Halvers Kapitalmarkt-Monitor Robert Halver

Die spinnen, die Amerikaner oder alle Börsenräder stehen still, wenn der starke Arm der Politik es will

09.10.13 13:39 Uhr

Die spinnen, die Amerikaner oder alle Börsenräder stehen still, wenn der starke Arm der Politik es will | finanzen.net

In den USA bleibt eine Einigung zwischen Demokraten und Republikaner im Haushaltsstreit bisher aus.

Ähnlich wie schon bei der Eskalation des letzten Budgetstreits 1995/96 wurden Teile der öffentlichen Verwaltung - damals 28 Tage - geschlossen. Laut Angaben der US-Regierung dürfte jeder Tag des sogenannten government shutdown der US-Wirtschaft einen Schaden von ca. 300 Mio. US-Dollar zufügen. Eine Lösungsfindung im Budgetkonflikt wird zunehmend dringender, da der 17. Oktober als Stichtag zur Erhöhung der US-Schuldenobergrenze immer näher rückt.

Sollte bis dahin eine Einigung über die Erhöhung der Schuldenobergrenze ausbleiben, könnten die USA zwar den Zinszahlungen auf US-Staatsanleihen Priorität einräumen. Allerdings würde sie damit den juristischen US-Staatsbankrott mit dramatischen Folgen auch für die Weltkonjunktur und -finanzmärkte lediglich hinauszögern.

Beim letzten Budgetstreit 1995/96 konnten sich schließlich selbst die politischen Erzfeinde Bill Clinton und Newt Gingrich einigen. Und es ist zu erwarten, dass sich angesichts des zunehmenden öffentlichen Drucks und mit Blick auf die US-Zwischenwahlen 2014 Demokraten und Republikaner in den kommenden Tagen verhandlungsbereiter zeigen. Schließlich will keine Seite Schuld an einem erneuten Rückfall der US-Wirtschaft in die Rezession - double dip - haben.

Unterdessen ist die Verunsicherung an den Finanzmärkten angesichts der verfahrenen politischen Lage in den USA bereits merklich spürbar. Das verdeutlichen die sprunghaft angestiegenen Kreditausfallversicherungen für 5-jährige US-Staatsanleihen, die sich innerhalb kürzester Zeit nahezu verdoppelten. Hiervon kann sogar der Euro profitieren, der fast auf Jahreshoch gegenüber US-Dollar notiert. Dabei kommen auch in der Eurozone die Krisensymptome bereits wieder zum Vorschein.

Wo politische Sorgen am größten, ist die EZB am nächsten

Denn allein schon die Betrachtung der innenpolitischen Lage Italiens führt deutlich vor Augen, dass die euroländischen Krisensymptome weiter schwelen. Aus der Regierungskrise in Folge des Streits über die geplante Mehrwertsteuererhöhung ist Regierungschef Letta durch die gewonnenen Vertrauensfragen zwar als Sieger hervorgegangen. Doch es hat etwas von Pyrrhussieg: Die politischen Spannungen in der Regierungskoalition halten an und damit ebenso die politische Lähmung und der Reformstillstand.

Angesichts der politischen Problemfelder nicht nur in Italien sorgt die EZB weiterhin für die nötige Krisenbekämpfung. So bestätigte ihr Chef Draghi nach der letzten EZB-Sitzung nicht nur die Beibehaltung oder sogar Senkung der Notenbankzinsen. Auch steht die Notenbank bereit, jegliche liquiditätspolitisch notwendige Maßnahme - also auch die erneute volumenstarke Vergabe außerordentlicher Langzeitkredite - zu ergreifen, um das geldpolitische Nirwana der Eurozone aufrechtzuerhalten.

Stimmung in der Weltkonjunktur ungetrübt

Grundsätzlich zeigt sich die Weltwirtschaft in stabiler Verfassung. In Japan hat sich die Konjunkturstimmung merklich aufgehellt. Der vierteljährlich von der Bank of Japan ermittelte Tankan-Index für die japanische Großindustrie konnte dank einer soliden Export- und Konsumlage überraschend stark auf einen Wert von 12 zulegen. Auch in punkto Geschäftserwartungen zeigt sich der Tankan-Index weiter aufwärts gerichtet. Grundsätzlich befinden sich beide Indices im positiven und damit Expansion anzeigenden Bereich. Die über die extrem lockere Geldpolitik der Bank of Japan herbei geführte signifikante Schwächung des Yen, die japanischen Produkten am Weltmarkt preisliche Wettbewerbsvorteile verschafft, und Steuersenkungen für japanische Unternehmen verfehlen ihre Wirkung offenbar nicht.

In China stabilisiert sich der offizielle Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe mit 51,1 klar im Expansion anzeigenden Bereich. Nicht zuletzt stellen staatliche Infrastrukturmaßnahmen die Erreichung des chinesischen Wachstumsziels von mindestens 7,5 Prozent zum Vorjahr in Aussicht.

Von dieser stabilen Konjunkturprognose in Asien insgesamt profitiert auch die US-Exportwirtschaft. Der ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe in den USA notiert mit einem Wert von 56,2 - der höchste Stand seit 29 Monaten - sehr komfortabel im expansiven Bereich. Insbesondere die Neuauftragskomponente signalisiert eine im Trend dynamische US-Industrie. Gleiches gilt auch für die Neuaufträge im US-Dienstleistungssektor.

