Zu früh gefeiert?
Nach dem Rücktritt des italienischen Staatschefs Berlusconi wurde auf den Straßen Roms gefeiert.
Sicherlich nicht von Berlusconi selbst, der sich nur widerwillig zum Schritt zurück drängen ließ und nicht unbedingt ein gutes Fundament an den Nachfolger Mario Monti übergibt. Auf diesen wartet viel Arbeit und auf Italien harte Einschnitte. Monti dürfte sich als ehemaliger EU-Kommissar der aktuellen Situation Italiens durchaus bewusst sein. Ganz im Gegenteil zum neuen Ex-Staatschef Berlusconi. Dieser schäumte bereits, dass er sich dem Druck von „ein paar internationalen Spekulanten“ hat beugen müssen. Damit die Welt weiß, dass er eben doch ein richtiger Siegertyp ist, wurde nach dem Rücktritt auch schon wieder der Rücktritt vom Rücktritt in Aussicht gestellt.
Mehr als nur ein Schritt zurück?
Es wird also für den bereits als „Super-Monti“ gefeierten, neuen Ministerpräsidenten nicht leicht werden, wenn der alte, gerade einmal vor wenigen Stunden zurückgetretene bereits wieder Ansprüche auf das Amt anmeldet. Besonders interessant ist die Situation insofern, als dass „nur“ Berlusconi zurückgetreten ist, ein ordentlicher Teil seiner Gefolgschaft aber nach wie vor vorhanden ist und somit auch Beschlüsse „Super-Montis“ wunderbar blockieren kann. Es sollte also nicht wundern, wenn die „Wunderwaffe“ Monti sich am „Berlusconi-Block“ die Zähne ausbeißt und sich der „Cavaliere“ nach einiger Zeit wieder einmal ins Amt zurückfeiern lässt. Immerhin scheint Berlusconi bereits an einem solchen Plan zu feilen. Man muss sicherlich nicht viele Zusammenhänge im europäischen Schuldenkarussell verstehen, um zu erkennen, dass dies nicht nur ein Schritt zurück wäre!
Vorerst bleibt Vorsicht das höchste Gebot!
Und so ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Börsen vielleicht etwas zu früh gefeiert haben, als die Kurse zum Wochenauftakt zunächst nach oben gingen. Im weiteren Verlauf schien dann aber doch klar zu sein, dass Berlusconi auch als „einfacher Parlamentarier“ noch genügend Stöckchen parat haben wird, die er „Super-Monti“ zwischen die Beine werfen kann. Insgesamt hat sich an der Situation daher bislang nur die aufkeimende Hoffnung geändert, die aber bereits wieder in sich zusammenzufallen droht. Erst wenn Monti tatsächlich die Dinge durchsetzen kann, vor denen sich Berlusconi mit einem breiten Lächeln immer wieder erfolgreich gedrückt hat, erst dann ist ein Grund zum Jubeln gekommen. Bis dahin scheint eine weiterhin vorsichtige Vorgehensweise die bessere Lösung!
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes Hebelzertifikate-Trader. Bereits seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt er sich mit dem Thema Börse, speziell der Technischen Analyse. Infos: www.hebelzertifikate-trader.de Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.