Neu-Börsianer: Dividendentitel für den Einstieg
Seit der Finanzkrise setzen Aktionäre weniger auf reine Kursgewinne, sondern verstärkt auf Unternehmen, die auch einen laufenden Ertrag abwerfen - und dies möglichst verlässlich.
von Michael Schmidt, Gastautor von Euro am Sonntag
Solide Dividendenzahler sind am Aktienmarkt sehr begehrt. Zu Recht! Denn die Renditen sind nach wie vor attraktiv und die Ausschüttungen können weiter zulegen. Für viele Aktionäre nähert sich der alljährliche Zahltag: Mit den Hauptversammlungen der Unternehmen rückt die Frage nach der Dividende in den Mittelpunkt. Die Chancen stehen gut, dass die Ausschüttungen in diesem Jahr den Rekordbetrag von 2008 erreichen. Weltweit werden die Unternehmen wohl mehr als eine Billion Dollar an ihre Aktionäre auszahlen, in Deutschland könnte sich die Summe auf rund 34 Milliarden Euro belaufen - das Gros kommt von den DAX-Werten.
Insbesondere im Fall von europäischen Aktien mehren sich die Hinweise, dass die Dividenden häufig nicht nur solide erwirtschaftet und gerechtfertigt sind, sondern in Zukunft auch noch weiter steigen könnten. Denn mit der verbesserten Konjunkturperspektive in Europa erhöht sich auch das Gewinnpotenzial der Unternehmen. Besonders aus Südeuropa sind derzeit viele positive Nachrichten in Form zulegender Frühindikatoren zu hören. Wenn die Gewinne der Unternehmen steigen, dann klettert nicht nur der Aktienkurs, sondern auch der Spielraum für die Dividende des folgenden Jahres wächst. Zur Freude der Investoren.
Die Zahlen belegen: Es geht den meisten Unternehmen sehr gut. Sie können sich die üppigen Ausschüttungen leisten, denn angesichts des langsamen Wirtschaftswachstums ist es für die Gesellschaften in vielen Branchen wenig sinnvoll, übermäßig in den Geschäftsausbau zu investieren. Statt Überkapazitäten zu schaffen, ist eine aus hohen Cashflows gezahlte Dividende mit Sicherheit die bessere Entscheidung. Damit kommen die Konzerne auch dem Wunsch vieler Investoren nach, an den laufenden Erträgen stärker beteiligt zu werden - ein Begehren, das im aktuellen Niedrigzinsumfeld noch dringlicher geworden ist.
Dividendenstarke Aktien sind
weniger schwankungsanfällig
Dass Aktionäre dividendenstarke Unternehmen bevorzugen, dafür spricht eine ganze Reihe guter Gründe. So stabilisieren ausschüttungsstarke Aktien das Depot. Die laufenden Zahlungen dienen als kleiner Risikopuffer bei Abwärtsbewegungen des Marktes. Und dank stabiler Geschäftsmodelle erweisen sich dividendenstarke Aktien häufig weniger schwankungsanfällig als der breite Markt. Außerdem sind Dividenden entscheidend für den langfristigen Anlageerfolg von Aktieninvestoren.
Bereits in den zwei Jahrzehnten vor der Finanzkrise haben Dividenden rund ein Drittel zum Gesamtertrag einer Aktieninvestition beigetragen, in der längeren Historie sogar mehr als zwei Drittel. Dieses Gewicht dürfte auch künftig wieder die Norm werden, weil sich die Unternehmen höhere Ausschüttungsquoten leisten können, Aktionäre stärker auf Dividenden achten und Kursgewinne in den nächsten Jahren tendenziell kleiner ausfallen dürften.
Im Umfeld niedriger Zinsen spricht aber noch etwas für ausschüttungsstarke Titel: Die Dividendenrenditen sind aktuell oft lukrativer als die Renditen von Unternehmensanleihen. Während Anleger mit Zinspapieren von Firmen guter Bonität kaum einen Inflationsausgleich erzielen, versprechen die Aktien derselben Unternehmen über die Dividende rund die doppelte Rendite. Die Beispiele sind zahlreich. So weisen zum Beispiel im DAX Aktien wie BASF und Siemens dieses Phänomen auf. Natürlich bergen Dividendenpapiere auch Kursrisiken, aber so gut wie jetzt wurde man als Anleger über laufende Ausschüttungen für dieses Risiko selten entlohnt. Und wer am Anleihemarkt eine höhere Rendite bekommen möchte, muss Kompromisse bei der Bonität des Unternehmens machen, also das höhere Risiko eines möglichen Totalverlusts in Kauf nehmen. Denn ein Unternehmen zahlt nur dann einen hohen Zins, wenn die Investorengemeinde Unsicherheitsfaktoren sieht und daher das Fremdkapital höher entlohnt sehen will. Grob gesagt: Je höher die Anleiherendite, desto höher das Risiko. Daher müssen sich Anleger entscheiden, welches Risiko sie für ein Mehr an Rendite eingehen wollen - Kursschwankungen attraktiver Dividendenzahler oder Ausfallrisiken hochverzinslicher Anleihen.
In jedem Fall gilt, dass sich Einzelrisiken beim Anleger begrenzen lassen, indem auf eine breite Streuung über mehrere Dividendenpapiere und eine sorgfältige Titelauswahl gesetzt wird. Ein aktives Management ist also auch bei Dividendenstrategien unerlässlich.
zur Person:
Michael Schmidt,
Leiter Portfoliomanagement
Aktien
bei Union Investment
Der Autor ist ausgebildeter Bankkaufmann,
Diplom-Betriebswirt sowie Chartered Financial Analyst des CFA Institute in Virginia/USA. Er blickt auf 17 Jahre Erfahrung im Aktienfondsmanagement zurück. Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und mit mehr als 200 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen einer der größten deutschen Vermögensverwalter für private und institutionelle Anleger.