Altersvorsorge

Goldener Ruhestand dank Aktien

01.12.12 15:00 Uhr

Sich erst kurz vor der Rente Gedanken über die finanzielle Ruhestandsplanung zu machen, ist zu spät. Angesichts der aktuell niedrigen oder gar negativen Renditen von Staatsanleihen sollten Anlegern über Aktieninvestments nachdenken.

von Dirk Klee, Gastautor von Euro am Sonntag

Senioren werben schon lange nicht mehr nur für Prothesenreiniger, Treppenlifte und Medikamente. Inzwischen zeigt sie die Werbung, wie sie im Strandurlaub, bei Cabriofahrten oder im neuen Eigenheim den Ruhestand genießen. Denn als sogenannte Golden Agers  — Menschen im goldenen Lebensalter  — gelten Senioren als besonders lukrative Zielgruppe. Damit im Ruhestand tatsächlich goldene Zeiten anbrechen, bedarf es jedoch der richtigen und langfristigen Vorsorge.

Das liegt auch an der zunehmenden Lebens­erwartung, die im globalen Durchschnitt seit 1950 von 47 auf 67 Jahre gestiegen ist. In westlichen Staaten wie den USA ist sie noch höher: Dort kann ein gesundes 65-jähriges Ehepaar mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass mindestens einer der Partner 92 Jahre alt wird.

Weltweit betrachtet, wird sich die Zahl der Rentner bis zum Jahr 2050 auf rund zwei Milliarden Menschen mehr als verdoppeln. Das stellt die Staaten vor enorme Herausforderungen, die sie nicht allein werden meistern können. Daher wird es immer wichtiger, privat für das Alter vorzusorgen — und zwar so früh wie möglich. Ein Blick auf die Statistik verdeutlicht das Problem: Wer erst mit 45 statt 35 Jahren anfängt, monatlich für das Alter zu investieren, muss die doppelte monatliche Rate aufbringen, damit er mit 65 Jahren dasselbe Vermögen aufgebaut hat. Aber wie sorgt man richtig vor? Schließlich gilt es, die Balance zwischen überschaubarem Risiko und angemessenem Ertrag zu finden.

Drei Prozent Teuerung halbieren
binnen 25 Jahren die Kaufkraft

Ein Leben lang nur auf das Sparbuch oder ­Tagesgeldkonto zu vertrauen, ist der falsche Weg. Dort ist das Geld dank verschiedener Einlagensicherungsfonds zwar gut verwahrt, und nominal betrachtet wird das Vermögen aller Wahrscheinlichkeit nach nie schrumpfen. Im Gegenteil: Durch regelmäßige Einzahlungen und laufende, wenn auch magere Zinsen wächst es sogar. Das wirkt auf viele Sparer vertrauenerweckender als Investitionen am Finanzmarkt, wo die Kurse schwanken.

Doch der Zuwachs auf dem Konto ist mitunter trügerisch. Denn was sich dort nominal vermehrt, schrumpft real — wegen der Inflation. In Deutschland lag die Teuerungsrate im September zwar nur bei zwei Prozent. Aber um den realen Wert des Ersparten empfindlich zu schmälern, bedarf es keiner Hyperinflation. Schon eine moderate Teuerungsrate von jährlich drei Prozent würde dazu führen, dass 100.000 Euro auf dem Konto in 25 Jahren nur noch die Kaufkraft von heute 47.761 Euro besäßen. Die Folge: Der Lebensstandard muss im Alter deutlich heruntergefahren werden. Das Rechenbeispiel beinhaltet zwar keine Zinsen. Aber die gibt es derzeit je nach Konto gar nicht, oder sie liegen so niedrig, dass sie die Inflation nicht ausgleichen.

Jahrelang galten Staatsanleihen als gutes Basisinvestment für die Altersvorsorge. Denn sie brachten laufende Erträge oberhalb der Inflationsraten und damit realen Wertzuwachs. Das ist heute anders: Die Renditen der europäischen Staatsanleihen, die als sicher gelten, sind so niedrig wie noch nie. Das trifft vor allem auf deutsche Papiere zu: Zehnjährige deutsche Bundesanleihen rentieren momentan mit etwa 1,6 Prozent pro Jahr. Damit lässt sich langfristig kein Vermögen aufbauen. Ein reines Anleiheportfolio ist generell weniger geeignet, um einer möglichen ­Inflation entgegenzuwirken. Denn die Zinssätze der Anleihen sind in der Regel festgelegt. Das heißt: Bei konstanten Kupons und steigender Inflation kann das reale Vermögen trotz regelmäßiger Zinserträge abnehmen.

