Anlegen im Dialog

Social Trading im Trend: Achtung vor den Tücken!

aktualisiert 07.12.17 13:15 Uhr

Social Trading im Trend: Achtung vor den Tücken! | finanzen.net

Über Internetplattformen wie Wikifolio oder Etoro können Anleger miteinander kommunizieren, anderen folgen und deren Sachkenntnis nutzen. Das kann gewinnbringend sein, birgt aber auch Risiken.

Werte in diesem Artikel

von Alexander Sturm, Euro am Sonntag

Die Demokratisierung der Börse. Soziale Netzwerke für Händler. Bessere Renditen durch die Intelligenz der Masse - geht es nach den Anbietern von Social-Trading-Portalen, hat die Revolution der Geldanlage gerade begonnen. Sich mit anderen Anlegern austauschen, ihren Stra­tegien folgen, eigene Portfolios auf­legen, und das transparent und einfach. So in etwa lässt sich das Werbeversprechen zusammenfassen.

Social Trading - das Anlegen über Internetportale, die sozialen Netzwerken ähneln - ist auf dem Vormarsch. Ähnlich wie bei Facebook können Nutzer miteinander kommunizieren und ihre Kaufentscheidungen teilen. Per Mausklick können sie in das Depot anderer investieren oder deren Investments im eigenen Portfolio nachvollziehen. 2006 kamen die ersten Anbieter auf den Markt, heute sind es weltweit rund 25. Noch ist Social Trading eine Nische, doch der Trend dringt langsam in die traditionelle Geldanlage vor.

Das Depot öffentlich machen
Doch wie funktionieren die neuen Plattformen? Bei Wikifolio etwa darf jeder Nutzer, ob Profi oder Privat­anleger, ein eigenes Depot für Aktien, ETFs oder Derivate aufsetzen und es anderen zugänglich machen. Einzige Bedingung: Es muss eine Testphase von 21 Tagen überstehen und zehn Anleger überzeugen, ihm zu folgen. Dann legt die Handelsbank Lang & Schwarz, die an Wikifolio beteiligt ist, ein Zertifikat auf Basis des Depots auf.

So kann jeder die Papiere über seine Hausbank bei der Börse Stuttgart ordern. Strategien und einzelne Investments der Depots können über Kommentarfunktionen erklärt werden. Inzwischen stecken bei Lang & Schwarz rund 210 Millionen Euro in über 1.200 Wikifolios. Die erfolgreichsten Depots wie jenes von €uro am Sonntag (siehe Investor-Info) sind mehrere Millionen Euro schwer.

"Das Vertrauen in die Banken und ihren provisionsgeprägten Vertrieb hat gelitten", sagt Wikifolio-Gründer Andreas Kern. "Die Unzufriedenheit mit den üblichen Formen der Geldanlage ist groß." Tatsächlich bieten einige Social-Trading-Portale mehr Transparenz als gängige Finanzprodukte. Während Fonds in der Regel nur zeitverzögert ihre größten Positionen veröffentlichen, sind in Onlineportfolios alle Werte jederzeit einsehbar. Ein Vorteil, sagt Jürgen Kurz, Sprecher beim Anlegerschutzverein DSW. "Wann sonst hat man die Möglichkeit, anderen Anlegern über die Schulter zu schauen?"

Dennoch sollte man nicht blindlings in ein Depot investieren, das hohe Gewinne abgeworfen hat. Die große Mehrheit der Social-Trading-Anbieter richtet sich nicht an gewöhnliche Anleger, sondern an spekulative Investoren. Auf einigen Plattformen kaufen Händler nicht direkt Währungen, Rohstoffe oder Aktien, sondern sogenannte CFDs. Mit diesen Derivaten kann man Einsätze hebeln und schnell Geld verdienen - oder verlieren. Wer solche Händler kopiert, holt sich daher große Risiken ins Depot. Oft stehen hinter den Portalen CFD-Broker, die am Handel mitverdienen. Das führt zu Interessenskonflikten, da sie in erster Linie an hohen Umsätzen interessiert sind (siehe Investor-Info).

