DAX kämpft sich über die 6.000er Marke
Die Bankaktien stehen wieder einmal im Mittelpunkt.
Nach Bekanntgabe der Teilnehmer des sogenannten Stresstests gehen die Investoren davon aus, dass die Banken – darunter die Deutsche Bank und die Commerzbank – keine Probleme haben werden. Allerdings hört man auch die von uns bereits im DV 48/2010 geäußerten Bedenken immer öfter. Der ganze Stresstest sei eine Farce, so die härtesten Urteile der Marktteilnehmer.
Werden die Banken gar nicht richtig getestet?
Am 23. Juli sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden. Schon jetzt ist bekannt geworden, dass beispielsweise griechische Staatsanleihen, die eine Bank hält, zu einem Bewertungsabschlag von 17 Prozent führen sollen. Das wäre in der Tat ein Witz, denn derzeit werden Griechenlandbonds am Markt mit einem größeren Abschlag gehandelt, d.h. es würde nicht einmal eine Neubewertung auf Marktniveau vorgenommen. Ähnlich soll es auch bei den anderen Staatspapieren aussehen, die in den Bankdepots schlummern. Auf der anderen Seite würden zu strenge Tests unweigerlich dazu führen, dass viele Banken durchfallen, was wieder Chaos an den Märkten erzeugen würde. So hat man sich wohl für das Beste vom Schlechten entschieden und einen Streicheltest kreiert, den die Banken bestehen, der aber in keinem Fall als vertrauensbildende Maßnahme durchgehen dürfte. Nur eine echte Transparenz kann dazu führen, dass sich der Finanzsektor normalisiert.
Zinsen bleiben unverändert
Der Finanzsektor ist auch eines der Hauptprobleme der Europäischen Zentralbank (EZB), die am Donnerstag wie erwartet nicht an der Zinsschraube gedreht hat. Viel spannender ist jedoch die Frage, wie sich die EZB verhalten soll, falls doch eine Bank den Stresstest nicht besteht? Eine konkrete Antwort hierauf gab es heute jedenfalls nicht. Auch über den Zeitpunkt, ab dem die EZB den Liquiditätshahn wieder zudrehen wird, kann man nur spekulieren. Nachdem in der letzten Woche die Banken Kredite in Höhe von 442 Mrd. Euro ohne Probleme zurückzahlen konnten, scheint klar, dass die Liquiditätsversorgung Fortschritte macht und die Befürworter eines restriktiveren Kurses ein neues Argument an die Hand bekommen haben. Auf der Pressekonferenz gab es hierzu von Notenbankchef Trichet allerdings auch nur die bekannten Allgemeinplätze und die Aussicht, dass es so schnell keine Zinserhöhung geben wird. Fazit: Keine Kursänderung bei der EZB in Sicht. Einen Nicht-Zinsentscheid gab es auch noch in Großbritannien. Die Bank of England drehte trotz hohem Preisdrucks nicht an der Zinsschraube und hält zudem an ihrem Ankaufprogramm für Anleihen im Volumen von 200 Mrd. GBP fest. Dies kann man als sicheres Indiz dafür werten, dass die Bank of England ihren Fokus derzeit voll und ganz auf die Stützung der britischen Konjunktur gelegt hat.
IWF erhöht Wachstumsprognose
Positive Konjunkturnachrichten gab es vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der dank des starken ersten Halbjahrs seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft für 2010 auf 4,6 Prozent erhöht hat, Die letzte Schätzung im April war noch von einem Wachstum von 4,2 Prozent ausgegangen. Keine Änderung gab es für die Prognose 2011, die nach wie vor bei +4,3 Prozent liegt. Ein leichter Stimmungsdämpfer, der sich bislang jedoch nicht an den Märkten auswirkte, war der Hinweis auf größer gewordene Wachstumsrisiken wegen der Probleme auf den Finanzmärkten.
DAX hat sein Gleichgewicht noch nicht gefunden
So ist es kein Wunder, dass die Aktienmärkte nach wie vor keinen neuen Trend gefunden haben. Immerhin konnte der DAX die 6.000-Punkte-Marke wieder zurückerobern und somit wenigstens die Seitwärtsbewegung behaupten. Nachdem sich die Charttechnik dadurch wieder verbessert hat, könnte auch ein neuer Anlauf auf die Jahreshochs bei 6.340 Punkten erfolgen. Größere Kursavancen scheinen jedoch aufgrund der im zweiten Halbjahr erwarteten Verlangsamung des Aufschwungs und von Risiken wie der hohen Staatsverschuldung, der Probleme im Finanzsektor, etc. eher unwahrscheinlich.
Fazit:
Der DAX ist derzeit weder Fisch noch Fleisch. Die Seitwärtsbewegung ist weiterhin intakt, auch wenn derzeit die Bullen wieder die Oberhand zu gewinnen scheinen.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.