Zweifel am Aufwärtstrend

Zuletzt waren regelmäßig Vergleiche zu hören zwischen der Situation an den Börsen im Herbst 2003 und heute.
Auch damals hatten die Märkte nach einem herben Kurseinbruch eine Rallye hingelegt, die von starken Zweifeln begleitet wurde, letztlich aber doch in einen mehrjährigen Boom mündete und den DAX im Sommer 2007 sogar auf ein Allzeithoch hievte. Allerdings gibt es zwei Punkte, die an diesem Vergleich hinken und Zweifel an einem erneuten langfristigen Aufwärtstrend wecken.
So trieben die Zinssenkungen nach der Jahrtausendwende die Häuserpreise in Amerika (und etlichen europäischen Ländern) in die Höhe. Da das eigene Haus in den meisten Familien das größte Asset ist, führte die Immobilienblase zu einem erheblichen Wohlstandseffekt. Nur so gelang es Alan Greenspan, die schon zu dieser Zeit massiv verschuldeten US-Bürger weiter in die Kaufhäuser zu lotsen. Eine erneute Blase im Immobiliensektor ist vorerst völlig unrealistisch, und andere Vermögenswerte haben nicht das Potenzial für ähnlich große Wohlstandseffekte. Die US-Konsumenten, jahrzehntelang der Motor der Weltwirtschaft, werden daher wahrscheinlich auf längere Sicht ausfallen – trotz Zinsen auf Rekordtief.
Gegen einen anhaltenden Aufwärtstrend an den Börsen sprechen auch die Bewertungen. Der DAX war im März – genauso wie 2003 – zeitweise mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis unter eins gepreist. Prinzipiell gelten Aktien dann als günstig. Im Zuge der Dotcom-Krise hatten viele Firmen aber Tabula rasa gemacht und ihre Bilanzen von Wackelpositionen befreit. Bei einem DAX-Stand von 2.200 Zählern waren im März 2003 alle Risiken eingepreist. Das ist dieses Mal anders: Wegen der mehrfach gelockerten Bilanzrichtlinien schleppen die 30 deutschen Standardwerte gut 280 Milliarden an immateriellen Vermögenspositionen mit sich herum. Das entspricht 64 Prozent des ausgewiesenen Eigenkapitals. Alleine um wieder auf ein Niveau unter 50 Prozent zu kommen (wie Ende 2005), wären Abschreibungen im dreistelligen Milliardenbereich nötig. Berücksichtigt man diese Wackelpositionen, ist der DAX schon jetzt wieder teuer.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur des „Global Performance“. Der Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. Weitere Informationen unter www.globalperformance.de.Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.