Aktuelle Marktlage und Charttechnik

Die Gemengelage an den Finanzmärkten insgesamt - auf Euro-Basis - spiegelt die aufgehellte weltwirtschaftliche Stimmung und das exzellente Liquiditätsumfeld wider.

Seit Jahresbeginn zeigen sich die Aktienmärkte als Gewinner der Performance-Hitliste. Dank des geldpolitischen Stimulus avancieren japanische Aktien zur erfolgreichsten Anlageklasse. Auf Platz zwei befinden sich die nicht minder geldpolitisch unterstützten US-Aktien. Und auch dank des geldpolitischen Rettungsankers der EZB finden sich euroländische und deutsche Aktien auf Platz drei und vier wieder. Die Rentenmärkte zeigten insgesamt einen Seitwärtsverlauf.

Rohstoffe, darunter auch Rohöl, zeigen sich volatil und haben trotz einer stabilen weltwirtschaftlichen Stimmung unter der anhaltenden Tapering-Diskussion zu leiden. Diese Verunsicherung machte auch Aktien aus den Schwellenländern zu schaffen, die zwischenzeitlich unter einem massiven Kapitalabfluss zu leiden hatten. Zuletzt konnten sich die Emerging Markets jedoch wieder stabilisieren. Die großen Verlierer waren Gold und Silber, die ihren Status als Krisenanlagen teilweise verloren haben.

Grundsätzlich sorgt seit Kurzem jedoch die aktuelle politische Unsicherheit in den USA für eine Eintrübung fast aller Anlageklassen.

Aktuell kämpfen die sich wieder stabilisierende Weltkonjunktur und das üppige geldpolitische Umfeld gegen die politischen Störmanöver in Italien und den USA. Die Ungewissheit über die volkswirtschaftlichen Schäden des Budgetstreits gibt auch der Unsicherheit über das Timing und die Höhe des Tapering der Fed neue Nahrung. Insofern könnten die Volatilitäten an den Finanzmärkten noch zunehmen.

Unter der Voraussetzung einer Lösung im US-Budgetstreit - ein politisch gesunder Menschenverstand amerikanischer Politiker unterstellt - bleibt das Jahresziel für den DAX von 8.900 Punkten erhalten.

Charttechnisch gewährt die Unterstützung am Jahreszwischenhoch des DAX vom Mai bei 8.557 Punkten im Falle einer Korrektur einen ersten Halt. Knapp darunter verläuft die obere Grenze des seit Juli bestehenden flachen Aufwärtstrendkanals bei derzeit 8.535 Punkten. Als weitere Auffanglinie bietet sich darunter die Marke bei 8.457 Punkten an.

Auf der Oberseite verläuft der erste Widerstand in der Zone zwischen 8.720 und 8.770 DAX-Punkten. Sollte dieser Bereich signifikant überwunden werden, wartet die nächste merkliche Barriere an der psychologisch wichtigen Marke bei 9.000 Punkten.

Und was passiert in der nächsten Kalenderwoche?

Auf Unternehmensebene richten sich die Blicke der Anleger auf den Start der US-Berichtsaison für das III. Quartal 2013. Aufgrund der vorübergehenden Probleme der Emerging Markets im Zuge der Tapering-Diskussion sind Enttäuschungen bei den tatsächlichen Bilanz- und Gewinnzahlen nicht auszuschließen.

Insofern kommt dem Ausblick dieses Mal eine besondere Rolle zu. Hier gilt nächste Woche die Anlegeraufmerksamkeit insbesondere dem Aluminiumhersteller Alcoa, einem harten Zykliker, der wegweisend für die weltkonjunkturelle Perspektive ist. Daneben dürften die US-Banken Wells Fargo und JP Morgan als Indikatoren dienen, inwieweit die zuletzt gestiegenen US-Zinsen wirtschaftlichen Tribut fordern.

Auf Makroebene steht das USA Protokoll der letzten US-Notenbanksitzung im Fokus. Angesichts der zunächst hinausgezögerten Entscheidung einer Drosselung der Anleihenaufkäufe durch die Fed erhoffen sich die Anleger nähere Hinweise auf einen Starttermin des Taperings möglicherweise im Dezember.

Die US-Einzelhandelsumsätze dürften erneut leicht zugelegt haben. Sollten die Arbeitsmarktzahlen in Abhängigkeit von der Wiedereröffnung des US-Statistikamtes veröffentlicht werden, dürften sie eine kleine Besserung anzeigen.

In Deutschland unterstreichen solide Auftragseingänge in der Industrie, eine leicht gestiegene Industrieproduktion sowie anziehende Exporte das positive Momentum der deutschen Wirtschaft.

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Der Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Dr. Horst Schiessl. Die Mitglieder des Vorstands sind Uto Baader (Vorsitzender), Nico Baader, Dieter Brichmann und Dieter Silmen.

Nach Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums begann Robert Halver seinen beruflichen Werdegang zunächst als Wertpapieranalyst bei der Sparkasse Essen. Anschließend arbeitete er als Analyst und Aktienstratege bei der Privatbank Delbrück & Co in Frankfurt.

2001 wechselte Robert Halver zur Schweizer Privatbank Vontobel. Sein Aufgabenschwerpunkt war die Formulierung der Anlagestrategie der Vontobel Gruppe in Deutschland.

Seit 2008 leitet Herr Halver die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG in Frankfurt. In dieser Funktion ist er auch für die Außendarstellung der Baader Bank tätig.
Robert Halver ist durch regelmäßige Medienauftritte, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie durch Fachpublikationen und als Kolumnist präsent.