DAX: Lässt der Schwung schon wieder nach?
Die Hoffnung, dass die Politik endlich Nägel mit Köpfen macht und dass die Euro-Rettung durch die Parlamente ...
... abgesegnet wird, hat die Aktienmärkte in den letzten Tagen noch oben getrieben. Die Slowaken haben als letztes Euro-Land in einer neuen, zweiten Abstimmung dem Euro-Rettungsschirm zugestimmt, damit sind zumindest diese Erwartungen aufgegangen. Ob die Politik nach dem Trauerspiel der letzten Monate aber die Kurve kriegt und die Weichen für eine sichere Zukunft des Euroraums endlich stellt, ist nach wie vor fraglich.
Auch der Rettungsschirm ist kein Allheilmittel
Kein Wunder also, dass die Erleichterungsrallye an den Börsen allmählich ausläuft, denn die Probleme der Euro-Schuldenstaaten sind ja immer noch nicht gelöst. Zwar scheint Griechenland mit der nächsten Tranche des Hilfskredits rechnen zu können, doch wie das Land sein Verwaltungs- und Wirtschaftsproblem in den Griff bekommen soll, ist weiterhin offen. Letztlich ist bislang noch nicht wirklich etwas Signifikantes zur Lösung der Krise unternommen worden, außer dass wieder einmal Zeit gekauft wurde. Die vollmundigen Ankündigungen von Kanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy, dass die Rettung nahe sei, sind mit Vorsicht zu genießen. Deutschland und Frankreich bereiten die Banken mehr oder weniger offen auf eine Pleite Griechenlands vor. Anders sind die Zeichen wie die Diskussion um eine Bankenrekapitalisierung nicht zu deuten. Bankaktien bleiben daher ein riskantes und volatiles Investment.
Alcoa enttäuscht
Am Dienstag eröffnete der Aluminiumkonzern Alcoa die neue Quartalssaison in den USA und publizierte wie befürchtet eine Enttäuschung. Die Gewinnzahlen liegen mit 0,15 USD sehr stark unter den Prognosen von 0,22 USD je Aktie. Im Vergleich zum Vorquartal, als 0,28 USD verdient wurden, ist ein regelrechter Gewinneinbruch zu verzeichnen. Der Umsatz fiel im Quartalsvergleich um drei Prozent. Diese Zahlen schürten die Konjunkturängste bei so manchem Anleger. Alcoa spürt das langsamere Wachstum der Weltwirtschaft und geht auch für den Rest des Jahres von trüben Aussichten aus. Positive Überraschungen lieferten dagegen zum Wochenschluss die beiden Technologieaktien Google und SAP, doch die sind traditionell besser gegen Konjunkturschwankungen gefeit.
JP Morgan überrascht nur auf den ersten Blick
Ausgerechnet ein Finanzwert wartete mit einer faustdicken Überraschung auf. JP Morgan hat mit einem Nettogewinn von 4,3 Mrd. USD die Erwartungen von 3,96 Mrd. USD mehr als deutlich übertroffen. Allerdings gibt es hier einen Haken: Nur durch Bilanzkosmetik wurde das gute Ergebnis möglich. So wurden die eigenen Schulden in der Bilanz neu bewertet. Ohne diese Maßnahme wäre ein Gewinn je Aktie von 0,73 USD angefallen, so stehen 1,02 USD in den Büchern. Der Grund liegt in deutlich sinkenden Erträgen im Investmentbanking. Die Analysten hatten mit einem Gewinn je Aktie von 0,91 USD gerechnet. Die Anleger reagierten daher enttäuscht, auch weil weitere Risiken für die US-Banken lauern. Vor allem die Banken mit einem starken Investmentbanking-Standbein bergen Enttäuschungspotenzial. Alleine bei JP Morgan stehen Anleihen aus den EU-Wackelstaaten in Höhe von 15,1 Mrd. USD in den Büchern. Spannend wird es wieder am Montag: Zum Wochenstart steht mit der Citigroup die nächste US-Großbank auf dem Finanzkalender, im weiteren Wochenverlauf folgen Goldman Sachs und die Bank of America.
Hat der DAX sein Pulver verschossen?
Die Erholungsbewegung beim DAX könnte am Widerstand bei 6.000 Punkten enden. Zwar startete der DAX mehrere Ausbruchsversuche, bislang allerdings ohne Erfolg. Zwar ist ein neuer Anlauf weiterhin möglich, solange sich der DAX an der 5.900-Punkte-Marke hält, doch aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen scheint es eher unwahrscheinlich, dass eine Fortsetzung der Rallye folgt. Hierfür wären signifikant gute Nachrichten von den Unternehmen und/oder der Euro-Schuldenkrise nötig. Beides ist jedoch nicht unbedingt zu erwarten.
Fazit:
Die Hoffnungsrallye dürfte ausgelaufen sein, nun müssen neue harte Fakten her, sollen die Kurse weiter steigen. Es wäre daher keine Überraschung, wenn der Aktienmarkt wieder in eine volatile Seitwärtsbewegung einschwenken würde.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.