Analysten warnen: Aktien könnten vor einem großen Crash nochmal stark ansteigen
Seit Anfang des Jahres trübt sich die Börsenstimmung immer weiter ein. Inflation, Ukraine-Konflikt und No-COVID-Lockdowns in China treiben den Anlegern die Sorgenfalten ins Gesicht. Nun warnen Analysten, dass es vor einem großen Aktiencrash noch zu einer trügerischen Erholungsrally kommen könnte.
• Einige Analysten halten eine breite Erholungsbewegung vor einem großen Crash für wahrscheinlich
• Erleichterungsrally nicht wegen guter Fundamentaldaten, sondern aus Gier
• Anleger sollten vorsichtig bei jeglichen Kurszuwächsen sein
In den letzten Wochen häuften sich die Prognosen von Analysten, die einen großen Börsencrash herannahen sehen: Zu groß seien die Ungleichgewichte hinsichtlich der globalen Geldmenge, zu gefährlich die geopolitischen Risiken, zu sehr behinderten chinesische No-COVID-Lockdowns internationale Lieferketten.
Immer mehr Analysten warnen vor Stagflation
Der Begriff der Stagflation, also dem zeitlichen Zusammentreffen von wirtschaftlicher Stagnation und galoppierender Inflation, macht bei vielen Börsenprognosen vermehrt die Runde. Auch Finanzgrößen wie JPMorgan-CEO Jamie Dimon warnen davor, dass eine Rezession definitiv im Rahmen des Möglichen liege. Der ehemalige New Yorker Fed-Präsident Bill Dudley hält eine Rezession sogar für "unvermeidbar". Mit der Deutschen Bank rechnet erstmals eine Großbank mit einer US-Rezession, wie "CNN" berichtet. Ein Wirtschaftsabschwung wird sich mittel- bis langfristig in niedrigeren Aktienkursen widerspiegeln. Denn obgleich sich die Bewertungen - gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Unternehmen - infolge des Börsenabschwungs in den vergangenen Wochen verringert haben, liegt das aktuelle durchschnittliche KGV des breiten amerikanischen Index S&P 500 mit ungefähr 21 immer noch über dem langjährigen Medianwert von 15,97 - ein beträchtliches Abwärtspotenzial ist somit unweigerlich vorhanden.
Mehrere Analysten erwarten eine trügerische Pre-Crash-Rally
Der Grund für die hohe Bewertung besonders der US-Aktien liegt in der guten Börsenperformance der vergangenen fünf Jahre, die Indizes konnten trotz der globalen Corona-Pandemie stark zulegen. Der S&P 500 konnte in diesem Zeitraum etwa 75 Prozent gewinnen, der technologielastige Index NASDAQ 100 stieg sogar um mehr als 130 Prozent. Doch die "fetten Jahre" könnten bald vorbei sein: Nach diesen Jahren der deutlichen Outperformance gegenüber historischen Vergleichsdaten dürften nun schwächere Jahre folgen, erwarten nicht wenige Analysten.
Allerdings gehen die Meinungen bezüglich des Zeitpunktes eines etwaigen Crashs weit auseinander. Während manche Marktexperten den derzeitigen Börsenabschwung als Beginn eines veritablen Crashs betrachten, rechnen andere nicht mit einem unmittelbar bevorstehenden Ausverkauf. Vielmehr werde es zuvor zu einer irreführenden Erleichterungsrally kommen, die bis zu zwei Jahren anhalten könne.
Gier könnte für rasante Erholungsrally sorgen
Wie "CNN" berichtet, rechnen einige Analysten mit einer enormen Rally, die das endgültige Ende des im Grunde seit 2009 anhaltenden Bullenmarktes an den US-Börsen markieren würde. Eine solche Entwicklung fand auch vor den beiden Aktiencrashs 1929 und 2000 statt. So stieg der NASDAQ 100 vor dem Platzen der Dotcom-Blase im März 2000 innerhalb von nur anderthalb Jahren um 180 Prozent. Eine solche rasante Rally vor dem endgültigen Zusammenbruch wird im Englischen als "melt-up" bezeichnet.
David Hunter, Analyst bei Contrarian Macro Advisors, geht von dem baldigen Start eines solchen "melt-up" aus. Sentimentdaten zeigen eine enorm bearishe Einstellung unter den Anlegern, 57 Prozent der Aktienratings an der Wall Street seien Kaufempfehlungen. Daraus schließt Hunter, dass "alle schlechten Nachrichten im Markt bereits eingepreist sind. Wir befinden uns an einem Wendepunkt für Anleihen, Aktien, Zinsen und den Dollar", zitiert ihn "CNN". Die Inflationsraten erreichten derzeit ihren Höchststand und eine Erhöhung der Leitzinsen um wenige Prozentpunkte habe bei der derzeit niedrigen US-Arbeitslosenquote nur begrenzte Auswirkungen. Auch Luke Lango, Investmentanalyst bei InvestorPlace, ist mittelfristig bullish: "Wir sprechen von 20 Prozent oder höheren Gewinnen in den kommenden zwei Jahren." Dieser Anstieg werde aber aus Gier und FOMO ("Fear of Missing Out") vonseiten der Anleger gefüttert und sei nicht durch gute Fundamentaldaten begründet. Aus diesem Grund erwartet Hunter, dass nach diesen zwei Jahren das Kartenhaus in sich zusammenfallen und ein großer Crash auf den unbegründeten Hochmut folgen werde. Anleger sollten demnach in den kommenden Monaten vorsichtig am Kapitalmarkt agieren, so der Analyst.
Redaktion finanzen.net
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