Zocken im Schwarm
So auch bei Etoro, dem Pionier und weltweit größten Social-Trading-Netzwerk, der selbst als Broker fungiert. Wer dort ein Konto anlegt, kann Investoren und ihren Strategien folgen und deren Investments automatisch und in Echtzeit ins eigene Depot kopieren. Rund 3,5 Millionen Anleger nutzen den Dienst, teils auch nur, um - ähnlich wie bei Börsenspielen - mit virtuellem Geld zu zocken. Das Risiko lasse sich über die Wahl des CFD-Hebels leicht begrenzen, maximal 20 Prozent des Geldes könne in einen Händler investiert werden, heißt es bei Etoro.

Ein ähnliches Konzept verfolgt Ayondo. Auf dem Portal können Anleger bis zu fünf Händler wählen, um deren Investments zu spiegeln. Neue Händler beginnen als "Straßenhändler" und erreichen frühestens nach einem Jahr die höchste Stufe ­eines "Institutionellen" - wenn sie immer strengere Kriterien erfüllen. Wer über 15 Prozent seines Kapitals einbüße, verliere einen Rang, sagt Vorstandsmitglied Sarah Brylewski. Die besten Händler seien meist ehemalige Profis.

Restriktiver ist man beim Broker-unabhängigen Portal United Signals. Wer hier Händler werden will, muss eine 100-tägige Zertifizierungsphase überstehen und darf dabei im Handel mit echtem Geld nicht mehr als 30 Prozent verlieren. "Nur rund jeder Fünfte schafft das", sagt Gründer Daniel Schäfer. Auch sei die Risikokontrolle streng, zum Beispiel gebe es automatische Verlustbegrenzungen. Über die Plattform lässt sich mit CFDs, aber auch mit klassischen Wertpapieren wie Aktien handeln. Zurzeit stünden 20 Strategien zur Auswahl, weitere würden geprüft.

Die Gefahr der Herde
Risikolos ist das gemeinschaft­liche Zocken aber nicht. Zwar können Anleger von erfahrenen Investoren profitieren, andererseits werden auf manchen Portalen Händler nach der Zahl ihrer Anhänger bezahlt - und gehen daher oft höhere Risiken ein, wie eine Studie der Ruhr-Universität Bochum zeigt. Auch die teils hohen Renditen im Netz täuschen: Viele Portfolios gibt es erst seit ein oder zwei Jahren, einen echten Börsencrash mussten sie also noch nicht überstehen.

Trotzdem können Investments auf Social-Trading-Plattformen als Beimischung sinnvoll sein - vorausgesetzt, Anleger verteilen ihr Kapital und nutzen Einstellungen zur ­Risikobegrenzung wie Stop-Loss-Orders. Mit CFDs sollten zudem nur sehr erfahrene Investoren handeln.

Die Anlageentscheidung selbst, das heißt die Einschätzung von Renditechance und Risiko, kann einem allerdings keine Social-Trading-Platt­form abnehmen. Sie bleibt nach wie vor dem Anleger überlassen. Oder wie DSW-Sprecher Kurz es ausdrückt: "Egal wie erfolgreich ein Händler ist: Anleger sollten nicht hinterher­rennen wie die Lemminge."

Social Trading
Kommunikation als Investmenthilfe

Das Kommunizieren im Internet, wie es soziale Netzwerke à la Facebook und Twitter vormachen, soll die Geldanlage beflügeln - indem Anleger sich austauschen und von der Erfahrung anderer profitieren. Transparenz heißt das Stichwort, mit dem sich die boomende Branche in Abgrenzung zur Bankenwelt gern schmückt. Doch nicht auf allen Portalen sind Online­unterhaltungen tatsächlich möglich. Zu den Positivbeispielen zählen Wikifolio und Etoro: Dort werden Investments kommentiert, Handelsstrategien erklärt und Fragen beantwortet.

