Für nervenstarke Anleger
Auf Schnäppchenjagd in Griechenland
Mitte Januar habe ich erstmals seit langem wieder angeregt, einen Blick auf die Börse in Athen zu werfen. Meine erste Griechenland-Empfehlung, die ich am 22. Januar im EMERGING MARKETS TRADER abgab, liegt bereits knapp 10 Prozent im Plus. Doch ist jetzt wirklich schon der Zeitpunkt für einen Einstieg in griechische Aktien gekommen?
Griechenlands Aktienmarkt ist schon seit Jahren nur etwas für nervenstarke Anleger. Und in den letzten Wochen hat sich die Lage wieder zugespitzt. Seit das Linksbündnis Syriza (wie erwartet) die Wahlen gewann, ist die Volatilität enorm gestiegen. Tagesbewegungen von über 5 Prozent in die eine oder andere Richtung sind inzwischen wieder völlig normal.
Was passiert mit Griechenlands Banken?
Das Auf und Ab spiegelt die Verhandlungen der Griechen mit ihren europäischen Gläubigern wider, die gerade kräftig an den Nerven der Investoren zerren. An einem Tag schockiert die Tsipras-Regierung mit Drohgebärden, am nächsten Tag zeigt sie sich dann wieder zahm und kooperativ. Und die europäischen Politiker verhalten sich ganz ähnlich. Sie strecken dem neuen Finanzminister am Morgen die Hand aus, nur um ihm dann am Abend wieder klare Grenzen zu ziehen.
Dieses Gezerre und die daraus entstehende Unsicherheit sind schon an sich ein hohes Risiko. Die Hauptgefahr besteht zurzeit darin, dass sich der Run auf die griechischen Banken verselbstständigt, der sich letzte Woche verstärkt hat. Denn seit Mittwoch dürfen die Institute bei der Europäischen Zentralbank keine griechischen Anleihen mehr als Sicherheiten hinterlegen, um sich zu refinanzieren. Dass im Gegenzug die EZB den griechischen Banken Notfallkredite in Höhe von bis zu 60 Milliarden Euro eingeräumt hat, ist für viele griechische Sparer keine Beruhigung, sondern eher ein Warnsignal.
90 Prozent unter dem Höchststand
Noch ist völlig unklar, wie diese Neuauflage der Griechenland-Krise ausgehen wird. Und solange die Verhandlungen der griechischen Regierung mit den Gläubigern anhalten, sind für griechische Aktien starke Nerven gefragt. Auf mittlere Sicht bietet der griechische Aktienmarkt aber durchaus auch Chancen.
Denn wie ich an dieser Stelle bereits dargelegt habe: Griechische Aktien liegen zurzeit absolut am Boden. Der Athex notiert zwischenzeitlich bei unter 550 Punkten. Vor der großen Krise im Jahr 2007 war der Markt noch mehr als 10 Mal so hoch bewertet. Und dabei gibt es viele börsennotierte Unternehmen in Griechenland, die auch heute nicht schlecht dastehen.
Mein Fazit: Es gibt am griechischen Aktienmarkt jetzt wieder sehr interessante Schnäppchen. Für mich kommen vor allem Aktien von Unternehmen in Frage, die günstig bewertet sind, solide Bilanzen haben und die selbst von einem Austritt des Landes aus der Eurozone möglichst wenig betroffen wären. Kürzlich bin ich mit diesen Kriterien bereits fündig geworden, und habe die Aktie einer griechischen Gesellschaft zum Kauf empfohlen, die ihren Gewinn zuletzt sogar gesteigert hat. Und die Ausschüttungen sind so hoch, dass die Dividendenrendite in Zukunft bei mindestens 5,5% liegen dürfte.
Florian Schulz ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Emerging Markets und Chefredakteur des Emerging-Markets-Trader Börsenbriefs. Mehr Infos unter: www.emerging-markets-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.