Geldanlage-Report Armin Brack

Die Hot Stocks der Woche!? – Teil 2

01.06.10 08:02 Uhr

Die Hot Stocks der Woche!? – Teil 2 | finanzen.net

Eine Woche voller Hiobsbotschaften

Leider gab es in der vergangenen Woche für Börsianer auch auf der Ebene der Einzelunternehmen einige Hiobsbotschaften. Die beiden spektakulärsten Kursimplosionen der letzten Tage ereigneten sich bei:

- Böwe Systec (WKN 523970) insolvent - Aktie minus 80 Prozent

Das prominenteste Opfer erwischte es mit Böwe Systec am Freitag. Böwe ist einer der größten Hersteller von Postprüf- und Sortieranlagen weltweit. Die Schwaben mussten beim Amtsgericht Augsburg wegen drohender Überschuldung einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen.

Bei einer Eigenkapitalquote von zuletzt nur noch sieben Prozent bei einer Nettoverschuldung von 400 Millionen Euro, war das Unternehmen schon länger latent gefährdet. Der eigentliche Auslöser war aber wohl die Insolvenz des Großaktionärs Wanderer-Werke wenige Tage zuvor, die Böwe mit in den Abgrund gerissen hat.

Wanderer spielte in der Vergangenheit bereits eine dubiose Rolle und wurde von freien Böwe-Aktionären hart kritisiert, weil der Großaktionär trotz der prekären bilanziellen Lage hohe Dividendenausschüttungen durchgesetzt hat. Böwe sei von den Wanderer-Werken im Stile einer Heuschrecke regelrecht ausgesaugt worden, hieß es.

Den Aktionären droht nun ein Totalverlust. Eine kleine Chance auf eine Kurserholung verbleibt jedoch noch. In einer Pressemitteilung kündigt Böwe an, der Geschäftsbetrieb werde ohne Einschränkungen weiterlaufen. Die operative Sanierung kann so fortgesetzt werden. Böwe soll als Ganzes erhalten bleiben und wieder den Sprung in die Gewinnzone schaffen. Es wird eine Eigenverwaltung im Rahmen der Insolvenz angestrebt.

Gelingt dies, würde Böwe zunächst die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen behalten. In einem solchen Fall wird auf die Einsetzung eines Insolvenzverwalters verzichtet und stattdessen nur ein so genannter Sachwalter eingesetzt. Dieser überwacht den Schuldner und nimmt die Forderungsanmeldungen der Gläubiger entgegen.

Eine solche Eigenverwaltung wurde allerdings in der Vergangenheit nur in rund einem Prozent der Fälle genehmigt. Für Böwe spricht, dass operativ deutliche Anzeichen für eine Besserung vorhanden sind. So stieg der Auftragseingang in den ersten vier Monaten 2010 um 40 Prozent auf 18,7 Millionen Euro. Die Umsätze lagen mit 14,2 Millionen Euro 11,3 Prozent über der Planung.

Sollten die Gläubiger also auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten und damit die Schuldenlast für Böwe verringern, könnten die Aktien werthaltig bleiben. Bis dahin ist es jedoch ein weiter Weg.

FAZIT:

Die Aktie ist nur noch für hart gesottene Zocker geeignet.

- Skandal um Envio (WKN A0N4P1) - Aktie minus 68 Prozent

Am Donnerstag erlebte ich eine Art Déjà-vu, als mir ein befreundeter Trader den Link zu einem brandneuen Artikel der Ruhr Nachrichten in meinen Skype-Account postete: "PCB-Skandal - Bezirksregierung legt Envio still". Im vergangenen Jahr hatte ich mich noch mit einem Schweizer Hedgefonds-Manager, der auf den Bereich "Erneuerbare Energien" spezialisiert ist, über Envio unterhalten. Trotz der attraktiven Bewertung winkte er bei der Aktie ab. Das Risiko eines Umweltskandals im Zusammenhang mit der PCB-Entsorgung sei viel zu hoch, begründete er.

Bereits im Vorfeld gab es Gerüchte, dass das Unternehmen bei der Entsorgung der hochgiftigen PCB-Transformatoren geschlampt hatte. Die Ruhrnachrichten erheben schwere Vorwürfe. Der frühere Produktionsleiter von Envio soll demnach eine Vertuschung technischer Mängel beobachtet haben. Firmen und Behörden seien getäuscht worden.

Ende April hatten Messungen des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) bei Kehrproben in den Werkshallen und auf dem Freigelände eine PCB-Belastung entdeckt, die den tolerierbaren Wert um das Vielfache überschritten hatte. Inzwischen wurde der operative Betrieb auf dem Werksgelände im Dortmunder Hafen stillgelegt.

Es ist unklar, ob und - wenn ja - wann eine Wiederaufnahme erfolgt. Neben Umsatz- und Gewinnausfällen drohen hohe Strafzahlungen oder im Extremfall sogar der dauerhafte Entzug der Gewerbeerlaubnis. Auch Schadensersatzforderungen von betroffenen Mitarbeitern oder Anrainern (Schrebergarten-Kolonie in unmittelbarer Nähe) könnten die Folge sein. Sämtliche Gewinn- und Umsatzschätzungen sind nun Makulatur.

Immerhin scheint das Krisenmanagement zu funktionieren: Es wurde umgehend eine Reinigung des Geländes und anschließende Beprobung beauftragt. Zudem sicherte Envio die volle Kooperation bei der Ursachenklärung mit den Behörden zu.

FAZIT:

Die Aktie ist verseucht. Im Extremfall droht der Gewerbeentzug und damit letztlich die Insolvenz der Firma.

MEIN FAZIT:

- Co.don spekulativ kaufenswert - KAP Beteiligungen konservativer Kauf - Böwe Systec: Insolvenzspekulation für hart gesottene Zocker - Envio meiden, weiteres Abwärtsrisiko

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.