Aktien: Der Wolkenkratzer-Indikator und andere Spezialitäten
Die Zukunft der Aktienbörsen entscheidet sich womöglich in der chinesischen Stadt Changsha.
von Dr. Marc-Oliver Lux, Geschäftsführer, Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG
In der Hauptstadt der Provinz Hunan wollen die Asiaten das höchste Hochhaus der Welt bauen. Glaubt man dem sogenannten Wolkenkratzer-Indikator, wäre das ein schlechtes Omen.
Die Idee dahinter: Mega-Gebäude entstehen in einem Umfeld wirtschaftlicher Euphorie. Der Bau dauert Jahre. Inzwischen kühlt sich die Stimmung schon wieder ab und wenn das Objekt schließlich fertiggestellt ist, sind die Börsen oft bereits zusammengebrochen.
Alles Firlefanz, denken viele Börsianer. Skurrile Indikatoren gibt es in rauen Mengen. Bei ihrer fast verzweifelten Suche nach Hilfsmitteln für die Vorhersage der Kurse von morgen wird zum Beispiel immer wieder gerne die Rocklänge herangezogen. Die These: Je kürzer der Rock, desto besser geht es der Wirtschaft. Diese Beobachtung hat der Ökonom George Taylor schon in den 20er Jahren gemacht, der die Entwicklung des Aktienindex mit der Rocklänge in Verbindung brachte. Für den Einzelhandel ist das nur ein Mythos. Dennoch bleiben einige Ökonomen der Theorie treu und verweisen auf die langweiligen Rocklängen, die im Zuge der Finanzkrise 2008 in die Läden kamen. Auch Männerunterhosen, Lippenstifte, gebackene Bohnen, Babywindeln, Sternkonstellationen und Sonnenflecken werden immer wieder genannt.
So abstrus manche Ideen sind, bei den Hochhäusern ist die These wissenschaftlich belegt. Allerdings ist die Anzahl der Beobachtungen relativ gering. Stimmt die These, dann ist der Turmbau in China ein starkes Warnsignal: Der geplante Gigant in Changsha soll 838 Meter hoch werden, über 30.000 Menschen Platz bieten und in sagenhaft kurzer Zeit von drei Monaten dank Fertigbauteilen fertiggestellt werden. Bisher steht der Koloss aber nur auf dem Reißbrett. Der Baubeginn verzögert sich.
Den aktuellen Weltrekord hält das Burj Khalifa in Dubai. Begonnen im Jahr 2004, stand der 828 Meter hohe Turm nach sechs Jahren. Für Skeptiker war das Projekt reiner Größenwahn. Die Folgen überraschen nicht: Während der Finanzkrise ab 2008 verloren Dubai-Aktien zwei Drittel ihres Wertes.
Besonders Asien hat bisher schlechte Erfahrungen mit Wolkenkratzern gemacht. Beispiel eins: Im Jahr 1993 begannen die Arbeiten an den Petronas Towers im malaysischen Kuala Lumpur. Vollendet wurde der Superbau 1998 – das war das Jahr der Asien-Krise. Beispiel zwei: Ende des Jahrzehnts wurden die Grundsteine des 509 Meter messenden Taipeh 101 in der taiwanesischen Hauptstadt gelegt. In den Folgejahren drittelte sich der Aktienindex des Landes.
Früher waren Hochhäuser eine Domäne der Amerikaner gewesen. Die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts stellen ein eigenes Kapitel dar. Es gab einen Wettkampf um das höchste Gebäude der Welt. Gleich drei Projekte wurden 1928 und 1929 in Auftrag gegeben, also kurz vor dem Crash und der Weltwirtschaftskrise: Das Empire State Building machte das Rennen.
Probleme brachte auch der Sears Tower (heute: Willis Tower) in Chicago mit sich. Die Ölkrise startete ein Jahr vor Fertigstellung 1974.
Zurück in die Gegenwart: Der Internationale Währungsfonds ist pessimistisch für China. Für dieses Jahr prognostiziert er ein weiter sinkendes Wachstum, das schon im vergangenen Jahr für chinesische Verhältnisse auf Tiefständen lag. Möglicherweise gibt der Aktienmarkt bereits Warnsignale. Die Kurse in China liegen um ein Drittel unter ihrem Spitzenwert aus dem Jahr 2007.
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