Was Anleger über den nächsten US-Präsidenten wissen sollten
Schon bald nachdem diese historische Wahl vorüber ist, wird einer der beiden Kandidaten mit dem Regieren beginnen. Kristina Hooper analysiert die Ansichten von Trump und Clinton bezüglich Staatsausgaben, Steuern, Regulierung und weiteren Aspekten, um Anlegern bei der Positionierung ihrer Portfolios Hilfestellung zu geben.
Bis zu den US-Präsidentschaftswahlen des Jahres 2016 dauert es nicht mehr lang. Der Wahlkampf ist sehr ungewöhnlich verlaufen - nicht zuletzt weil der Ausgang erhebliche Auswirkungen auf die US-Wirtschaft und die Anleger hat. Um zu verstehen, was ein Sieg von Hillary Clinton oder Donald Trump diesbezüglich für Folgen haben könnte, ist zunächst das Programm der beiden Kandidaten in einer Reihe wichtiger Bereiche zu untersuchen. Dabei muss man sich allerdings bewusst sein, dass sich die Programme im Zeitablauf geändert haben, speziell das von Trump.
Programme im Detail
Staatsausgaben
Clinton teilt die traditionellen Ansichten der Demokratischen Partei im Hinblick auf die Staatsausgaben: Sie plant eine Erhöhung des Staatshaushalts in mehreren Bereichen, darunter Ausbildung, saubere Energie und Gesundheit. Besonders wichtig sind ihre Pläne hinsichtlich der Infrastrukturausgaben: Sie beabsichtigt Investitionen in die Infrastruktur in Höhe von 275 Milliarden US-Dollar. Dazu gehören die Gründung einer staatlichen Infrastrukturbank mit einem Vermögen von 25 Milliarden US-Dollar und die Bewilligung von Fördergeldern für Infrastrukturvorhaben in Höhe von 250 Milliarden US-Dollar. Insgesamt gesehen würden die Vorschläge von Clinton nach Prognose der National Taxpayers Union Foundation (NTUF) zu Mehrausgaben von 169 Milliarden US-Dollar pro Jahr führen.
Die Pläne von Trump hinsichtlich der Staatsausgaben sind nicht so konservativ, wie man es in einem typischen Parteiprogramm der Republikaner finden würde, denn er beabsichtigt in bestimmten Bereichen Mehrausgaben. Beispielsweise will Trump mindestens das Doppelte für Infrastruktur ausgeben, was Clinton vorschlägt, auch wenn er dazu nur wenig konkrete Zahlen genannt hat. Trump plant außerdem Mehrausgaben in weiteren Bereichen, wie etwa Rüstung, während er das Ausgabenvolumen im Bereich Sozial versicherung beibehalten will. Zwar hat er einige Vorschläge für erhebliche Mehrausgaben gemacht, möchte aber auch erhebliche Abstriche vom aktuellen Niveau der Staatsausgaben machen. Dabei hat er allerdings keine konkreten Angaben dazu gemacht, wie diese Ausgabensenkungen finanziert werden sollen. Stattdessen sieht er erhebliches Einsparpotenzial durch die Beseitigung von Steuerbetrug. Der NTUF prognostiziert, dass die Vorschläge von Trump insgesamt zu einem Nettorückgang der Staatsausgaben um 56 Milliarden US-Dollar pro Jahr führen würden.
Nach Angaben der National Taxpayers Union Foundation (NTUF) würde Clinton das Volumen der Staatsausgaben um 169 Milliarden US- Dollar pro Jahr ausweiten, während Trump es um 56 Milliarden US-Dollar pro Jahr senken möchte.
Steuern
Das Programm von Clinton zur Steuerpolitik steht wie ihre Vorschläge zu den Staatsausgaben im Einklang mit der traditionellen Linie der Demokratischen Partei. Die meisten ihrer Vorhaben würden Bezieher hoher Einkommen überproportional treffen, da dann Besserverdienende und Immobilien stärker besteuert und gleichzeitig die Abzugsmöglichkeiten begrenzt würden. Clinton möchte außerdem das kurzfristige Halten von Wertpapieren unattraktiv machen. Dazu soll die Anwendung des bei langfristigen Anlagen geltenden niedrigeren Kapitalertragsteuersatzes an eine Haltedauer von sechs Jahren geknüpft werden. Anlagen, die für einen kürzeren Zeitraum bestehen, würden dann mit einem höheren Kapitalertragsteuersatz belastet.
