DAX: Nur ein kurzer Rückschlag?
Am Donnerstag war es wieder einmal so weit. Die Europäische Zentralbank tagte und entschied wie erwartet: Die Zinsen in der Eurozone bleiben unangetastet.
Mit Spannung wurde das Statement von Notenbankchef Trichet erwartet. Die Mehrheit der Analysten ging vor der Sitzung davon aus, dass die EZB ihre Konjunkturprognose anheben würde.
EZB hebt Erwartungen an
Und in der Tat sollten sich diese Erwartungen erfüllen. Für das BIP in der Eurozone 2009 erwartet die EZB nun ein Minus zwischen -3,8 und -4,4 Prozent. Zuvor lagen die Erwartungen in einem Intervall von -4,1 und -5,1 Prozent. Auch für 2010 wurden die Erwartungen auf -0,5 bis +0,9 Prozent (zuvor: -1,0 bis +0,4 Prozent) erhöht. Trotz der nicht mehr ganz so düsteren Wirtschaftsprognose warnte Trichet vor zu großem Optimismus: Die Unsicherheit bleibe hoch und die Erholung werde holprig verlaufen, so der Notenbankchef. Die Inflation bezeichnete Trichet als verhalten. Die EZB erwartet jedoch, dass die Teuerungsrate in den nächsten Monaten wieder in den positiven Bereich zurückkehren wird. Alles in allem wartete die EZB mit keinen weltbewegenden Nachrichten auf. Demensprechend gering waren die Kursbewegungen an der Börse.
Kurstreiber US-Konjunkturdaten
Viel mehr Bewegung entfachten dagegen die US-Konjunkturdaten, die in dieser Woche veröffentlicht wurden. Einen regelrechten Absturz legte der Markt am Dienstag hin, als die Arbeitsmarktdaten der monatlichen Erhebung von ADP bekannt wurden. Danach wurden im August von privaten Unternehmen 298.000 Jobs gestrichen. Volkswirte hatten im Schnitt mit 250.000 Stellenstreichungen gerechnet. Das sorgte für negative Erwartungen hinsichtlich des offiziellen Arbeitsmarktberichts am Freitag. Diese bestätigten sich nur zum Teil: Zwar war der Stellenabbau mit -216.000 so gering wie seit August 2008 nicht mehr, dafür schoss aber die Arbeitslosenquote weiter von 9,4 auf 9,7 Prozent nach oben. Damit bestätigten sich nicht die Hoffnungen, die Arbeitslosequote hätte bereits im Juni mit 9,5 Prozent ihren Höhepunkt erreicht.
„Riesiger“ Ölfund lässt Ölpreis unbeeindruckt
Angesichts der Funktion des Rohöls als Schmierstoff der Konjunktur würde sich so mancher ein höheres Ölangebot wünschen, um dauerhaft die Preise in Zaum zu halten. Kurzzeitig keimte nach Meldungen über einen riesigen Ölfund im Golf von Mexiko durch den britischen Ölkonzern BP Hoffnung auf, dass in Sachen Ölförderung vielleicht doch noch nicht das letzte Wort gesprochen sei. Der Ölpreis bewegte sich im Gegensatz zur BP-Aktie jedoch fast nicht. Der Grund: Das große Ölfeld, das BP bei Tiefwasserbohrungen entdeckte, liegt in einer Tiefe von 11.000 Metern. Die Förderung wird daher zum einen technisch schwierig und zum anderen auch teuer. Zudem wird die Förderung wohl frühestens 2014 starten können. Nüchtern betrachtet gibt die Meldung also keinen Anlass zur Euphorie. Der Ölpreis wird daher wie bisher auch vor allem von den Hoffnungen bzw. Befürchtungen hinsichtlich der Erholung der Weltkonjunktur geleitet werden.
DAX legt Verschnaufpause ein
Die Wall Street konnte sich am Freitag nicht so recht entschließen, wie sie die US-Arbeitsmarktdaten einordnen soll. Insgesamt gab es nach dem weltweiten Kursrutsch am Dienstag eine Stabilisierung an den Börsen. Letztlich ist dafür die Ankündigung vieler Notenbanker und Wirtschaftspolitiker weltweit verantwortlich, dass die Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft aufrecht erhalten werden. Das überdeckt die Momentaufnahme der einen oder anderen Wirtschaftsstatistik. Ob dies aber ausreicht, um dem DAX weiteren Auftrieb zu geben, wird sich eventuell nächste Woche zeigen. Erst wenn der Widerstand bei 5.480 Zählern überwunden würde, könnte mit einer Wiederaufnahme der Rallye gerechnet werden. Bei einem erneuten Unterschreiten der Marke von 5.300 Punkte drohen dagegen weitere Kursverluste.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.