Börsen-Neulinge: So kommen Sie an Neuemissionen

Immer mehr Firmen geben erstmals Aktien aus. DiePapiere vorab zu ergattern ist für Privatleute schwer - aber nicht unmöglich.
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von B. Watermann und S. Funke, Euro am Sonntag
Eine Situation beim Börsengang von Infineon im März 2000 ist Dominic Blum vom Produktmanagement für Privatkunden der Deutschen Bank noch in lebhafter Erinnerung: "Damals kam mal ein Kunde in die Filiale, der gern die Aktie zeichnen wollte, die so ähnlich heißt wie ein Schmerzmittel." Ibuprofen statt Infineon?
Keine Frage, Privatanleger, die sich heutzutage für Neuemissionen interessieren, sind in aller Regel deutlich besser informiert. "Mehr Realismus, weniger Hype", so beschreibt Sven Aubert derzeit die Stimmung bei Privatanlegern. Er ist bei der Direktbank Consorsbank für die Betreuung von Neuemissionen zuständig. "Zur Jahrtausendwende wurde man schräg angeschaut, wenn man sich mit seinen Freunden nicht über Neuemissionen unterhalten konnte, heute ist es fast umgekehrt", erinnert sich auch Jan Enno Einfeld, Leiter Trading der Direktbank Comdirect. Börsengänge seien derzeit eher ein Nischenthema für Eingeweihte, auch wenn das Interesse jüngst wieder zugenommen habe, berichten die Banker unisono.
Das verwundert nicht, hat sich doch der Markt für IPOs (Initial Public Offerings = Börsengänge) zuletzt nach jahrelanger Schwächephase deutlich belebt. Aber Freud und Leid liegen bei den Börsenneulingen und ihren Anlegern dicht beieinander: Wer im Mai bei der Neuemission des Halbleiterunternehmens Siltronic zum Zug kam, freut sich bis jetzt über einen Kursanstieg von rund zehn Prozent. Im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose ging dagegen im gleichen Monat der IPO des Babyartikelspezialisten Windeln.de: Derzeit verzeichnet die Aktie einen satten Verlust von etwa einem Drittel.
Ebenfalls im Minus rangiert die Mai-Premiere Sixt Leasing, eine Tochterfirma des Autovermieters Sixt. Reichlich Gewinn brachte hingegen beispielsweise der Börsengang des Onlinemodehändlers Zalando im vergangenen Jahr. Hier steht derzeit ein Plus von etwa einem Viertel zu Buche.
Neuemissionen waren und sind eben keine Selbstläufer. Und nur wer sich wirklich gut informiert und dann bei aussichtsreichen Börsengängen überhaupt zum Zug kommt, hat die Chance, Zeichnungsgewinne einzustreichen.
Die richtige Bank
An erster Stelle steht die gründliche Information. Interessierte Anleger sollten nicht nur das Unternehmen auf Herz und Nieren checken. "Wichtig ist auch: Wie sind die Marktlage und die Marktliquidität? Findet die Emission genügend Käufer? "Eine Vollzuteilung bekommt man eher bei schlechten als bei guten IPOs", gibt Ingo Hillen, Vorstand des Onlinebrokers Sino, zu bedenken.Manchmal muss man zudem auch richtig schnell sein, da manche Angebote nur kurz verfügbar sind - wenn überhaupt. Denn anders als zu Zeiten des Neuen Markts spielen Privatanleger derzeit als Abnehmer von neuen Aktien allenfalls eine Statistenrolle. Häufig werden die Neulinge komplett oder zumindest zum Großteil bei institutionellen Anbietern platziert. Das spart den Unternehmen Zeit und Mühe und erlaubt eine klare Kalkulation des Erlöses. "Privatkunden stehen bei IPOs derzeit ganz klar nur in der zweiten Reihe. Häufig bleiben für sie nur die Brosamen, sprich die weniger interessanten Emissionen übrig", meint auch Consorsbank-Vertreter Aubert.
Bei deutschen Banken kann man Aktien nur dann zeichnen, wenn der IPO-Kandidat ein sogenanntes öffentliches Angebot in Deutschland vorlegt, das gezielt hiesige Anleger anspricht. Bei großen ausländischen IPOs kann, muss das aber nicht der Fall sein. Eine echte Chance auf Zuteilung hat man vor allem dann, wenn man sein Wertpapierdepot bei einem Anbieter führt, der selbst oder dessen Mutter im Konsortium vertreten ist, das die Emission begleitet.
"Nur das Konsortium teilt Aktien zu", stellt Blum von der Deutschen Bank klar. Sein Institut konnte Kunden - auch jenen des hauseigenen Onlinebrokers Maxblue - dieses Jahr bislang sieben Emissionen anbieten, mehr als jede andere Bank. "Wir nehmen ausschließlich an Aktien-IPOs teil, bei denen die Wahrscheinlichkeit für unsere Kunden hoch ist, eine Zuteilung zu erhalten", sagt auch Comdirect-Mann Einfeld. "Das ist der Fall, wenn beispielsweise die Commerzbank als unser Abwicklungspartner Mitglied im Konsortium ist." 2015 war das bislang drei Mal der Fall.
Zum Vergleich: Kunden der DAB Bank und der Consorsbank erhielten 2015 erst bei jeweils einem Börsengang Stücke zugeteilt, bei einigen anderen Häusern gab es gar nichts. Die Institute informieren ihre Kunden zumeist vorab auf der Website oder in Mailings über Börsengänge, bei denen ihre Kunden Chancen haben.
Wer nun mehrere Depots führen möchte, um seine Chancen zu steigern, sollte den Aufwand und mögliche Gebühren berücksichtigen. Das Zeichnen selbst ist bei den befragten Banken umsonst, erst bei Zuteilung wird der jeweils übliche Preis fällig.
Handel per Erscheinen
Besonders spekulativ eingestellte Anleger, die unbedingt Stücke ergattern möchten, können bereits beim vorbörslichen Handel per Erscheinen dabei sein, wie er etwa über die Makler Lang & Schwarz, Schnigge oder die Börse Tradegate stattfindet. Nicht alle Onlinebroker bieten diese Möglichkeit.Der Handel beginnt üblicherweise mit dem Start der Zeichnungsfrist. Anleger, die hier zugreifen, hoffen, die Stücke günstiger als zum Emissionskurs zu erhalten. Geliefert werden sie dann zum Tag der Erstnotiz. "Man kann aber ziemlich danebenliegen, beispielsweise wenn ein Wert nach anfänglichem Hype während der Preisbildungsspanne dann doch zu einem Kurs am unteren Ende der Spanne erstmals notiert", warnt Consorsbank-Mann Sven Aubert.
IPO-Interessenten haben also einige Hürden zu nehmen. Das passende Depot ist nur eine davon. Ob sich der Aufwand wirklich lohnt, muss jeder für sich selbst beantworten. Die Zeichnungsgewinne sind derzeit häufig nur gering - und fallen manchmal sogar ganz aus.
Weniger riskant erscheint es da, eine AG zunächst einmal an die Börse gehen zu lassen und erst dann zuzuschlagen, wenn sich das Unternehmen nach dem Marketinggeklingel zum Start in der harten Realität beweisen kann. Dann lässt sich immer noch Geld verdienen, und das Schmerzmittel kann getrost im Schrank bleiben.
Die nächsten Börsenkandidaten (pdf)
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Lim Yong Hian / Shutterstock.com, tap trofsnag / Shutterstock.com
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