Was die Unternehmensbesteuerung angeht, plant Clinton eine Mischung aus "Zuckerbrot und Peitsche". Dabei möchte sie Anreize hinsichtlich mutmaßlich verantwortlichen Unternehmensverhaltens setzen und nicht-verantwortliches Verhalten bestrafen. Beispielsweise schlägt sie vor, "nicht-produktive" Aktivitäten an den Finanzmärkten wie den Hochfrequenzhandel unattraktiv zu machen. Daneben möchte sie auch grenzübergreifenden Unternehmenszusammenschlüssen mit Steuerumkehrung entgegentreten, indem in solchen Fällen eine "Exit"-Steuer erhoben wird.
Für Unternehmen, die ihre Gewinne mit den Angestellten teilen und Auszubildende einstellen, möchte Clinton Steuergutschriften einführen. Außerdem plant sie die Beseitigung von derzeitigen Steuervorteilen für Erzeuger traditioneller Energien; stattdessen würde sie diese dem Bereich saubere Energie zukommen lassen. Die Tax Foundation prognostiziert, dass die Steuervorschläge von Clinton insgesamt zu einem Nettoanstieg der US-Staatseinnahmen von 1,1 Billionen US-Dollar über zehn Jahre führen würden.
Clinton will die Steuern von Beziehern hoher Einkommen erhöhen und die Abzugsmöglichkeiten begrenzen. Dagegen plant Trump, die Steuern zu vereinfachen und zu senken - insbesondere für Unternehmen.
Was Trump angeht, hat er im Hinblick auf die Besteuerung ein recht traditionelles republikanisches Programm vorgelegt: Generell beabsichtigt er, die Steuern zu vereinfachen und zu senken. Bei der Einkommensbesteuerung der Haushalte möchte er die Einkommensteuerstufen von sieben auf drei reduzieren, Abzugsmöglichkeiten vereinheitlichen und die Immobiliensteuer wieder aufheben.
Den Steuersatz für Unternehmen möchte Trump von 35 auf 15 % senken, was eine drastische Reduzierung wäre. Trump schlägt außerdem eine einmalige Repatriierungssteuer von 10 % auf im Ausland erzielte Unternehmensgewinne vor. Das Programm von Trump zur Unternehmensbesteuerung würde die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit der USA gegenüber anderen Ländern erheblich verbessern. Allerdings würden die damit einhergehenden Steuersenkungen zu einem beträchtlichen Rückgang der Steuereinnahmen führen. Nach Schätzungen der Tax Foundation würden Trump Steuervorschläge zu einem Nettorückgang der US-Staatseinnahmen um 23,9 Billionen US-Dollar über zehn Jahre führen.
Regulierung
Unter Clinton würde es allgemein zu einer stärkeren Regulierung kommen, vor allem im Hinblick auf die Finanzbranche. Einer der Vorschläge von Clinton ist beispielsweise, eine neue "Risikoabgabe" bei Banken mit Vermögenswerten von mehr als 50 Milliarden US-Dollar zu prüfen. Des weiteren plant Clinton die Anhebung des Mindestlohns auf zwölf US-Dollar pro Stunde. Steigt der Mindestlohn, ist damit zu rechnen, dass Branchen mit hohem Anteil von Mindestlohnbeschäftigten am stärksten betroffen sind, vor allem Restaurants, Einzelhandel und Gastgewerbe. Allerdings würde ein Anstieg des Mindestlohns wahrscheinlich zu höheren Ausgaben bei Beziehern niedriger Einkommen führen, die typischerweise den Großteil ihres Verdienstes ausgeben. Im Programm von Trump gehört der Abbau von Regulierung dagegen zu den Eckpfeilern seiner Kampagne.
Einwanderung
Die Positionen der beiden Kandidaten im Hinblick auf die Einwanderung liegen weit auseinander. Clinton befürwortet es, den 11,3 Millionen unregistrierten Einwanderern in den USA einen Weg zur US-Staatsbürgerschaft zu eröffnen. Dagegen plant Trump, diese 11,3 Millionen Personen aus den USA auszuweisen. Dabei ist allerdings von Bedeutung, dass diese Einwanderer 3,5 % der US-Bevölkerung und 5,1 % der Beschäftigten ausmachen. Ihre Ausweisung würde die US-Wirtschaft mit erheblichen Kosten belasten - und vor allem die Branchen Eigenheime, Bau- und Landwirtschaft beeinträchtigen.