Investor-Info

Kosten, Strukturen, Fallen
Was bei Anbietern wichtig ist

Bevor Anleger auf Social-Trading-Portalen investieren, sollten sie zwei Dinge beachten: Kosten und Handelsregeln. Bei Wikifolio werden bei jedem Zertifikat 0,95 Prozent Verwaltungsgebühr fällig. Hinzu kommen erfolgsabhängige Gebühren, die von Zertifikat zu Zertifikat variieren können. Portale, die mit CFD-Brokern zusammenarbeiten, verlangen kaum Gebühren, weil sie über den CFD-Handel in den Portfolios mitverdienen. Bei United Signals zahlen Anleger nur eine Erfolgsgebühr von 20 Prozent auf Gewinne, ausgehend vom letzten Portfoliohöchststand. Wichtig ist zudem, ob auf den Portalen mit virtuellem Geld gehandelt werden darf: Händler, die nichts zu verlieren haben, gehen höhere Risiken ein - und erzielen manchmal verlockende Renditen. Bei United Signals wird nur mit echtem Geld gehandelt.
Bei Etoro sind Probekonten erlaubt. Wer aber möchte, dass andere das eigene Depot abbilden, muss echtes Geld investieren. Anders bei Ayondo: Hier kann es sein, dass man das Depot eines Spielgeldzockers mit echtem Geld nachbildet. Heikel ist es zudem, wenn Händler wie bei Ayondo nach Umsatz bezahlt werden. Dann haben diese einen Anreiz, viel zu handeln. Bei United Signals werden Trader nur nach Wertentwicklung vergütet.

Social Trading mit CFDs
Nur für absolute Profis

Der Großteil der Social-Trading-Portale basiert auf dem Handel mit CFDs - Differenzkontrakten, die sich nur für sehr erfahrene und sehr risikobereite Anleger eignen. Mit solchen Derivaten spekulieren Investoren auf die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufskurs eines Basiswerts, etwa einer Aktie oder eines Rohstoffs. Dabei lässt sich auf steigende oder fallende Kurse wetten. Der Basiswert selbst wird nicht erworben: Anleger müssen bei ihrem Broker nur einen geringen Teil des gehandelten Titels als Sicherheitsleistung hinterlegen. So können sie über den Hebeleffekt überproportional von Bewegungen des Basiswerts profitieren. Oft kommen Hebel von 100 oder mehr zum Einsatz. Im Extremfall müssen Anleger viel Geld nachschießen, wenn ihr Kapital aufgebraucht ist. Bei vielen Social-Trading-Anbietern ist der maximale Verlust auf den Einsatz begrenzt. Allerdings bedeutet das meist nur, dass nichts mehr nachgeschossen werden muss. Das eingesetzte Geld kann dennoch komplett weg sein.

€uro am Sonntag Offensiv
Investieren ins Erfolgsdepot

Seit Mitte 2013 wird das Offensive Depot von €uro am Sonntag auf Wikifolio abgebildet, seit Jahreswechsel ist es über ein Zertifikat investierbar. Anleger können via Wikifolio Depotzusammenstellung, Wertentwicklung, Historie aller Trades und andere Daten verfolgen. Das Offensive Depot ist enorm erfolgreich: Seit Auflage 1999 hat es um 310 Prozent zugelegt, während der DAX gut 80 Prozent schaffte. Vergangenes Jahr betrug das Plus 39 Prozent. Aktuell hinkt das Depot dem Markt leicht hinterher, hat aber zuletzt stark aufgeholt. Ziel ist es, auch dieses Jahr eine zweistellige Rendite zu erwirtschaften.

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Bildquellen: Deutsche Börse , Julian Mezger für Finanzen Verlag

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