Geldanlage-Report Armin Brack

Biotech-Investments - Warum Sie gar nicht vorsichtig genug sein können!?

26.10.15 11:39 Uhr

Biotech-Investments - Warum Sie gar nicht vorsichtig genug sein können!? | finanzen.net

In der letzten Ausgabe habe ich Ihnen am Beispiel Anavex aufgezeigt, wie das immer noch relativ positive Umfeld für Biotech-Aktien ausgenutzt wird, um Kurse auf reiner Hoffnungs-Basis nach oben zu pushen.

Der Hype um Anavex geht weiter. Nachdem Daniel Ward auf Seeking Alpha am Dienstag einen neuen kritischen Artikel auf Seeking Alpha veröffentlicht hatte wurde er von (bezahlten?) Anavex-Fans regelrecht in der Luft zerrissen. Insgesamt handelte er sich sage und schreibe 472 überwiegend negative Kommentare auf seine Kritik ein.

Das zeigt: Die Marketingkampagnen scheinen Wirkung zu zeigen. Anavex scheint sich eine Anhängerschaft erarbeitet zu haben, die eine Art Kult um das Unternehmen aufbauen und sich vollkommen von der Realität entfernen.

Anavex: Zweifelhaft positive Darstellung der Ergebnisse

Konkret: Die exemplarisch positiven Ergebnisse bei den EEG/ERP P300-Biomarker-Signalen sind statistisch nicht relevant. Die angesprochenen Amplituden, die angeblich viermal so hoch waren wie bei Donepezil, werden von neutralen Experten als kaum relevant betrachtet, weil die Ausschläge von Patient zu Patient (und auch bei gesunden Menschen) stark variieren. Es kann sich also um reine Zufälle gehandelt haben.

Auch die von Anavex dargestellte Korrelation der P300-Amplituden mit dem Ergebnis der kognitiven Messungen ist statistisch nicht relevant. Ohnehin ist laut Fachleuten, weniger die P300-Amplitude aussagekräftig als die P300-Latenz.

In Kurzform: Alle Aussagen neutraler Experten, die ich bisher gelesen habe, sind eher negativ. Das deutet darauf hin, dass die Zwischenergebnisse von Anavex klar zu positiv dargestellt worden sind. Das Unternehmen hat so den Hype um die Aktie bewusst mit ausgelöst.

Aber zurück zur eigentlichen Thematik: Im Geldanlage-Report vom 1. August erläuterte ich Ihnen am Beispiel der Performance des StockGumShoe-Biotechexperten Dr. KSS (Pseudonym) wie selbst neutrale Kenner der Materie immer und immer wieder mit ihren Einschätzungen daneben liegen.

Dr. KSS: Die Bilanz wird schlechter und schlechter

Seither hat sich seine Bilanz noch weiter verschlechtert. Zu den Flops bei seinen Top-Empfehlungen Benitec (BNTC; minus 50 Prozent) und Celladon (CLDN; minus 87 Prozent) sowie Achaogen (US-Kürzel AKAO; - 49 %), Arrowhead Research (ARWR; -48 %), Actinium Pharmaceuticals (ATNM; -67 %); Novabay (NBY; -51 %) und Regado Biosciences (RGDO; -79 %; inzwischen nicht mehr gelistet), kamen nun mit den in der vergangenen Woche abgestürzten Zafgen (ZFGN) und Relypsa (RLYP) noch zwei weitere dazu. Die Buchgewinne bei seinem bisher einzigen Volltreffer Esperion Therapeutics (ESPR) sind inzwischen von in der Spitze über 600 Prozent auf derzeit nur noch knapp 40 Prozent zusammengeschmolzen.

Unter dem Strich ist das im Vergleich zur starken Benchmark (NASDAQ Biotech-Index) eine fast schon katastrophale Bilanz der letzten 18 Monate. Nur um das nochmal klarzustellen: Es geht mir nicht darum, Dr. KSS übermäßig zu kritisieren oder gar an den Pranger zu stellen. Im Gegenteil: Seine Analysen gehören mit zum besten und lehrhaftesten, was ich in der "Populär-Literatur" zum Thema Biotech bisher gelesen habe.

Zwar ist der Zeitraum für eine abschließende Beurteilung seiner Arbeit bzw. seiner Performance eindeutig noch zu kurz, aber selbst wenn er es nur schaffen möchte, an die Performance der Benchmark heranzukommen, braucht er künftig einige echte Volltreffer.

MEIN FAZIT:

Für uns als relative Laien kann es vor diesem Hintergrund eigentlich nur eine Schlussfolgerung geben: Betätigen Sie sich nicht als Glücksritter und meiden Sie Investments in einzelnen Biotechaktien, insbesondere wenn es sich um Forschungsunternehmen handelt, die bisher noch kein Produkt auf dem Markt haben und/oder extrem von der Zulassung und dem kommerziellen Erfolg eines einzelnen Wirkstoffkandidaten abhängig sind.

Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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