Chinas Top-Performer: Lenovo immer stärker
Neben der fast schon unheimlichen Rallye an der NASDAQ und der im oberen ersten Teil des heutigen Reports erläuterten Vietnam-Stärke tauchen auch auffällig viele chinesische Aktien in meinen Screenings auf.
Ich weiß, nach den ganzen Skandalen um chinesische Aktien Deutschland und den USA wird es einigen von Ihnen wahrscheinlich schon die Nackenhaare aufstellen, wenn sie das Wort China in Verbindung mit Aktien nur hören. Das ist verständlich. Aber auch hier ist es, wie so oft, wichtig zu differenzieren. Lenovo, die ich Ihnen heute kurz vorstelle, gehört zu den international aufgestellten chinesischen Konzernen, die westlichen Technologiefirmen regelrecht das Fürchten lehren. Dabei macht der Computerriese eigentlich nichts besonderes, aber das was er macht, macht er sehr gut: Qualitativ hochwertige Produkte zu attraktiven Preisen herstellen.
Diese Strategie hat sich in den letzten Jahren vor allem im insgesamt stagnierenden bis leicht rückläufigen PC-Markt ausgezahlt. Lenovo hat sich von Anfang an auf diese schwierigen, von Preisdruck geprägten Bedingungen eingestellt und so immer mehr Marktanteile erobert.
Inzwischen sind ist die chinesische Legende (Lenovo hieß früher Legend Group) der größte PC-Hersteller der Welt. Das gelang nicht nur durch organisches Wachstum. Die Übernahme der PC-Sparte von IBM im Jahr 2005 war hier ein wichtiger Schritt. Aber was Lenovo daraus gemacht ist wirklich beeindruckend. Dabei ruht sich das Unternehmen nicht auf vergangenen Lorbeeren aus. Im zweiten Quartal 2014, in dem es im übrigen zum ersten Mal seit zwei Jahren weltweit wieder ein Wachstum bei den PC-Verkäufen gab, steigerte Lenovo die Zahl der verkauften PCs um 15 Prozent und zeigte damit der Konkurrenz erneut die Rücklichter (Asus +13 %; Dell +13%; Hewlett-Packard +9%; Acer -7%). Der Weltmarktanteil von Lenovo liegt nun bei 19 Prozent und der Vorsprung gegenüber HP wurde leicht ausgebaut.
Angriff auf den Smart-Phone-Markt
Mit dem Top-Slot im PC-Markt gibt sich das 1984 in Peking gegründete Unternehmen aber nicht zufrieden. Aktuell wird der Smartphone-Markt aufgerollt. Noch werden zwar knapp 80 Prozent der Umsätze mit Desktop-Computern und Notebooks erzielt. Die Smartphone-Verkäufe haben aber im Vergleich zum zweiten Quartal 2013 um 39 Prozent zugelegt und die Umsätze um 32 Prozent.
In China ist Lenovo nun auch bei Smartphones die Nummer eins. Mit einem Marktanteil von 12,5 Prozent liegt das Unternehmen knapp vor Xiaomi (12,4 Prozent), Coolpad (11,5 Prozent) und dem Technologiepartner von Borussia Dortmund, Huawei, mit 11,4 Prozent. Noch ist das Rennen um die Vorherrschaft hier also nicht entscheiden, aber Lenovo hat klare Größenvorteile und die Wachstumstendenz klar auf seiner Seite. Das Spannende an der Geschichte ist, dass Lenovo nun Motorola-Mobility, also die Handy- bzw. Smartphone-Sparte von Motorola kaufen möchte. War da nicht irgendwas? Ist Motorola nicht an Google verkauft worden? Ja, das ist korrekt, aber Google war nicht in der Lage den Verfall der Marktanteile zu stoppen und will das Smartphone-Geschäft nun an Lenovo weiter verkaufen.
Die beiden Firmen sind sich einig, der Kaufpreis liegt bei 2,9 Milliarden US-Dollar. Der Deal wurde bereits im Januar bekannt gegeben. Was noch fehlt ist aber die Zustimmung des "Committee on Foreign Investment in the United States".
Zuletzt hatte es Zweifel an einer Genehmigung gegeben, nachdem die US-Regierung es den beiden chinesischen Telekom-Giganten Huawei und ZTE untersagt hatte, Equipment an amerikanische Telekommunikations-Unternehmen zu verkaufen. Washington fürchtet sich vor einer Ausspähung durch versteckte Trojaner oder andere Tools. In dieser Woche hat sich der Wind nun aber gedreht. Lenovo erhielt die Genehmigung für die Übernahme der Low End-Server-Sparte von IBM (x86er). Diese Server werden unter anderem zur Verwaltung von Webseiten oder Software eingesetzt. Damit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass Washington dem Lenovo-Motorola-Deal zustimmt.
Damit würden die Chinesen auf ihrem Weg, den Marktanteil auch im Smartphone-Markt sukzessive zu steigern, wieder einen großen Schritt näher kommen. Die Parallelen zur Vorgehensweise im PC-Sektor sind unverkennbar. Natürlich bleibt die Frage, wie gut die Integration gelingt. Aber angesichts des großen Erfolgs mit den bestehenden Modellen ist es Lenovo zuzutrauen, Motorola als starke Marke im Low End-Segment des Smartphone-Markts zu etablieren. Etwas kritischer beurteile ich dagegen die Entscheidung von CEO Yang Yuanqing, nun auch noch den Markteintritt im Bereich Luftfilter, Router und Wearable Devices (Smart Glasses). Es gibt genug Unternehmen, die sich bei einem solchen Schritt schon verzettelt haben. Aber wenn es jemandem zuzutrauen ist, hierbei Erfolg zu haben, dann wohl Lenovo. Zumindest wenn man sich die bisherige Erfolgsbilanz bei Übernahmen betrachtet. Bewertungstechnisch ist die Aktie nun mit einem 2015er-KGV von 15 nicht mehr günstig. Ich rate dazu, vor Käufen einen Rücksetzer abzuwarten.
MEIN FAZIT:
Lenovo dringt immer weiter in einstige Domänen westlicher Technologiefirmen vor - und feiert dabei große Erfolge. Scherzhaft könnte man hier von der chronisch unterschätzen chinesischen Bedrohung sprechen. Clevere Anleger versuchen zumindest davon zu profitieren, in dem sie sich die Aktie langfristig ins Depot legen.
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.