Hans-Werner Sinn: Krise der Währungsunion noch nicht vorbei
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Trotz des aktuellen Wirtschaftsaufschwungs ist die Krise der Währungsunion nach Ansicht des langjährigen Präsidenten des ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, noch nicht vorbei.
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"Europas Regierungen haben unter eklatanter Verletzung sämtlicher Schuldenpakte ein keynesianisches Strohfeuer entfacht. Dies hat die Strukturprobleme übertüncht, die Wettbewerbsfähigkeit nicht verbessert und das zu hohe Lohnniveau für Exportunternehmen aufrechterhalten", warnt der Ökonom im Interview mit der Wirtschaftswoche.
Europa sei "auf dem Weg in eine Transferunion, die kurzfristig den Euro retten, aber langfristig die europäische Idee zerstören kann. Wenn wir den Weg der Vergemeinschaftung von Risiken weitergehen, laufen wir Gefahr, in der EU Katalonien im Quadrat zu bekommen."
Der Widerstand Deutschlands und des Nordens gegen die Alimentierung des Südens werde sich immer mehr verstärken. Nachdrücklich wendet sich Sinn gegen die Forderung von EU-Kommissionspräsident Juncker nach einem "Euro für alle", die sich vor allem auf Kroatien, Bulgarien und Rumänien bezieht. "Junckers Vorschlag zeigt die ganze Tragik der Währungsunion. Im Hintergrund steht mal wieder der Versuch, die Banken zu retten." Alle drei Länder hätten sich exorbitant in Fremdwährungen, vor allem in Euro, verschuldet. Ähnlich wie früher in Griechenland sei dadurch eine Kreditblase entstanden. "Nun rufen Gläubiger und Schuldner einhellig nach dem Schutz des Euro-Systems. Die Gläubigerbanken haben ein Interesse daran, dass die osteuropäischen Länder in die Währungsunion kommen, damit sie zahlungsfähig bleiben."
Die Reformvorschläge von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sieht Sinn überwiegend skeptisch. "Eine gemeinsame EU-Armee und eine einheitliche Asylgesetzgebung würden Europa voranbringen. Allerdings will Macron auch Dinge durchsetzen, die ökonomisch verheerend wären." Dazu zählt Sinn einen einheitlichen Mindestlohn, eine Sozialunion und ein separates Euro-Zonen-Budget. "Dieser Weg der Gleichmacherei führt nicht in ein neues Europa, sondern in neue politische und ökonomische Schwierigkeiten", warnt der Ökonom.
DJG/jhe/bam
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Bildquellen: ifo Institut