In Spanien gehen die Lichter aus
Vor einigen Tagen saß ich mit einem Bekannten zusammen, der als Deutscher in Südspanien lebt.
Er wusste Erschreckendes zu berichten und sprach von einer „Jagd auf Ausländer“, die mittlerweile begonnen habe.
Jeder Ausländer müsse nach wenigen Monaten seinen Wagen in Spanien anmelden und mit einem Drittel des von Spanien (hoch) geschätzten Zeitwerts versteuern. Sogar Touristen würden oft angehalten. Sie müssen Ein- und wahrscheinliche Ausreise glaubhaft belegen. An den Straßen stehen Polizisten, denen man die Gehälter gekürzt hat und machen Jagd auf ausländische Verkehrssünder. Manch eine „Sünde“ mag da erfunden sein, und der bedrohte Autofahrer lieber die Buße in Kauf nehmen als sich auf lange Diskussionen einlassen. Fast wie bei den Zöllnern in biblischen Zeiten.
In der Wohnsiedlung mit Tor, der „Gated Community“, meines Bekannten wird serienmäßig eingebrochen. Als mein Bekannter einmal die Wachmannschaft am Tor warnte, weil er ein sehr verdächtiges Auto gesehen hatte und die Leute offensichtlich gerade nach einem Einbruch oder Einbruchsversuch dort einstiegen, und die Wachmannschaft bat, das Tor zu verriegeln, passierte nichts: Der Wagen kam unkontrolliert durch. Wahrscheinlich steckten die Wachmänner, die vielleicht fünf Euro die Stunde verdienen, unter einer Decke mit den Einbrechern.
Ein anderer Trick der Einbrecher: In die Klimaanlagen der Häuser wird Gas eingeleitet. Geht alles nach Plan, sind die Bewohner betäubt. Passiert ein Kunstfehler, gibt es auch schon einmal Tote.
Tatsächlich gehen in vielen Wohnvierteln abends die Lichter aus, weil der spanische Staat Elektrizität spart. Mein Bekannter erinnerte sich an Moskau in den 80er Jahren. Das steigert natürlich die Kriminalitätsrate enorm. Sieht so die „Rettung“ Spaniens und Europas aus?
Man kann nur immer wieder rufen: „Stoppt das Euro-Desaster!“ Frau Merkel, wann merken Sie, dass Sie nur Josef Ackermann & Co. retten, keinesfalls Griechenland – wo es noch schlimmer als in Spanien aussieht –, Europa oder den Euro? Merkt denn überhaupt ein europäischer Politiker noch irgendetwas? Dennoch – in gewisser Weise ist das, was jetzt in Spanien passiert, nur die Herstellung amerikanischer Verhältnisse. Denn in vielen Gegenden Amerikas sieht es genauso schlimm oder schlimmer aus.
Insgesamt geht es Europa ganz gut. Deswegen bin ich auch trotz dieser beklemmenden Eindrücke durchaus positiv für europäische Aktien gestimmt. Gute Unternehmen überleben Wirtschaftskrisen. Es würde aber Zeit, dass sich die Politiker auch um die Menschen kümmern.
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Geschäftsführender Gesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Ziel des Instituts ist die Aktienanalyse und die Entwicklung von Aktienstrategien für Privatanleger.Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.