Schweizer Notenbank stößt SMI über Klippe - Börse im freien Fall
Die Freigabe des Franken durch die Schweizerische Notenbank hat die Börse in Zürich am Donnerstag in den freien Fall gestürzt. Der Leitindex SMI brach in der Spitze um fast 14 Prozent ein und rutschte zeitweise unter 8000 Punkte.
Zuletzt verlor der SMI 9,70 Prozent auf 8305,81 Punkte. Vor allem Banken und exportorientierte Unternehmen mussten Federn lassen.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte am Morgen überraschend den Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro aufgehoben. Der Franken gewann in der Folge zum Euro deutlich an Wert. "Die Auflösung der Wechselkursbindung wirkt wie die Sprengung eines Staudamms", sagte ein Börsianer. Die künstlich angestaute Franken-Schwäche entlade sich nun schlagartig in einer Aufwertung der Schweizer Währung.
An der Börse in Zürich gab es in der Folge schwere Turbulenzen: Im 20 Unternehmen umfassenden Leitindex SMI rutschten mit Ausnahme des Telekomkonzerns Swisscom alle Werte massiv ab. Die Anteile am Luxusgüterhersteller Richemont und am Uhrenkonzern Swatch verloren jeweils mehr als 15 Prozent.
"Ein Wertanstieg des Franken wird als Last für Exportwirtschaft des Landes angesehen", betonte Marktanalyst Niall Delventhal vom Analysehaus DailyFX. Ein starker Franken verteuert die Waren für ausländische Kunden. Die Aktien des weniger betroffenen Telekomkonzerns Swisscom hielten sich mit minus 0,67 Prozent noch relativ stabil.
Analystin Helen Brand von der britischen Investmentbank Barclays brach in einem ersten Kommentar den "klar negativen" Einfluss der Notenbankentscheidung auf die großen Exportwerte, die ihre Produkte in der Schweiz fertigen und in andere Währungsräume verkaufen, in Zahlen runter: Swatch generiere rund 87 Prozent seines Umsatzes außerhalb der Schweiz und bei ansonsten unveränderten Annahmen dürfte der Gewinn des Uhrenherstellers um etwa 14 bis 18 Prozent nach unten gedrückt werden.
Mit dem Blick auf die Banken sieht Barclays-Analyst Jeremy Sigee negative Auswirkungen dadurch, dass der Großteil der Erträge und Gewinne nicht in Franken erzielt werde. Das treffe vor allem die Vermögensverwaltung negativ. Hier fielen die Kosten in der Schweizer Währung an, während die Einnahmen weit überwiegend in Fremdwährung abgerechnet würden.
Nach einer ersten Berechnung erwartet Sigee die größte Belastung für die Bank Julius Bär, deren Ergebnis um 30 Prozent gedrückt werden könnte. Er legt eine Aufwertung des Franken um 17 Prozent zugrunde. UBS und Credit Suisse dürften 14 beziehungsweise 15 Prozent weniger verdienen. Im SMI war die Aktie von Julius Baer mit einem Abschlag von 12,38 Prozent schlechtester Bankentitel.
"Offensichtlich war niemand auf den Schritt vorbereitet", sagte Analyst Christian Lips von der NordLB. In dieser Woche noch habe SNB-Vize Jean-Pierre Danthine zwar darauf hingewiesen, dass eine Ausweitung der Ankaufprogramme durch die Europäische Zentralbank (EZB) die Durchsetzung der Mindestkurspolitik erschwere. Der Franken-Deckel müsse aber eine Säule der Geldpolitik bleiben, habe er angefügt. "Erfolgreiche Zentralbankkommunikation sieht anders aus", sagte Danthine./fat/das
ZÜRICH (dpa-AFX)
Weitere News
Bildquellen: Alexander Chaikin / Shutterstock.com, Jan Haas / Shutterstock.com