Einwanderer machen 3,5 % der US-Bevölkerung und 5,1 % der Erwerbstätigen aus.
Handel
Trumps Vorschläge sind strikt protektionistisch und stehen im Widerspruch zu traditionellen Ansichten der Republikaner. Allerdings hat auch Clinton zuletzt eine protektionistische Politik befürwortet. Vor allem ihr Wechsel vom Lager der Unterstützer zu den Gegnern der Trans-Pacific Partnership (TPP) spiegelt eine fundamentale Änderung wieder. Sie wurde wahrscheinlich durch die Popularität des gegen Freihandel eingestellten Bernie Sanders befördert, den sie in den Vorwahlen besiegt hatte. Sollte sie gewählt werden, dürfte Clinton aber wahrscheinlich einen moderateren Ansatz als Trump verfolgen, der regelmäßig gegen China polemisiert und vorgeschlagen hat, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen einzustampfen. Trumps Entschlossenheit, US-Handelspartner mit Einfuhrzöllen zu belegen, könnte möglicherweise einen Handelskrieg auslösen.
Analyse
Vertreter der Notenbanken, darunter solche aus den USA, haben den Mangel an fiskalpolitischen Anreizen im letzten Jahrzehnt beklagt. Dieser habe ein Vakuum hinterlassen, das bis zu einem gewissen Grad durch monetäre Anreize aufgefüllt wurde. Jedoch sind die Möglichkeiten der Geldpolitik beschränkt; sie stellt ein recht grobes Werkzeug dar, kein Präzisionsinstrument. Erhöhte Staatsausgaben dagegen können einer Volkswirtschaft Schub verleihen, wie das der Geldpolitik allein nicht möglich ist.
John Maynard Keynes war ein früher und starker Befürworter einer aktiven Fiskalpolitik, um zur Stimulierung des Wirtschaftswachstums und zum Erreichen von Vollbeschäftigung beizutragen. Nach Keynes "sind die Beschäftigungsmöglichkeiten durch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zwangsläufig begrenzt". Demnach müsse die gesamtwirtschaftliche Nachfrage aus einer Quelle wie der Fiskalpolitik stimuliert werden, um die Beschäftigung zu erhöhen. Viele Ökonomen haben sich der Theorie von Keynes angeschlossen, wonach die Fiskalpolitik Arbeitslosigkeit wirksam senken kann. Vor allem in einer Rezession kann eine expansive Fiskalpolitik stimulierend wirken: So können erhöhte öffentliche Ausgaben dazu beitragen, dass die Konsumausgaben und die Investitionen wieder steigen.
Obwohl Staatsausgaben einen positiven Multiplikatoreffekt haben, variiert dieser je nach Ausgabentyp. Das Congressional Budget Office (CBO) hat dazu eingehende Untersuchungen angestellt und nennt eine Bandbreite von Multiplikatoreffekten je nach Ausgangtyp:
• Der Konsum der öffentlichen Hand haben einen Multiplikator effekt von bis zu 2,5.
• Transferausgaben zugunsten von Einzelpersonen (inklusive Sozialversicherung) haben einen Multiplikatoreffekt von bis zu 2,1. Sie stellen typischerweise sehr wirksame Wege zur Stärkung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage - und wahrscheinlich der Beschäftigung - dar. Viele Bezieher niedriger Einkommen in den USA sind nämlich Empfänger solcher Transferzahlungen, und sie tendieren eher dazu, verfügbares Einkommen auszugeben anstatt es zu sparen, wodurch das Geld wieder zurück in den Wirtschaftskreislauf gelangt.
• Infrastrukturausgaben können einen Multiplikatoreffekt von bis zu 2,2 aufweisen. Demnach steht jedem Dollar, der für Infrastruktur ausgegeben wird, ein möglicher wirtschaftlicher Nutzen von 2,2 Dollar gegenüber. Ein 2005 veröffentlichtes Research-Papier von Isabelle Cohen, Thomas Freiling und Eric Robinson ist ist diesbezüglich sogar noch optimistischer: "Bei besserer wirtschaftlicher Lage werfen Ausgaben für den Infrastrukturaufbau einen höheren Ertrag ab. Doch selbst in einer Rezession verdoppelt sich das Ergebnis durch die Gesamtwirkungen der Startinvestitionen, da diese weitere positive Effekte in der Volkswirtschaft bewirken."
