DAX: Trotz Belastungen weiter nach oben?
Die Anleger müssen derzeit mit einer ganzen Fülle von Daten klar kommen.
In den USA ist die Quartalssaison richtig in Gang. Aus China kommen neue starke Wachstumszahlen, die Ängste vor einer weiteren Zinsanhebung schüren und in Euroland wird erstmals über eine Entschuldung Griechenlands, verbunden mit einem Schuldenschnitt, diskutiert.
US-Banken enttäuschen
Die US-Großbank Wells Fargo verzeichnete im vergangenen Jahr zwar einen Rekordgewinn, enttäuschte die Anleger aber wegen einem schrumpfenden Hypothekengeschäft trotzdem. Bei Goldman Sachs musste man das Haar in der Suppe dagegen nicht lange suchen. Der Überschuss von 2,2 Milliarden Dollar bedeutet für die erfolgsverwöhnte Bank, dass im vierten Quartal gut die Hälfte des Gewinns verloren wurde. Auch die anderen Bankaktien wurden in der Folge nach unten gezogen. Mit American Express enttäuschte ein weiterer Großer der Finanzbranche. Wegen hoher Restrukturierungskosten wurden die Erwartungen beim Kreditkartenanbieter nicht erreicht. Die positive Ausnahme in der Branche bildete Morgan Stanley. Der Gewinn von 836 Mio. USD im Schlussquartal lag über den Erwartungen der Analysten. Dennoch: Auch wenn noch weitere wichtige US-Banken berichten werden, ist schon jetzt klar, dass die Bäume für die Finanzindustrie nicht in den Himmel wachsen.
Gute Ergebnisse bei Apple und IBM
Aus dem Technologiesektor kamen dagegen gute Nachrichten, zumindest was die Zahlen anbelangt. Computerriese IBM hat im vierten Quartal 2010 satte 5,3 Mrd. USD verdient und die Gewinnerwartungen von 4,08 USD je Aktie um zehn Cents übertroffen. Neben General Electric und Google konnte auch Apple glänzen. Dank iPad, iPhone und Mac-Computer hatte der Konzern ein glänzendes Weihnachtsgeschäft und ein überragendes Schlussquartal. Auch der Ausblick fiel sehr vielversprechend aus. Dass die Apple-Aktie zweitweise dennoch einbrach, lag an der Ankündigung von Apple-Gründer Steve Jobs, sich wegen seiner Krankheit aus dem Tagesgeschäft wieder einmal zurückzuziehen. Tim Cook, der bereits siebenmal für Jobs eingesprungen ist, wird auch diesmal an die Apple-Spitze rücken. Zwar wäre es ein herber Verlust, sollte Steve Jobs sich ganz aus dem Unternehmen zurückziehen, doch das steht momentan nicht auf der Agenda. Der Kursrückgang bei Apple ist daher übertrieben.
China wächst rasant
Das chinesische Bruttoinlandsprodukt ist im vierten Quartal 2010 um 9,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Analysten hatten im Schnitt mit einem Plus von 9,4 Prozent gerechnet. Die konjunkturelle Dynamik hat sich damit zum Jahresende wieder deutlich verstärkt, allen Bremsversuchen von Regierung und Notenbank zum Trotz. Sorgen bereitet insbesondere der anhaltende Inflationsdruck. So sind die Nahrungsmittelpreise im Dezember um 9,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen. Schon alleine diese Zahl verdeutlicht den Ernst der Lage. Ich rechne daher damit, dass die chinesische Zentralbank ihre Anstrengungen zur Eindämmung der Inflation noch weiter verstärken wird. Befürchtungen, wonach die Konjunktur abgewürgt werden könnte, halte ich aber für übertrieben, denn daran hat die chinesische Führung kein Interesse. Trotz einer restriktiveren Goldpolitik wird das Wachstum in China meiner Meinung nach stark bleiben.
Euroland: Wie von den Schulden weg kommen?
Zwar ist es zuletzt etwas ruhiger um die nach wie vor schwelende Euro-Schuldenkrise geworden. Das könnte sich jedoch bald wieder ändern. Bislang wurde durch die Hilfsmaßnahmen für Länder wie Griechenland nur Zeit erkauft. Im Falle der Hellenen gibt es in der EU inzwischen offenbar Überlegungen hinsichtlich einer Umschuldung, um den Griechen einen Neuanfang zu ermöglichen. Ohne neue Maßnahmen werden die Schulden der Griechen bis 2014 trotz des Hilfspaketes auf 165 Prozent des BIP weiter steigen. Bei einer Umschuldung, die nichts anderes als ein Schuldenschnitt wäre, würde es auch die privaten Anleger treffen. Ich rechne damit, dass es trotz der umgehend erfolgten Dementis früher oder später zu einem solchen Schritt kommen wird.
DAX legt Verschnaufpause ein
Mit dem Rückfall unter die Marke von 7.100 Punkten hat der DAX seine Aufwärtsbewegung unterbrochen. Aus charttechnischer Sicht ist eine Konsolidierung nach den Kursgewinnen der letzten Tage jedoch kein Beinbruch, zumal der mittelfristige, im Oktober 2010 begonnene Aufwärtstrend weiterhin intakt ist.
Fazit:
Nach einem guten Start in die US-Quartalsaison hat es nun bei den Banken erste Enttäuschungen gegeben. Insgesamt ist das Bild bislang jedoch überwiegend positiv. Auch wenn die Aktien nun eine Verschnaufpause einlegen, bleibt der mittelfristige Trend doch nach oben gerichtet.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.