gründerin von Startup Frank | finanzen.net

Im Jahr 2021 übernahm die US-Großbank JPMorgan das Fintech-Startup Frank. Nun klagt JPMorgan gegen die Gründerin des US-Unternehmens. Charlie Javice habe bezüglich des Erfolgs, der Größe und der Marktdurchdringung des Unternehmens gelogen.

Werte in diesem Artikel

• Frank-Gründerin hat Nutzerzahlen künstlich aufgebläht
• Nach Übernahme: JPMorgan wirft Charlie Javice Betrug vor
• Javice klagt gegen JPMorgan - Bank habe "Kündigung aus wichtigem Grund" erfunden



Startup Frank

Charlie Javice gründete das Unternehmen Frank, das Studenten dabei helfen soll, den Prozess der Studienfinanzierung zu steuern, im Jahr 2017. Das Unternehmen bot Studenten ein Tool an, um das Ausfüllen des kostenlosen Antrags auf staatliche Studienbeihilfe zu beschleunigen und versorgte die Studenten mit Informationen zu Stipendien, Anträgen auf finanzielle Unterstützung und College-Kursen. Wie es in der Anklageschrift von JPMorgan heißt, behauptete Javice, um für Franks Erfolg zu werben, öffentlich, dass das Unternehmen bereits Millionen von Studenten geholfen habe, bis Anfang 2021 Milliarden von Dollar an Studienbeihilfen zu erhalten.

Benutzerzahl künstlich aufgebläht

Wie aus JPMorgans Anklageschrift hervorgeht, hat Javice bei einem ersten Treffen im Juli 2021 gegenüber der US-Bank erklärt, "dass Frank sich stark mit Studenten im College-Alter beschäftigt habe, einem Marktsegment, das JPMC ausbauen wolle." Die Frank-Gründerin habe angegeben, dass das Unternehmen 4,25 Millionen Benutzer (Personen, die ein Frank-Konto erstellten) und seit 2017 mehr als 35 Millionen Besucher auf seiner Webseite gehabt habe. Im Acquisition Data Room habe Javice zudem "eine Tabelle mit einer Spalte mit der Bezeichnung 'FAFSA in Bearbeitung'" eingefügt, aus der hervorgegangen sei, dass 4,265 Millionen Studenten ein FAFSA-Formular bei Frank erstellt hatten und mehr als 2,1 Millionen Studenten dieses vollständig durchgeführt hatten.

Doch als die US-Großbank während der Due Diligence einen Beweis für die 4,25 Millionen Studenten mit Frank-Konto anforderte, habe Javice "'synthetische Daten'-Techniken" verwendet, "um eine Liste mit 4,265 Millionen gefälschten Kunden zu erstellen - eine Liste mit Namen, Adressen, Geburtsdaten und anderen persönlichen Informationen für 4,265 Millionen 'Studenten', die eigentlich gar nicht existierten." Tatsächlich habe es zum 31. Juli 2021 weniger als 300.000 Kundenkonten gegeben.

JPMorgan schließt Übernahme ab

"Unter Berufung auf die gefälschte Kundenliste und die Zusicherungen und Gewährleistungen" habe JPMorgan die Vereinbarung und den Fusionsplan vom 8. August 2021 abgeschlossen und Frank für einen Kaufpreis von 175 Millionen US-Dollar erworben. Die Fusion wurde am 14. September 2021 abgeschlossen. Frank-Gründerin Charlie Javice, Chief Growth Officer Olivier Amar und andere Frank-Mitarbeiter kamen als Mitarbeiter mit zu JPMorgan.

Ergebnisse der Testkampagne enttäuschen

Im Januar 2022 habe JPMorgan dann die Qualität der Kundenliste und "die Aufgeschlossenheit dieser Kunden für die Produkte und Dienstleistungen" der Bank testen wollen und das Unternehmen aufgefordert, die Liste mit den 4,265 Millionen Kunden an ein Marketingteam von JPMorgan zu senden. Daraufhin stellten Javice und Amar dem Marketingteam von JPMorgan zunächst eine Liste von Personen zur Verfügung, die von ASL bezogen worden sei - später habe Javice dem Marketingteam eine Liste zur Verfügung gestellt, die aus Personen aus der ASL-Liste bestand, ergänzt durch E-Mail-Adressen von dem Drittanbieter, heißt es in der Anklageschrift.

Die Ergebnisse von JPMorgans Marketing-Testkampagne seien katastrophal ausgefallen. So habe JPMorgan Marketing-Test-E-Mails an 400.000 angebliche Frank-Kunden geschickt, doch nur weniger als ein Drittel der E-Mails sei zugestellt worden, während JPMorgan sonst für gewöhnlich eine Zustellrate von 99 Prozent bei ähnlichen Kampagnen erreiche. Nur rund ein Prozent der zugestellten E-Mails seien überhaupt geöffnet worden, verglichen mit sonst 30 Prozent bei einer typischen Kampagne.

Betrug fliegt auf

Aufgrund der schlechten Ergebnisse der Marketingkampagne habe die US-Bank "verschiedene Aspekte von Franks Geschäft" überprüft und "die gefälschte Kundenliste und die ASL-Liste" entdeckt. JPMorgan habe die Listen mit der tatsächlichen Kundenliste des Unternehmens verglichen und E-Mails, Nachrichten und Chats zwischen Frank-Gründerin Javice, einem Data Science Professor und Franks Chief Growth Officer Olivier Amar untersucht. Wie es in der Anklageschrift heißt, lassen die Dokumente keinen Zweifel: Die Listen enthielten nicht die Daten tatsächlicher Frank-Kunden, es gibt keine Liste oder Datenbank von 4,265 Millionen echten Frank-Nutzern.

JPMorgan wirft Javice und Amar vor, "die gefälschte Kundenliste und andere wissentlich falsche Darstellungen des Fusionsvertrags" genutzt zu haben, um JPMorgan "in betrügerischer Weise zum Abschluss der Fusion zu verleiten". So habe JPMorgan 175 Millionen US-Dollar für ein Unternehmen gezahlt, "das seiner Meinung nach mit 4,265 Millionen Kunden stark in das Marktsegment im College-Alter eingebunden war; stattdessen erhielt es ein Geschäft mit weniger als 300.000 Kunden." Somit habe der Betrug von Javice und Amar JPMorgan erheblich geschädigt.

Javice klagt gegen JPMorgan

Frank-Gründerin Chalie Javice wurde laut Bloomberg im November 2022 entlassen und hat ihrerseits Klage gegen JPMorgan eingereicht. Sie verlangt, dass die Bank ihre Anwaltskosten bezahlt. In der Anklageschrift heißt es, dass JPMorgan im Frühjahr 2022, "eine Reihe grundloser Untersuchungen des Verhaltens" von Javice eingeleitet und sie veranlasste habe, einen Rechtsbeistand zu beauftragen. Die Bank habe nach ihren Ermittlungen "in böser Absicht eine Kündigung aus wichtigem Grund" erfunden, um der Frank-Gründerin "die ihr geschuldete Entschädigung zu verweigern (einschließlich 8 Millionen US-Dollar, die von der Fusionsgegenleistung einbehalten wurden, und einer Einbehaltungsprämie von 20 Millionen US-Dollar)".

Redaktion finanzen.net

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