Jedem Dollar, der für Infrastruktur ausgegeben wird, steht ein möglicher wirtschaftlicher Nutzen von 2,2 Dollar gegenüber.
Wichtig ist die Feststellung, dass Multiplikatoreffekte sehr unterschiedlich ausfallen können. Sie sind im Zeitablauf nicht stabil, unterscheiden sich nach Regionen und hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Daher können die wirtschaftlichen Auswirkungen eines bestimmten Ausgabentyps zeitweilig deutlich niedriger sein als der geschätzte Multiplikatoreffekt.
Es ist kaum überraschend, dass ebenso wie Staatsausgaben auch die Steuerpolitik unterschiedliche Multiplikatoreffekte aufweist, je nach dem um welchen Steuertyp es sich handelt und welche Personen von den Steuern profitieren. Wichtig ist aber auch, dass Steuersenkungen ebenso wie die Geldpolitik eine direkte Auswirkung auf die Wirtschaft und die Beschäftigung haben, da ihre Auswirkungen von der Psychologie der Marktteilnehmer abhängen. Anders gesagt, geben die Leute das bei Steuersenkungen verbleibende Mehreinkommen im einen Fall aus, im anderen Fall nicht. Im Fall der Steuersenkungen im Anschluss an die Große Rezession in den USA geht man davon aus, dass ihre Wirkung begrenzt war, da sie zum Schuldenabbau anstatt zu Mehrausgaben genutzt wurden.
Des weiteren hängt die Wirksamkeit von Steuersenkungen davon ab, wer ihre Nutznießer sind. Werden bei Beziehern niedriger Einkommen die Steuern gesenkt, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass das zusätzlich verfügbare Geld ausgegeben und nicht gespart wird. Dies spiegelt sich in den Statistiken des CBO wider: Einjährige Steuersenkungen für Höherverdienende haben ein Multiplikatoreffekt von bis zu 0,6. Dagegen liegt der Multiplikatoreffekt bei zweijährigen Steuersenkungen für Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen bei bis zu 1,5.
Steuersenkungen bei Beziehern niedriger Einkommen haben potentiell einen höheren Multiplikatoreffekt als bei Vermögenden.
Das Programm von Clinton würde zu höheren Staatsausgaben in einer Vielzahl von Kategorien führen. Davon hatten einige - insbesondere Infrastrukturausgaben - in der Vergangenheit erhebliche Auswirkungen auf die US-Volkswirtschaft insgesamt. Trump schlägt zwar deutlich niedrigere Staatsausgaben vor, was einen entsprechend niedrigeren Stimulus für die Wirtschaft bedeuten würde, gleichzeitig befürwortet er aber ein höheres Niveau von Infrastrukturausgaben. Bei den Vorschlägen beider Kandidaten ist im Hinterkopf zu behalten, dass Infrastrukturausgaben sich erst mit Zeitverzögerung auf die Wirtschaft auswirken. Dafür sprechen die administrativen Anforderungen - wie zum Beispiel Umweltgutachten und Ausschreibungen - die mit solchen Projekten verbunden sind.
Was die Einkommensteuer angeht, sollten die Vorschläge von Clinton eine höhere wirtschaftliche Anreizwirkung haben, da die Steuersenkungen dann Beziehern niedriger Einkommen zugutekommen würden, die die Mittel mit größerer Wahrscheinlichkeit ausgeben. Dagegen würden im Hinblick auf die Unternehmensbesteuerung die Vorhaben von Trump stimulierend wirken: Eine Senkung des Unternehmenssteuersatzes würde die USA wettbewerbsfähiger und attraktiver für Unternehmen machen. Dies sollte dazu beitragen, Unternehmen anzuziehen und im Land zu halten, die Arbeitnehmer beschäftigen.
Clintons Pläne zur Einkommensteuer dürften eine höhere wirtschaftliche Anreizwirkung haben als die von Trump; dagegen würden seine Vorhaben hinsichtlich der Unternehmensbesteuerung die USA wettbewerbsfähiger und attraktiver für Unternehmen machen.
Clintons Handels- und Einwanderungspolitik dürften eine größere Anreizwirkung als die Pläne von Trump haben. Diese könnten sogar eine Rezession auslösen, falls sie zu einem Handelskrieg und massenhaften Ausweisungen führen. Laut Schätzung von Moody’s könnte allein die Handelspolitik von Trump zu einem Rückgang der US-Exporte im Volumen von 85 Milliarden Dollar bis 2019 führen. Sie können auch einen Anstieg der Verbraucherpreise in den USA um 3 % bewirken, da sie zu erheblich höheren Einfuhrzöllen führen würden.
