DAX: Startschuss für eine Erholung?
Dass der Deutsche Bundestag der Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zustimmt, war vorher klar.
An den Märkten – Bund-Future und Euro reagierten nur moderat – gab es daher auch kaum eine Resonanz auf das Votum. Zumal: In der Sache bleibt die Lage kritisch. Deutschland ist nur eines von 17 Euroländern, das der Aufstockung zustimmen muss. Gibt es nur in einem Land ein Nein – vor allem in der Slowakei gibt es starke Vorbehalte – dann müsste man von vorne anfangen. Für Griechenland wäre es dann wohl zu spät.
Noch ist kein Problem gelöst
Abgesehen davon ist es sowieso fraglich, ob eine weitere Ausweitung der Kredite Griechenland wirklich helfen kann. Immer mehr Details sickern durch, warum die Troika aus EU, IWF und EZB im September unverrichteter Dinge aus Athen wieder abgereist ist. Ganz offenbar gibt es eine Diskrepanz zwischen dem, was die Regierung in Athen beschließt und dem, was dann wirklich umgesetzt wird oder umgesetzt werden kann. Offensichtlich werden Zusagen nicht eingehalten und/oder der Regierung in Athen entgleitet die Kontrolle über das Land. So gibt es Berichte über eine wachsende Zahl an Steuerverweigerern. Ob die Idee, die neue Grundsteuer deshalb einfach mit der Stromrechnung einzuziehen aufgeht, ist fraglich. Damit hören die Probleme nicht auf. Die Beamten in den Dienststellen weigern sich, den beschlossenen Stellenabbau voranzutreiben. Immer wieder gibt es Streiks in allen möglichen Bereichen. Wo soll das noch hinführen? Es wird immer deutlicher, dass die Verwaltung – man spricht von 700.000 Beamten und 600.000 Angestellten in Staatsbetrieben – nicht reformwillig ist. Dabei gibt es nur rund 10,7 Mio. Griechen. Dass ein so kleines Land nicht 1,3 Mio. Staatsbedienstete durchschleppen kann, liegt auf der Hand. Verwunderlich ist einzig, dass es so lange funktioniert hat. Doch wie will man Griechenland wieder auf ein solides Fundament stellen? Ich habe immer noch von keinem Konzept gehört, das wirklich das Potenzial hätte, einen erfolgreichen Neustart zu gewährleisten. Nur eines ist klar: Sparen allein ist zu wenig.
US-Wirtschaft wächst stärker als gedacht
Natürlich gab es in dieser Woche auch noch wichtige andere Meldungen, die aber etwas ins Hintertreffen rückten. Der deutsche Arbeitsmarkt zeigte sich im September sehr stark. Die Arbeitslosenquote sank auf ein 20-Jahres-Tief von 6,6 Prozent. Angesichts der drohenden Wachstumsabschwächung ist jedoch eine nachlassende Dynamik am Jobmarkt zu beobachten. Dennoch: Von Krisenstimmung ist der Arbeitsmarkt derzeit weit entfernt. Auch aus Amerika kamen unerwartet gute Meldungen. Die Auftragseingänge für Investitionsgüter stiegen im August um 1,1 Prozent. Analysten waren im Schnitt von einem Plus von 0,4 Prozent ausgegangen. Das macht Hoffnungen für das vierte Quartal. Für das zweite Quartal wurde in der dritten Schätzung des US-Handelsministeriums das BIP-Wachstum auf annualisierte 1,3 Prozent nach oben korrigiert. Auch diese Zahl liegt über den Analystenerwartungen.
DAX hält sich gerade so über 5.500 Punkten
Am Aktienmarkt haben – zumindest zeitweise – wieder die Bullen die Oberhand gewonnen.. Der DAX hat nach dem Ausbruch über den Widerstand bei 5.500 Punkten diese Marke drei Tage in Folge verteidigt, bevor er am Freitag aufgrund neuer Sorgen um die Weltkonjunktur und schwacher Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen in Deutschland wieder darunter absackte. Die Chance, dass ein tragfähiger Boden gefunden wurde und die Talfahrt beendet ist, ist dennoch gestiegen. Für eine Entwarnung ist es aber noch zu. Nach unten bleibt die Unterstützung bei 5.500 Punkten maßgeblich. Sollte der DAX doch wieder signifikant unter diese Marke zurückfallen, ist ein neuer Test der 5.000 Punkte zu erwarten.
Fazit:
Die Euro-Schuldenkrise geht ins nächste Kapitel mit offenem Ausgang. An den Märkten scheint inzwischen jedoch sogar eine Griechenland-Pleite zumindest teilweise eingepreist. Doch es gibt auch positive Signale. Der DAX könnte nach dem Break der 5.500 Punkte zu einer Erholungsbewegung ansetzen.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.