DaxVestor-Kolumne Stefan Böhm

Eurokrise zieht den DAX wieder nach unten

15.05.10 11:28 Uhr

Eurokrise zieht den DAX wieder nach unten | finanzen.net

Die augenscheinliche Rettung der Griechen und anderer schuldengeplagter Eurostaaten hat zu Wochenbeginn eine kräftige Erleichterungsrallye an den Aktienmärkten ausgelöst.

Der DAX eroberte mit Leichtigkeit die 6.000er Marke zurück. Doch die Märkte spekulieren weiter über ein Auseinanderbrechen der Europäischen Währungsunion und der Wechselkurs des Euros zum US-Dollar fiel am Freitag auf den tiefsten Stand seit den Marktturbulenzen nach der Lehmanpleite im Oktober 2008. Auch am Aktienmarkt übernahmen wieder die Bären das Ruder.

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War das nur ein Strohfeuer?

Die EU-Staaten haben zum großen Schlag ausgeholt, schrieben wir am Montag in unserer DAX-Analyse. Wir bezogen diese Aussage jedoch vor allem auf die Garantiesummen, die nun im Raum stehen, damit Länder wie Griechenland, Portugal und Spanien liquide bleiben. Am Grundproblem hat sich bislang jedoch nichts geändert. Sind die Staaten wirklich willens und in der Lage, zu sparen und ihre Haushalte in Ordnung zu bringen? Zweifel daran sind erlaubt, denn ob den Ankündigungen auch Taten folgen werden, muss sich erst noch zeigen. Am Devisenmarkt jedenfalls regieren weiterhin die Euro-Bären, denn die Gemeinschaftswährung verliert gegenüber den meisten anderen Weltwährungen – mit Ausnahme des britischen Pfunds – rapide weiter an Wert. Die Pfund-Ausnahme hat damit zu tun, dass die Lage in Großbritannien auch nach der Wahl nicht besser geworden ist. Der neue Premier Cameron hat bislang noch nicht gesagt, wie er das riesige britische Defizit abbauen möchte. Gut möglich also, das Großbritannien als nächstes Land in den Abwärtssog hineingezogen wird.

Banken misstrauen sich gegenseitig

Doch zurück zum Euro: Der anhaltende Verkaufsdruck beim Euro gegenüber Dollar, Yen und Franken ist ein Indiz dafür, dass die Anleger nach wie vor misstrauisch sind. Dazu gibt es allen Grund, denn auch die Banken verfallen in Muster, die man überwunden glaubte. Das Misstrauen ist inzwischen fast wieder so stark angewachsen wie auf dem Höhepunkt der ersten Finanzkrise. Einige Banken hatten bereits wieder Probleme, überhaupt noch Geld von anderen Banken zu bekommen. Vor allem Banken aus Portugal und Spanien sind diesmal betroffen. Dass trotz Rettungspaket und EZB-Liquiditätsspritzen nochmals eine Dürrephase am Geldmarkt drohen könnte, ist daher ein klares Warnsignal.

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Quartalszahlen und eine Übernahme

Etwas verdrängt werden nach wie vor die weiterhin eintrudelnden Quartalszahlen der Unternehmen. Der US-Netzwerkausrüster Cisco Systems steigerte den Reingewinn im dritten Geschäftsquartal um satte 62 Prozent auf 2,2 Mrd. USD bei einem Umsatzanstieg um 27 Prozent auf 10,4 Mrd. USD. Trotz dieser guten Zahlen drückte Cisco-Chef Chambers auf die Euphoriebremse. Die Konjunkturerholung sei unsicher, so seine Botschaft. Der größte deutsche Softwarekonzern SAP nutzt derweil die Zeit für eine großen Übernahme. Die Walldorfer wollen den US-Softwarekonzern Sybase für 5,8 Mrd. USD übernehmen und als eigenständiges Unternehmen im SAP-Verbund weiterführen. Durch die Akquisition soll der Zugang zu Mobilfunkkunden gesichert werden. Durch die Sybase-Technologie erhofft sich SAP den Aufstieg zum Marktführer für mobile Datendienste. Angesichts des hohen Kaufpreises reagierten die SAP-Anleger jedoch mit Verkäufen. Ob die Übernahme, die zugleich eine Kampfansage an den Erzfeind Oracle ist, ein Erfolg wird, wird sich erst einigen Jahren zeigen.

Geht dem DAX die Puste aus?

Schneller als man es sich vorstellen konnte, stieg der DAX wieder in die Nähe seines Jahreshochs bei 6.341 Punkten. Doch dieses Kursniveau konnte am Freitag nicht behauptet werden. Angesichts des Kurssprungs der letzten Tage und der Umstände ist dies jedoch auch kein Wunder. Sollte der DAX nochmals unter die Marke von 6.000 Punkten fallen, dann dürfte sich die Abwärtsbewegung wieder beschleunigen.

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Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.