Besorgniserregend

Hier stimmt was nicht! Nichts gegen alte Regeln

04.09.13 12:00 Uhr

"Sell in May and go away" - im Mai eine Verschnaufpause von der Börse zu nehmen war 2013 trotz jüngster Konsolidierung kein guter Ratschlag.

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von Jörg Lang, Euro am Sonntag

So stiegen die Kurse des amerikanischen S & P-Index seit Anfang Mai. Vielleicht sollten Anleger dieses Jahr auch den zweiten Teil der Börsenregel — „But remember, come back in September“ — ignorieren.

Für weniger Aktien im Depot sprechen derzeit vor allem die gestiegenen US-Zinsen. Nachdem US-Notenbank-Chef Ben Bernanke die Reduzierung der Anleihekäufe angekündigt hat, wurde Kapital in Aktien umgeschichtet.

Die Überlegung: Je weniger die Zentralbank den Anleihemarkt stützt, desto weiter dürften sich die Zinsen ihrem normalen Niveau nähern. Und dieses sollte für zehnjährige US-Staatspapiere eher bei über drei als bei 1,6 Prozent liegen. Die Folge sind Verluste bei lang laufenden Bonds. Durch die Verkäufe sind die Zinsen seit Mai um mehr als einen Prozentpunkt auf 2,8 Prozent gestiegen. Zwar ist der Anstieg absolut betrachtet nicht sehr hoch, die Wirkung aber schon.

Eine 500.000 Dollar schwere Hypothek bedeutete Anfang Mai noch eine monatliche Zinsbelastung von 1.400 Dollar. Heute müssen dafür mehr als 1.900 hingelegt werden. 500 Dollar weniger im Geldbeutel, und das Monat für Monat — das muss Folgen haben. Zum einen wird der Bau neuer Häuser, ein wichtiger Multiplikator für die US-Wirtschaftstätigkeit, zurückgestellt. Die schwache Entwicklung der US-Hausverkäufe im Juli sind wohl das erste Signal, dass der Zinsanstieg durchschlägt. Und andere Bereiche werden folgen. Zum Beispiel Autokredite oder der über Kreditkarten finanzierte Erwerb von Konsumgütern — alles wird teurer.

Sicherlich wäre die Entwicklung in einem normalen Umfeld nicht besorgniserregend, signalisiert sie ja den Übergang zu mehr Wachstum. Weil aber die vergangenen Krisen nicht über harte Sanierungsschritte, sondern durch Zuführung von Liquidität bekämpft wurden, trifft der Zinsanstieg nun auf ein System, das höher verschuldet ist als 2007.

Laut US-Notenbank ist die Summe der ausstehenden Konsumentenkredite (ohne Hypotheken) um zehn Prozent höher als 2007. Die US-Firmen stehen mit 12,9 Billionen Dollar in der Kreide, 2007 waren es elf Billionen. Und auch die öffentliche Hand schiebt eine Rekordverschuldung vor sich her. Der Schuldenberg von Onkel Sam ist auf bald 17 Billionen Dollar angewachsen. Schon heute sind die Zinskosten um 80 Prozent höher als noch vor fünf Monaten. In diesem Umfeld sollten Anleger nicht damit rechnen, dass Firmen und öffentliche Haushalte kräftig investieren.

Vielmehr wird der US-Haushalt seine Schuldengrenze wohl spätestens im November erreichen. Das heißt: Ausgabenstopp. Ein fragiles Umfeld für einen Aktienmarkt, der seit 2009 um mehr als 140 Prozent gestiegen ist. Den drei letzten Börseneinbrüchen gingen Zinsanstiege voraus. Der September wird darüber entscheiden, ob es dieses Mal anders sein wird.

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