DAX: Angst vor Ölpreisexplosion stoppt die Hausse
Was Inflationsängste und andere Risikofaktoren nicht bewirkten, ...
... schaffte nun die Zuspitzung der Krise in Libyen: Der DAX und die anderen wichtigen Indizes setzten zu einer ausgewachsenen Korrektur an, deren Ende trotz des Kursanstiegs am Freitag noch nicht absehbar ist. Auf der anderen Seite profitieren der Ölpreis sowie Gold und Silber als klassische Kriseninvestments. Industriemetalle stehen dagegen aufgrund der neuen Konjunkturangst unter Abgabedruck.
Wie ernst ist die Lage in Libyen wirklich?
Libyen ist einer der größten Erdölproduzenten der Welt. Die Reserven des Landes sind mit geschätzten 45 Mrd. Barrel die größten in ganz Afrika. Zum Vergleich: Die Erdölweltmacht Saudi-Arabien verfügt über Reserven von 264 Mrd. Barrel. Mit einer täglichen Förderung von 1,6 Mio. Barrel pro Tag ist Libyen zwar wichtig, aber auch nicht unersetzlich. Saudi-Arabien hätte freie Kapazitäten und könnte einen Ausfall Libyens sofort und ohne Probleme kompensieren. Auch andere Ölförderstaaten könnten einspringen. In der Rangliste der wichtigsten Erdölproduzenten taucht Libyen erst auf Platz 17 auf. Fakt ist also, dass aktuell keine Lieferengpässe drohen. Dass der Ölpreis dennoch seit Dienstag so stark angesprungen ist, ist ein Indiz dafür, dass noch andere Ängste bzw. Befürchtungen eine Rolle spielen. Sollten die Unruhen nach Ägypten, Tunesien, Libyen und Bahrain auf weitere Länder überspringen, dann könnte es wirklich ernst werden. Wenn also Investmenthäuser wie Nomura vor einem Ölpreis von 220 USD oder mehr warnen, rechnen sie mit einem Extremszenario und nicht nur mit Förderausfällen in einem einzelnen Land wie Libyen. So weit sind wir derzeit aber zum Glück noch nicht, auch wenn niemand ausschließen kann, dass sich die Lage in der arabischen Welt noch weiter verschlechtert. Der Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent stieg zeitweise fast bis auf 120 USD. Die Analysten der Deutschen Bank sehen ab diesem Preisniveau einen konjunkturellen Wendepunkt erreicht. In anderen Worten: Steigt der Ölpreis weiter, muss mit ernsthaften Konsequenzen für die Konjunktur in den Industriestaaten gerechnet werden. Doch wie gesagt: So weit sind wir noch nicht.
Gute Quartalszahlen fallen unter den Tisch
Die zum Teil recht guten Quartalszahlen der DAX-Unternehmen wurden – nach meiner Meinung zu Unrecht – nur wenig beachtet. BASF glänzt mit einem weiteren Spitzenjahr und Rekorden: Der Umsatz stieg 2010 um 26 Prozent auf 63,9 Milliarden Euro, das Ergebnis je Aktie sprang um 223 Prozent auf 4,96 Euro nach oben. Trotz der Aktivitäten der Tochter Wintershall in Libyen zeigte sich Konzernchef Hambrecht optimistisch für 2011. Auch die Allianz verbuchte einen Gewinnsprung und einen Rekordumsatz von 106,5 Milliarden Euro. Die Dividendenerhöhung um 0,40 Euro passte jedoch nicht allen Anlegern, weshalb die Aktie auf die Verkaufsliste gesetzt wurde. Rekordzahlen gab es heute auch bei Henkel. Der Persilhersteller hat im Geschäftsjahr 2010 den Gewinn um 82 Prozent nach oben geschraubt. Der Umsatz stieg um elf Prozent. Obwohl die Dividende um mehr als ein Drittel steigen soll, stand die Aktie unter Verkaufsdruck. Die Angst vor steigenden Rohstoffkosten könnte eine Erklärung hierfür sein, ebenso gut könnten viele Anleger jedoch dankbar für einen Anlass zu Gewinnmitnahmen sein. Abgestraft wurde heute auch die RWE-Aktie, weil das Unternehmen wegen der Atomsteuer und eines sich verschärfenden Wettbewerbs schwere Zeiten erwartet.
DAX-Korrektur läuft
Mit dem Rückfall unter den mittelfristigen Aufwärtstrend hat der DAX ein negatives Chartsignal generiert, das eine weitere Korrektur bis zum Support bei 7.000 Punkten möglich werden lässt. Diese psychologisch wichtige Marke könnte bei der Bodenbildung eine entscheidende Rolle spielen. Am Freitag konnte sich der Index nach dem Bekanntwerden guter Unternehmenszahlen und positiver Konjunkturdaten wieder erholen.
Fazit:
Durch die Krise in Arabien bzw. den Ölpreisanstieg haben die Konjunkturängste zugenommen. Sollte sich die Lage bald beruhigen, ist aufgrund der guten Verfassung der Unternehmen mit einer schnellen Rückkehr der Bullen zu rechnen. Kommt es jedoch zu einer Verschärfung der Krise, könnte es an den Aktienbörsen eine längere und tiefere Korrektur geben.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.