AstraZeneca-Aktie verliert: Zweifel an veröffentlichten Daten von neuer Studie - EU will gegen Lieferausfälle vorgehen
Die US-Gesundheitsbehörde NIAID zweifelt die Aussagekraft von Daten einer neuen Untersuchung des Pharmakonzerns AstraZeneca zu dessen Impfstoff an.
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Dabei geht es um Ergebnisse einer sogenannten Phase-III-Studie mit etwa 32 500 Probanden, die laut Hersteller eine hohe Wirksamkeit des Vakzins zeigen. AstraZeneca will nun Daten nachliefern. Frühere Untersuchungen, die ebenfalls für eine gute Wirksamkeit des Präparats sprechen, zweifelt die NIAID in ihrem Statement nicht an.
"Der DSMB hat sich besorgt gezeigt, dass AstraZeneca möglicherweise veraltete Informationen aus dieser Studie aufgenommen hat, die eine unvollständige Ansicht der Wirksamkeitsdaten geliefert haben könnten", teilte das Nationale Institut für Infektionskrankheiten (NIAID) am Montag (Ortszeit) unter Berufung auf den Datenüberwachungsausschuss Data and Safety Monitoring Board (DSMB) mit. Das Unternehmen müsse die Daten überprüfen und sicherstellen, dass die genauesten und aktuellsten Wirksamkeitsdaten so schnell wie möglich veröffentlicht werden.
AstraZeneca betonte in einer Stellungnahme, die veröffentlichten Zahlen basierten auf einer Zwischenanalyse mit dem Datenstichtag 17. Februar. Die Ergebnisse einer zusätzlichen Auswertung stimmten mit dieser Zwischenanalyse überein. Das britisch-schwedische Unternehmen kündigte an, sich umgehend mit dem DSMB in Verbindung zu setzen und die aktuellsten Wirksamkeitsdaten vorzulegen. Diese Ergebnisse würden innerhalb von 48 Stunden veröffentlicht.
Das Unternehmen hatte am Montag mitgeteilt, eine Phase-III-Studie mit etwa 32 500 Probanden in den USA, Chile und Peru habe die hohe Wirksamkeit des Corona-Impfstoffs bestätigt. So schütze das Vakzin mit einer Wirksamkeit von 79 Prozent vor Covid-19, bei über 65-Jährigen betrage dieser Wert 80 Prozent. Das bedeutet, dass unter den älteren Probanden einer geimpften Gruppe 80 Prozent weniger Erkrankungen auftraten als unter denen einer Kontrollgruppe. Die Wirksamkeit über alle Altersgruppen hinweg in Bezug auf schwere Krankheitsverläufe liege sogar bei 100 Prozent. Auch zuvor hatten Studien dem Impfstoff unabhängig voneinander eine hohe Effektivität bescheinigt.
Das britisch-schwedische Unternehmen hat den Impfstoff namens AZD1222 zusammen mit der Universität Oxford entwickelt. Er wird seit Januar in Großbritannien in großem Stil eingesetzt.
Deutschland und mehrere andere Staaten hatten die Impfung mit dem AstraZeneca-Stoff vorerst ausgesetzt, weil mehrere Fälle mit Thrombosen (Blutgerinnseln) in den Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zur Impfung gemeldet wurden. Mittlerweile wird das Vakzin wieder eingesetzt.
EU-Kommission kündigt entschiedenes Vorgehen gegen AstraZeneca an
Die EU-Kommission hat ein entschiedenes Vorgehen gegen die Lieferausfälle des Impfstoffherstellers angekündigt. "Wir werden alle Instrumente nutzen, die uns zur Verfügung stehen, um die Dosen zu bekommen", sagte die für Gesundheit zuständige Generaldirektorin Sandra Gallina am Dienstag im Haushaltsausschuss des Europaparlaments. "Wir beabsichtigen natürlich zu handeln." Wie genau dies aussehen könnte, ließ die Italienerin offen.
Zugleich kündigte die EU-Kommission für Mittwoch eine Überarbeitung der im Februar eingeführten Exportkontrolle für Corona-Impfstoffe an. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte AstraZeneca jüngst damit gedroht, weitere Exporte an Länder außerhalb der EU zu verbieten. Gallina machte nun klar, dass andere Unternehmen, die ihre Verträge erfüllten, wohl nicht mit Exportstopps rechnen müssten. Darüber dürften auch die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel am Donnerstag beraten. Kanzlerin Merkel sprach sich zuletzt gegen "generelle Exportverbote" für Corona-Impfstoffe aus.
Das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca hängt mit seinen Lieferungen an die EU deutlich hinterher. Statt der ursprünglich anvisierten 120 Millionen Impfdosen sollen im ersten Quartal nur 30 Millionen kommen, im zweiten Quartal 70 statt 180 Millionen Dosen.
Gallina erklärte nun, dass das Unternehmen den europäischen Markt laut Vertrag aus fünf Produktionsstätten versorgen sollte. Stattdessen produziere es nur in einem einzigen Werk. Ein anderes Werk aus dem Vertrag müsse noch von der Europäischen Arzneimittel- Agentur zugelassen werden. Dieses Verfahren sei gerade erst vom Unternehmen gestartet worden. "Es ist klar, dass es unmöglich ist, einen Vertrag zu erfüllen, wenn man von fünf Anlagen nur eine laufen hat."
Die Lieferausfälle und der holprige Impfstart hätten dem Ansehen der EU-Institutionen erheblich geschadet. "Diese schlechte Performance von AstraZeneca hat ein Reputationsproblem für uns alle geschaffen, sei es die Kommission oder die Mitgliedsstaaten. Ja, es ist eine Schande." Viele Menschen stürben, weil der Impfstoff nicht geliefert werde.
Mit Blick auf den bereits in der EU zugelassenen, aber noch nicht gelieferten Impfstoff von Johnson & Johnson sagte Gallina, man rechne Mitte April mit ersten Lieferungen.
In London verlieren AstraZeneca-Titel zeitweise 1,99 Prozent auf 71,98 britische Pfund.
/bvi/DP/mis
WASHINGTON/CAMBRIDGE (dpa-AFX)
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