Aktien waren lange Zeit als Beimischung beliebt, um die Rendite zu steigern. Doch in den vergangenen Jahren haben viele private Anleger ihre Aktienquote reduziert. Die vermehrten Kursschwankungen angesichts der Banken- und Eurokrise haben sie verun­sichert. Schließlich zählen die vergangenen Jahre am Aktienmarkt zu den schlechtesten seit 140 Jahren: Wer beispielsweise von 1998 bis 2008 in US-Aktien investiert war, musste ein Minus von rund vier Prozent hinnehmen — gemessen am Börsenbarometer S & P Composite. Von 2001 bis 2011 wäre gerade so eine schwarze Null herausgesprungen.

Auch wenn es angesichts dessen verständlich ist, dass viele Anleger dem Aktienmarkt den Rücken gekehrt haben — im Hinblick auf den Vermögensaufbau für das Alter ist es irrational. Denn auf lange Sicht haben Aktien in der Vergangenheit höhere Renditen erbracht als Anleihen oder Sparbücher.
Wer in Aktien investieren möchte und gleichzeitig nach einem Puffer gegen Kursschwankungen sucht, sollte einen Blick auf dividendenstarke Aktien werfen. Diese liefern durch ihre Ausschüttungen zum einen regelmäßige Erträge. Damit ähneln sie Anleihen, nur dass die Dividenden jährlich neu festgelegt werden und dabei auch an die Inflation angepasst werden können. Zum anderen bieten sie die Chance auf Wertzuwachs durch Kursgewinne. Somit verbinden qualitativ hochwertige Dividendentitel die Vorzüge von Aktien und Anleihen.

Dass der Puffer gegen Kursverluste nicht nur theoretisch ist, sondern sich auszahlt, zeigt ein Blick auf die Statistik: In Bärenmärkten, also wenn es an den Börsen tendenziell bergab ging, haben Dividendenpapiere in den vergangenen Jahrzehnten deutlich weniger an Wert eingebüßt als Aktien, die keine Dividende zahlten: In den jeweiligen Bärenmärkten zwischen Ende Januar 1972 und Ende Dezember 2011 belief sich der Verlust bei Letzteren auf 26 Prozent, bei den Dividendenzahlern auf nur 14 Prozent.

Dividendentitel schneiden
in ­allen Marktphasen besser ab

Wer in Bärenmärkten weniger verliert, muss in Aufschwungphasen, also Bullenmärkten, weniger aufholen. So wundert es nicht, dass dividendenstarke Titel auch über alle Marktphasen hinweg zwischen 1972 und 2011 deutlich besser abschnitten als Aktien ohne regelmäßige Ausschüttungen: Die Dividendenzahler brachten es auf knapp neun Prozent Rendite, die übrigen Werte auf gut ein Prozent. Anleger sollten bei der Auswahl von Dividendenwerten aber nicht nur die Höhe der Ausschüttungen im Blick haben. Sie sollten darauf achten, dass die entsprechenden Unternehmen gute Bilanzen und langfristig Erfolg versprechende Geschäftsmodelle vorweisen können und in der Vergangenheit zuverlässig Dividenden gezahlt haben.

Insgesamt sollte das Portfolio für die Altersvorsorge über verschiedene Anlageklassen und Märkte gestreut sein, denn das verringert sein Risiko. Als Beimischung eignen sich beispielsweise Staatsanleihen aus Schwellenländern oder Unternehmensanleihen.
Privatanlegern bieten sich immer vielfältigere Möglichkeiten, ein breites Portfolio aufzubauen. Anlageklassen wie Immobilien, Rohstoffe oder Absolute-Return-Fonds waren vor wenigen Jahren institutionellen Inves­toren vorbehalten. Inzwischen haben auch Kleinanleger über verschiedene Produkte ­Zugang zu ihnen. Wer sie nutzt, erhöht seine Chance auf einen goldenen Lebensabend.
Dividende zählt (pdf)

Zur Person:

Dirk Klee, Länderchef von BlackRock
in Deutschland, Österreich und Osteuropa

Der Autor leitet seit 2009 das Geschäft von BlackRock in Deutschland, ­Österreich und Ost­europa. Der promovierte ­Jurist war zuvor in ­leitenden Positionen für ­Barclays Global Investors und Allianz Global Investors tätig. Klee sitzt für BlackRock im Vorstand des Bundesverbands ­Investment und Asset ­Management (BVI).
BlackRock ist ein weltweit führender Anbieter von Investmentmanagement, Risikomanagement und der Beratung institutioneller und privater ­An­leger. Mit einem verwalteten Vermögen von derzeit 3,56 Billionen US-Dollar bietet BlackRock Produkte an, die das ­gesamte Spektrum ­individueller Kunden­bedürfnisse abbilden.