Allerdings würde Clintons Tendenz zu verstärkter Regulierung, einschließlich der vorgeschlagenen Anhebung des Mindestlohns, wahrscheinlich das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen. Umgekehrt würden die Vorstellungen von Trump bezüglich Regulierung dem Wachstum nicht schaden und könnten sogar stimulierend wirken.
Im Hinblick auf die öffentlichen Finanzen würde das Staatsdefizit - das sich infolge des näherrückenden Ruhestands der geburtenstarken Jahrgänge ohnehin erhöhen dürfte - unter der Präsidentschaft von Trump noch dramatischer steigen. Der Grund dafür ist der, dass er drastische Steuersenkungen plant und gleichzeitig die Ausgaben auf ähnlichem Niveau halten will. Trump hat nur vage Pläne zur Finanzierung der Ausgaben durch Mehreinnahmen im Zuge der Beseitigung von Steuerbetrug. Allerdings sind die mit Betrug verbundenen Steuerausfälle nicht hoch genug, um die benötigten zusätzlichen Einnahmen zu erzielen.
Zu betonen ist, dass diese Programme lediglich Vorschläge darstellen, die Verhandlungen erfordern und vor ihrem Inkrafttreten vom US-Kongress gebilligt werden müssen. Die Entscheidung darüber, welche Politik letztlich realisiert wird, hängt außerdem entscheidend von der Zusammensetzung des Kongresses ab. Auf 34 Sitze im Senat und 435 Sitze im Repräsentantenhaus kommt es dabei an.
Der US-Kongress entscheidet darüber, welche Politik in die Tat umgesetzt wird - dabei gibt die weit überwiegende Mehrheit der Sitze im Kongress den Ausschlag.
Auf Grundlage der aktuellen Prognosen ist das wahrscheinlichste Szenario unter einer Präsidentschaft von Clinton ein geteilter Kongress. Dies könnte bedeuten, dass wahrscheinlich nur wenige ihrer Vorschläge - die sowohl Republikaner als auch Demokraten ansprechen - umgesetzt werden. Dies gilt am ehesten für die Ausweitung von Infrastrukturausgaben, die allgemeine Zustimmung finden. Bei einer Präsidentschaft von Trump - und Annahme eines republikanisch dominierten Kongresses - hätten Infrastrukturausgaben und die Reform der Unternehmensbesteuerung weit höhere Chancen auf Zustimmung. Doch selbst wenn die Pläne weiter verwässert würden, würde sich dadurch das Staatsdefizit beträchtlich erhöhen, was Republikaner in der Vergangenheit rigoros abgelehnt haben.
Marktunsicherheit
Aktien reagieren typischerweise positiv auf vorhersehbare Verhältnisse. Von daher gehen wir davon aus, dass der Markt auf einen Sieg von Clinton - zumindest kurzfristig - positiver reagieren würde. Dies gilt speziell dann, wenn die Republikaner die Kontrolle im Kongress behalten würden. Denn dann würden sie wahrscheinlich die meisten, wenn nicht alle, Initiativen von Clinton blockieren - damit wäre die Art Stillstand gesichert, den die Marktteilnehmer schätzen.
Doch haben wir aus dem "Brexit"-Votum in Großbritannien gelernt, dass die Wähler bei Umfragen möglicherweise nicht die Wahrheit sagen, wenn sie glauben, dass ihre Ansichten unpopulär sind. Von daher ist ein Überraschungssieg von Trump im November nach wie vor möglich, auch wenn er derzeit in den Umfragen zurückliegt. Auf ein solches Szenario dürfte der Markt wahrscheinlich negativ reagieren, da es mit erheblicher Unsicherheit verbunden ist. Etliche der Positionen von Trump sind wenig detailliert und weit von traditionellen republikanischen Positionen entfernt, speziell im Hinblick auf Handel und Sozialversicherung. Tatsächlich würde die mit Trump verbundene allgemeine Unsicherheit und die Frage, was für ein Präsident er sein würde - angesichts seines unkonventionellen Stils und der vielen Änderungen seiner Position seit Beginn seiner Kandidatur - für länger anhaltende Kursschwankungen sorgen und die Aktienkurse monatelang belasten.
