Stoppt Indien den Aufwärtstrend an den Börsen?
Nachdem der DAX zur Wochenmitte den Widerstand bei 6.000 Punkten mühelos übersprang, konnte er dieses Niveau am Freitag nicht halten.
Neben dem Drama um die griechischen Staatsschulden spielten neue Sorgen um die Nachhaltigkeit des weltweiten Konjunkturaufschwungs die Hauptrolle am Aktienmarkt. Auslöser war die indische Notenbank, die überraschend den Leitzins anhob, nachdem die Inflationsrate auf den höchsten Stand seit 16 Monaten gestiegen war. Es ist die erste Zinserhöhung in Indien seit Juli 2008. Das ist deshalb so bedeutend, weil auch andere Emerging Markets wie China, Brasilien und Indonesien dem Beispiel folgen könnten. Genau diese Länder sind aber derzeit die Wachstumsmotoren der Weltwirtschaft. Und: Steigende Zinsen sind nie gut für den Aktienmarkt.
Konzeptlose Bundesregierung
Daneben waren es wieder einmal die Griechen, die den Anlegern die Stimmung verdarben. Das Hin und Her spottet jeder Beschreibung. Zur Wochenmitte sah es so aus, als sei die Griechenland-Hilfe in trockenen Tüchern, dann machte die Bundesregierung einen Rückzieher, als sie wieder den Internationalen Währungsfonds (IWF) ins Spiel brachte und damit ein Hilfspaket durch die EU in Frage stellte. Die Griechen wiederum wollen nun Klarheit haben und fordern eine definitive Entscheidung auf dem EU-Gipfel in der nächsten Woche. Da war sie wieder, die Verunsicherung, von der die Anleger dachten, sie wäre zurückgedrängt. Der Euro fiel nach einem kräftigen Anstieg an den Vortagen wieder zurück. Unabhängig davon, welche Art von Hilfen den Griechen gewährt wird, ist das chaotische Auftreten der Bundesregierung höchst unprofessionell. Klare Linie, Konzept? Fehlanzeige! Am Donnerstag scheint man das auch in der CDU erkannt zu haben, jedenfalls scheint eine Art Zurückrudern in Gang gekommen zu sein. Das Thema Griechenland dürfte uns daher bis zum EU-Gipfel nächste Woche noch erhalten bleiben.
adidas profitiert von Nike
Einen kräftigen Sprung nach oben machte die adidas-Aktie, die von guten Nachrichten vom Konkurrenten Nike profitierte. Dank des starken Wachstums in den Schwellenländern konnte Nike den Gewinn im dritten Geschäftsquartal auf 496 Mio. USD mehr als verdoppeln. Der Umsatz wuchs um sieben Prozent auf 4,7 Mrd. USD. Damit wurden die Analystenschätzungen deutlich geschlagen. adidas rechnet bislang trotz Fußball-WM in diesem Jahr nur mit einem Umsatzwachstum im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich. Die adidas-Käufer setzen nun ganz offensichtlich darauf, dass auch beim Sportartikelhersteller aus Franken die Prognose zu konservativ ist.
DAX fällt wieder unter die 6.000er Marke
Mit der neuen Verunsicherung ist auch der Aufschwung am Aktienmarkt ins Stocken geraten. Der DAX rutschte zum Wochenschluss wieder unter die Marke von 6.000 Zählern ab. Trotzdem bleiben charttechnisch gesehen die Aussichten positiv, solange der DAX den Support bei 5.850 Zählern halten kann. Doch der Aktienmarkt bleibt schwankungsanfällig. Sollte das Griechenlanddrama auf dem EU-Gipfel nächste Woche endlich beigelegt werden, könnte dies dem Euro und den Märkten einen Schub nach oben geben.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.