Northrop-Aktie: Auf dem Sprung ins Weltall

von Klaus Schachinger, €uro am Sonntag

Auf ins Weltall. Bekannt ist Amerikas fünftgrößter Rüstungskonzern Northrop Grumman bisher durch die schweren Tarnkappenbomber B-2 Spirit, den Kampfjet F-14 und seine "Global Hawk"-Drohnen. Jetzt will das Unternehmen aus West Fall Church in der Nähe der US-Hauptstadt sein Arsenal um Raketenabwehrsysteme und Satelliten erweitern und bietet 7,8 Milliarden Dollar für Orbital ATK, einen der führenden Spezialisten in diesen Märkten.

Klappt der Deal, zieht das dann größere Unternehmen mit 25 Milliarden Dollar Umsatz an Raytheon, bislang Nummer 4 in der US-Rüstungsbranche, vorbei. Im Geschäft mit der US- Raumfahrtagentur NASA würde Northrop Grumman mit Orbital ATK auf Platz 3 vorrücken. Roman Schweizer, Analyst der US-Investmentbank ­Cowen, sieht keine kartellrechtlichen Hürden für den Deal. Northrop tritt im Topsegment der Rüstungsbranche gegen Boeing und Lockheed Martin an, den Hersteller des teuersten und modernsten Kampfjets der US-Streitkräfte, F-35. Orbital ATK bewegt sich dagegen mit Satel­liten und Raketenabwehrsystemen in einem anderen Bereich des Markts.

Begehrte Raketentechnik

Die Technologien des Unternehmens sind so gut, dass sie bei komplexen Projekten dem jeweiligen Konsortium entscheidende Wettbewerbsvorteile liefern. Etwa bei dem auf 140 Milliarden Dollar geschätzten Programm "Ground Based Strategic Deterrent", der geplanten Erneuerung von Amerikas Raketenabwehrsystem. Die Raketenantriebsspezialisten Orbital und Aerojet Rocketdyne dürfen deshalb für dieses milliardenschwere Projekt keine exklusiven Vereinbarungen mit den Finalisten in der Ausschreibung, Boeing und Northrop Grumman, abschließen.

Mit Orbital wäre Northrop beim wichtigen Rüstungsprojekt deshalb nach Einschätzung von Cowen-Analyst Schweizer auch dann an Bord, wenn der Konzern in der Ausschreibung gegen Boeing unterliegen würde. Darüber hinaus verbessert der Zukauf auch die Chancen, sich mit größeren und komplexen Projekten einen dickeren Teil vom Rüstungsbudget des Pentagon zu sichern.

Das Budget wird noch steigen. Beobachter erwarten, dass die US-Regierung unter Führung von Donald Trump die Rüstungsausgaben weiter erhöht. 2016 vergab das Verteidigungsministerium Aufträge im Wert von 477 Milliarden Dollar. North­rop erhielt Orders im Wert von über zwölf Milliarden, bei Orbital waren es mehr als 2,4 Milliarden Dollar.

Im Verbund mit der um ein Vielfaches größeren Northrop soll Orbital die vierte Sparte werden. Orbitals größtes Geschäft sind Satellitensysteme für die NASA mit 43 Prozent Umsatz­anteil. Weitere 35 Prozent bringen Raketen- und verschiedene Waffensysteme. Raketenabwehr und Zulieferprogramme für zivile und militärische Flugzeuge stehen für jeweils mehr als ein Zehntel des Umsatzes. Insgesamt ist das Geschäft rund eine Milliarde Dollar groß.

Vom Zukauf erwarten Analysten einen deutlichen Schub für das Geschäft von Northrop. So soll der Umsatz von voraussichtlich 25 Milliarden Dollar in diesem Jahr bis 2020 um zehn Milliarden zulegen.

Die beiden Unternehmen sind mit operativen Margen von jeweils rund 15 Prozent ähnlich profitabel. Auf Basis der Kosteneinsparungen von 150 Millionen Dollar jährlich sollte Northrop 2020 mehr als fünf Milliarden Dollar operativen Gewinn verbuchen. Bisher hatten Analysten 4,25 Milliarden taxiert. An der Börse legten die Papiere des Rüstungsriesen deutlich zu.