Ein Überraschungssieg von Trump im November ist nach wie vor möglich. Das Votum zum Austritt Großbritanniens aus der EU hat gezeigt, dass die Bürger bei Umfragen möglicherweise nicht die Wahrheit sagen, wenn sie der Ansicht sind, dass ihre Meinung unpopulär ist.
Darüber hinaus vertritt Trump eine einzigartige Position hinsichtlich der US-Staatsschulden, die den Status von US Staatsanleihen als "sicherer Hafen" beeinträchtigen und das Marktvertrauen unterminieren könnte. So hat Trump im Frühjahr vorgeschlagen, dass die USA über ihre Zahlungsverpflichtungen neu verhandeln und den Haltern von US-Staatsanleihen weniger als den Nominalwert zahlen könnten, ähnlich wie Griechenland das getan hat. Dies könnte den Kapitalmarkt in hellen Aufruhr versetzen.
Schlussfolgerungen für Anleger
Dieser Kommentar soll selbstverständlich keine Befürwortung oder Ablehnung eines der beiden Präsidentschaftskandidaten darstellen. Wir konzentrieren uns darauf, wie der Markt auf die laufenden Entwicklungen während des Wahlkampfs reagiert und haben einige wesentliche Implikationen für Anleger identifiziert:
• Ein Sieg von Clinton könnte zu einem Ausverkauf bei Pharma- und Biotechnologie-Aktien führen, möglicherweise auch bei Titeln von Finanzdienstleistern. Dafür spricht die Annahme, dass diese Branchen unter ihrer Regierung stärker reguliert würden - unabhängig davon, ob diese Annahme zutrifft.
• Macht Trump das Rennen, könnten ein kurzfristiger Ausverkauf bei Aktien, Umschichtungen in Gold und eine Aufwertung des US-Dollars die Folge sein.
• Bei diesen Wahlen ist nichts vorhersagbar. Deshalb sind Anleger gut beraten, sich auf verstärkte Kursschwankungen vorzubereiten, indem sie ihren Fokus auf die taktische Asset- Allokation sowie die Branchenallokation verlagern - und dem Schutz vor Abwärtsbewegungen mehr Aufmerksamkeit schenken.
• Anleger sollten sich auch mit den vorteilhaften Effekten von alternativen Anlagen in puncto Risikoverringerung und Diversifikation beschäftigen.
• Weiterhin bleibt es wichtig, mittels aktiven Managements Alpha anzustreben, da die Beta-Erträge niedrig und schwankungsanfällig bleiben dürften, was den Erfolg kostengünstiger Indexinvestments unterminieren könnte.
Über die Verfasserin
Kristina Hooper, CFP, CAIA, CIMA, ChFC Managing Director, US Investment Strategist Head of US Capital Markets Research & Strategy
Kristina Hooper ist Managing Director und fungiert als US Investment Strategist sowie Head of US Capital Markets Research & Strategy bei Allianz Global Investors, wo sie seit 1998 tätig ist. Sie erstellt aktuelle Kommentare für Finanzexperten und ihre Kunden hinsichtlich Kapitalmarktentwicklung, allgemeiner Markttrends, ökonomischer Entwicklungen und Finanzplanung. Frau Hooper war auf dem Deckblatt der Ausgabe Januar 2015 des Kiplinger’s Magazins abgebildet und hatte Auftritte in CNBC und Reuters TV. Regelmäßige Zitate von ihr finden sich in Finanzpublikationen wie The Wall Street Journal, Investor’s Business Daily, Reuters usw. Sie verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der Anlagebranche. Vor ihrem Wechsel zu AllianzGI arbeitete sie für die UBS (vormals PaineWebber) und MetLife. Frau Hooper verfügt über Abschlüsse als B.A. cum laude des Wellesley College, als J.D. der Pace University School of Law (wo sie Trustees’ Merit Scholar war), als M.B.A. in Finance der Leonard N. Stern School of Business an der New York University (wo sie Lehrbeauftragte für Makroökonomie und Organizational Behavior war) sowie als Master der ILR School an der Cornell University, wo sie sich auf Arbeitsökonomie konzentrierte. Sie ist des weiteren Certified Financial Planner, Chartered Alternative Investment Analyst, Certified Investment Management Analyst und Chartered Financial Consultant. Frau Hooper ist außerdem ein CFA Level II Candidate.
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