Goldminen-Aktien jetzt?
Der Goldpreis steigt, wenn die Realverzinsung sinkt oder negativ(er) wird - in den USA ist sie derzeit bei minus zwei Prozent.
von Mirko Kohlbrecher, Prokurist bei Spiekermann & CO AG
in Osnabrück
Und mit Gold steigen die Aktien der Förderer, meist um den Faktor drei im Verhältnis zum Goldpreis. Kann man Goldaktien nach dem jahrelangen Abwärtstrend als Beimischung nun kaufen - oder verbrennt man sich dabei die Finger?
Der Zeitpunkt könnte schlechter gewählt sein! Wir wollen hier erläutern, warum das Chance-Risiko-Verhältnis derzeit gut ist. Wir wollen drei wesentlichen Fragen nachgehen: An welchem Punkt des "Goldminenzyklus" stehen wir? Welche Zukunftsszenarien unseres Finanzsystems sind denkbar? ...und daraus folgend inwieweit kann Gold und insbesondere können Goldminenaktien als eigene Assetklasse sinnvoll in jedes Vermögen einbezogen werden?
Schaut man sich die Kursentwicklung der wichtigsten Goldförderer der Erde an, so stellt man fest, dass sich die Kurse von den Höchstständen 2011 oft mehr als halbiert haben. Der permanent steigende Goldpreis hatte viele der Minenbetreiber in teure neue Projekte mit hohen Förderkosten gelockt. Und dann fiel der Goldpreis plötzlich deutlich, etliche Minen und damit auch die Betreiber schrieben Verluste. Minen mussten stillgelegt werden, was Sonderabschreibungen zur Folge hatte. Teilweise wurden Kapitalerhöhungen durchgeführt. Somit haben wir den Prozess der "natürlichen" Bereinigung möglicherweise hinter uns. Zumindest hat sich die Wahrscheinlichkeit dafür deutlich erhöht. Denn bei den meisten Goldminenbetreibern kann man eine Neupositionierung hin zu mehr Profitabilität deutlich erkennen.
Doch bei vielen Anlegern steckt der Stachel der Kursverluste der letzten Jahre noch tief, was Zweifel an diesen Investments zur Folge hat. Was aber die meisten Anleger wohl verkennen, ist die wahrscheinliche Regression zur Mitte. Wir haben es bei Goldminenaktien in den letzten 10 Jahren mit zwei Extremen zu tun gehabt, sowohl im positiven als auch im negativen Fall. Ein "Einpendeln" zur Mitte hin erscheint uns daher ein Szenario, was einer Wahrscheinlichkeit von über 50 Prozent entspricht, da auf extreme Phasen oft weniger extreme folgen. Somit ist das Chance-Risiko-Verhältnis als gut einzuordnen.
Gold und demnach auch Goldminenaktien werden immer wieder im Zusammenhang mit einem Schutz vor dem Zusammenbruch unseres Finanzsystems genannt (...wobei es einen Zusammenbruch wohl nur sehr unwahrscheinlich geben wird, eher eine Neujustierung welcher Art auch immer). In 2008/2009 haben sowohl Gold- als auch Goldminenaktien diese Schutzfunktion nicht ausgeübt und haben stattdessen eng mit dem Gesamtmarkt korreliert. Allerdings ist unser Finanzsystem auch damals nicht zusammengebrochen. Somit können wir daraus keinerlei Erkenntnis ziehen.
Für die Zukunft sollten wir ohnehin vorsichtig mit Prognosen sein, da wir uns regelmäßig überschätzen in unserer Prognosefähigkeit. Wir sollten vielmehr unsere Prognosen auf probabilistische Aussagen konzentrieren, also Wahrscheinlichkeitsaussagen. So eine "probabilistische" Aussage sagt über einen Sachverhalt (etwa das Zustandekommen eines Ereignisses) aus, dass dieser zu einer bestimmten Wahrscheinlichkeit im Verhältnis steht. Man sollte sich immer die Frage stellen, ob alternative Ergebnisse hätten stattfinden können, ob sich die Welt anders hätte entwickeln können. Fakt ist, dass die westliche Welt in einer massiven Überschuldungsspirale gefangen ist. Spielt man alle Entschuldungsszenarien konsequent durch (Langsame Genesung, Deflation, Inflation und Insolvenz einzelner Staaten/Banken), so sollten Gold- und Goldminenaktien in mindestens zwei Szenarien mit guter Wahrscheinlichkeit ihre Schutzfunktionen ausüben können bzw. eine relative Attraktivität zu den vielen künstlich aufgeblähten Assets bieten.
Insbesondere bei einem Szenario der weiterhin tiefen Realzinsen sollten Goldminenaktien eine gute Anlageoption sein, da der Goldpreis dann eher fester notieren würde und die Goldminenbetreiber von einem steigenden Goldpreis und der Konzentration auf Rentabilität quasi doppelt profitieren könnten. Bleibt die Frage der Wahrscheinlichkeit und der Gewichtung. Geht es nach dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi, sollen die Realzinsen in Europa auch 2020 noch deutlich im negativen Bereich liegen. In den USA soll eine Normalisierung der Realzinsen auch vor 2019 nicht angestrebt sein. Dieses Szenario hat zumindest eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit. Somit können Goldminenaktien sogar übergewichtet werden. Wie konkret dieses erfolgen kann, muss jeder Anleger individuell entscheiden. Gegebenenfalls sollte auch noch ein Restbetrag zum Nachkaufen in der Hinterhand sein, falls die Kurse noch einmal tiefer notieren werden.
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