Chinesische Solaraktien im Fokus - Steht jede zweite Solaraktie vor der Pleite?
Lieber Geldanleger, schon am 6. Juni meldete ich mich ...
an dieser Stelle in Vertretung für meinen geschätzten Verlags-Kollegen Armin Brack.
Da das damalige Thema „Elektroautos in China“ auf so großes Interesse stieß und sich einige von Ihnen darüber informierten, ob ich auch gegenüber chinesischen Solaraktien so positiv eingestellt bin wie gegenüber chinesischen Elektroauto-Aktien, versprach ich Herrn Brack wieder eine Ausgabe des Geldanlage-Reports zu übernehmen, sobald ich auch eine Studie über Chinas Solar-Branche verfasst habe. Heute ist es so weit.
Ich darf mich kurz vorstellen: Mein Name ist Florian Schulz und ich bin Chefredakteur des Börsenbriefs „Emerging Markets Trader“.
Kommen wir gleich zur Sache: Von chinesischen Solaraktien erwarte ich mir nicht ganz so viel wie von Elektroauto-Aktien aus China. Um genauer zu sein: Schon seit Jahren bin ich skeptisch ob die Aktien halten was sie versprechen. So warnte ich im August 2007 in einer Studie über Chinas Solaraktien vor „enormen Überkapazitäten“ in der Branche und einem „massiven Preiskampf“. Dadurch steht die Branche vor einer „ähnlichen Konsolidierungswelle wie die Chip-Industrie in den 90er Jahren“.
Dass diese Konsolidierungswelle parallel zum Ausbruch der globalen Finanzkrise begonnen hat, macht die Situation für Solarzellenhersteller leider nicht einfacher: So hat das auf die Halbleiter- und Solarindustrie spezialisierte Marktforschungsunternehmen „The Information Network“ errechnet, dass die Solarbranche mittlerweile Fertigungskapazitäten in Höhe von 17,55 GW Zellenleistung pro Jahr aufgebaut hat und diese nicht zuletzt wegen der Folgen der Finanzkrise im Jahr 2009 nur noch zu 27,9% genutzt werden.
*Der massive Preisverfall ist noch nicht zu Ende!
Es soll für die maßlosen Solarfabrikanten jedoch noch dicker kommen, denn um die zusätzlich geplanten Fertigungskapazitäten von 5,7-6,7 GW im Jahr 2010 zu absorbieren, müsste sich der Absatz von Solarmodulen (2009e: 4,894 GW) in nur 12 Monaten mehr als verdoppeln.
Die Folge der Überkapazitäten ist ein radikaler Preiskampf: Kostete ein Solarmodul vor einem Jahr noch 4,20 USD je Watt Leistung, so lagen die Preise laut New Energy Finance zuletzt bei 2,20 USD für europäische und amerikanische Silizium-basierte Module und bei 2,00 USD für Chinesische. Noch schlimmer trifft die Überproduktionskrise die Solarwafer- und Polysilizium-Produzenten: Der Preis für Polysilizium ist von fast 500 USD je kg auf 65 USD je kg eingestürzt und könnte angesichts der rasanten Kapazitätsexpansion bis Ende 2010 sogar auf 40 USD fallen.
*Ruinöser Verdrängungswettbewerb
In was für einer Marksituation sich Solarunternehmen befinden, kann man aus Interviews der chinesischen Sonnenkönige lesen. So berichtete Xiaofeng Peng, der CEO des größten Solarwafer-Produzenten des Landes (LDK Solar), im März davon, dass heute schon 80% der 140 Solarwafer-Produzenten in China quasi „bankrott“ sind. Zhengrong Shi, der Gründer der größten chinesischen Solarfirma SunTech Power erzählte zudem jüngst in einem Interview mit der New York Times, dass seine Firma begonnen hat Solaranlagen unter den Herstellungskosten zu verkaufen um Marktanteile zu gewinnen.
Wenn dieses Verhalten zur Tugend wird, könnten die Preisprognosen von Barclays Capital zumindest im unteren Qualitätssegment sogar unterboten werden. Die Barclays-Analysten erwarten einen Solarmodulpreis von 1,40 USD je Watt Leistung im Jahr 2010 und 1 USD je Watt Leistung ab 2011!
Zum Vergleich: In den vergangenen Jahrzehnten fiel der Modulpreis (und die Herstellungskosten) im Schnitt nur um rund 6% im Jahr und nach dem Mooreschen Gesetz müsste sich der Preisverfall eigentlich in diesem Tempo fortsetzen.
*Rettung durch chinesische Subventionspolitik?
