Spiel auf Zeit

Die zuletzt kräftig gestiegenen Aktienkurse werden mit der Hoffnung auf eine baldige Lösung der Schuldenkrise begründet.
Dieser Optimismus ist überzogen. Eine endgültige Lösung ist nicht in Sicht. Probleme, die in Jahrzehnten aufgebaut wurden, lassen sich nicht mit ein paar Beschlüssen beseitigen. Vielmehr wird uns die Schuldenkrise noch über Jahre begleiten.
Nur Zeitgewinn
Bislang gibt es kaum Anzeichen, dass die Politik den Kern des Problems - die massive Verschuldung, die sich durch unser gesamtes Wirtschaftssystem zieht – angeht (Ausnahme ist das im internationalen Vergleich unbedeutende Griechenland, wo sich ein Schuldenschnitt abzeichnet). Das war schon in der Finanzkrise 2008 so: Die Schulden wurden nicht eliminiert, weil die Verantwortlichen Angst vor einer Kettenreaktion hatten. Stattdessen wurden die schwächsten Glieder, bei denen die Bonität angezweifelt wurde, mit Staatsgeldern aufgefangen. Die Schulden gingen so von den Finanzhäusern an die Staaten über. Inzwischen sind die meisten „Retter“ selbst in Not und die Verbindlichkeiten wandern erneut eine Stufe weiter nach oben. Über Hilfskonstrukte mit kryptischen Namen (EFSF, ESM u.a.) werden jetzt die verbliebenen Gläubiger mit guter Bonität (vorwiegend Deutschland) angezapft und ihnen die Schulden der anderen EU-Länder aufgebürdet. Möglicherweise lässt sich so noch einmal etwas Zeit gewinnen. Mehr aber nicht: Deutschland hat schon jetzt über zwei Billionen Euro Schulden. Die zusätzlichen Verbindlichkeiten wird das Land auf mittlere Sicht nicht schultern können und so selbst in die Bredouille geraten.
Geldversorgung gesichert
Über kurz oder lang wird die Politik nicht umhin kommen, endgültige Lösungen zu suchen. Es gibt dabei mehrere Möglichkeiten, die aber allesamt schmerzhaft sind und eine Reihe an Nebenwirkungen beinhalten. Aktuell konzentrieren sich die Politiker auf die Rettung des Finanzsystems. Mit milliardenschweren Kapitalspritzen für die Banken soll der Sektor vor dem Kollaps bewahrt werden. Damit bliebe die Geldversorgung der Wirtschaft gesichert, die Unternehmen und die Konjunktur könnten sich halbwegs vernünftig entwickeln. Zusammen mit den massiven Liquiditätsspritzen der Notenbanken ergibt sich so für die Börsen ein einigermaßen erträgliches Umfeld.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de
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