Wohlwissend, dass die wenigsten Solarunternehmen des Landes auf solche Preise vorbereitet sind, gab die chinesische Regierung im Frühjahr bekannt, ein massives Subventionsprogramm vorzubereiten. Unter anderem sollen Großanlagen (ab 50 KW) für die Herstellung von Solarstrom mit bis zu 20 Yuan (2,93 USD) je Watt Leistung subventioniert werden.
Dieser Wert liegt zwar über den durchschnittlichen Produktionskosten chinesischer Unternehmen, trotzdem sollte man ihn nicht als einen Garantieabnahmepreis für eine unendliche Menge an Solaranlagen sehen. Vielmehr zeigt die Konzentration auf staatlich genehmigte Projekte (statt einer Subvention für alle Anlagen), dass es der chinesischen Regierung in erster Linie darum geht, Unternehmen durch eigens lancierte Großaufträge gezielt zu retten und die Auslastung der Fabriken zu erhöhen. Immerhin: Die bisher vorwiegend auf den Export konzentrierten chinesischen Solarfabrikanten können damit rechnen, dass schon in zwei Jahren 20% der globalen Solaranlagen in der Heimat verkauft werden.
*Bankrott einiger Firmen wird nur verzögert
Eines scheint angesichts der aktuellen Konsolidierung der Branche allerdings klar zu sein: Zwar kann China mit einer so spendierfreudigen Subventionspolitik einige Unternehmen auf der Nachfrageseite vor den Folgen der globalen Wirtschaftkrise schützen, die Angebotsseite bleibt jedoch die Achillesferse der Branche. Die globalen Fertigungskapazitäten von voraussichtlich über 24 GW pro Jahr 2010 werden nur auf ein entsprechendes Angebot treffen, wenn Solarstrom auch ohne Subventionen die Netzparität (Kosten = Netzpreis) erreicht. Dafür müssen die Anlagenpreise weiter purzeln und zwar auf unter 1 USD je Watt Leistung.
Wenig Zweifel besteht daran, dass dieser Preis durch Skaleneffekte erreicht werden kann, wer es jedoch nicht in wenigen Jahren schafft die Kostenstruktur darunter zu drücken, droht Opfer eines radikalen Verdrängungswettbewerbs zu werden. Wie in vergleichbaren Branchen (Stw. Halbleiter) üblich, werden sich langfristig nur eine Handvoll Unternehmen durchsetzen, die einen Großteil des Weltmarktes unter sich aufteilen. Alle anderen werden entweder Konkurs anmelden, übernommen, zu reinen Zulieferfirmen oder sich auf eine Nische konzentrieren müssen.
*Dennoch: Chinesische Solaraktien haben riesige Chancen!
Ich empfehle die aktuelle Marktphase trotz dieser Risiken als Chance zu betrachten, denn in den kommenden 2 Jahren wird sich herausstellen, wer die Konsolidierungsphase in der Branche überleben wird und mit hohen Marktanteilen ausgestattet ist, wenn der Solarstrom die Netzparität (Kosten = Netzpreis) erreicht und somit auch ohne Subventionen konkurrenzfähig ist.
Auf die Gewinner des aktuellen Verdrängungswettbewerbs wartet eine goldene Epoche, denn ein Vergleich mit der Ölbranche genügt um zu erkennen um was für Summen es beim Thema Energie geht. Etwa ein Drittel der weltweiten Primärenergie wird mit Erdöl produziert und ExxonMobil fördert knapp 3% des weltweit verbrauchten Erdöls. ExxonMobil hat also “nur“ einen Weltmarktanteil von rund 1% in der globalen Energiegewinnung, aber eine Marktkapitalisierung von 340 Mrd. USD.
Erst in der vergangenen Woche veröffentlichte China Greentech Initiative eine Studie, die das Potential der Solar-Branche verdeutlicht: Alleine der chinesische Markt für erneuerbare Energietechnologie könnte, so die Studie, auf 500-1.000 Milliarden USD pro Jahr anwachsen!
MEIN FAZIT:
- Jene chinesischen Solar-Unternehmen, die am kostengünstigsten produzieren können, werden in der Zukunft keine Schwierigkeiten haben, ihre aktuell noch übergroß erscheinenden Fabriken auszulasten.
- Die Verlierer im Rennen um die Marktführerschaft werden nun aber nach und nach von der Bildfläche verschwinden.
Ich möchte Ihnen folgend zwei Beispiele aus der Solarbranche nennen, an denen Sie erkennen können worauf es nun ankommt. Das eine Unternehmen (Yingli Green Energy) hat aufgrund seiner günstigen Produktionskosten gute Karten im immer härter werdenden Wettbewerb, das Andere (LDK Solar) könnte aufgrund der hohen Verschuldung ernsthafte Probleme bekommen.
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.