DaxVestor-Kolumne Stefan Böhm

DAX: Eskaliert die Lage in Griechenland?

12.04.10 09:45 Uhr

DAX: Eskaliert die Lage in Griechenland? | finanzen.net

In Griechenland plündern die Menschen ihre Bankkonten und horten Bargeld.

Das bringt die Banken unter Druck, die sich nun nach frischem Kapital umsehen müssen. So wurden dem griechischen Finanzsystem in den ersten beiden Monaten auf diese Weise acht Milliarden Euro entzogen. Der Staat muss nun nicht nur seine Schulden bedienen, sondern auch den Banken beistehen. Die baten um die Freigabe von Mitteln aus einem Rettungsfonds.

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Kapitalabflüsse zeugen von Vertrauensverlust

Damit ist die Krise, die man schon mehrfach zurückgedrängt glaubte, wieder auf der Tagesordnung. Das Vertrauen, dass Griechenland sein Finanzsystem alleine in Ordnung bringen kann, ist offenbar viel tiefer verletzt, als man dies bislang angenommen hat. So könnten die Berichte über die Kapitalabflüsse die Zweifel nochmals verstärken und so eine Abwärtsspirale auslösen. Auch der Plan von Merkel, Sarkozy und Co., dass die Griechen sich selbst aus dem Sumpf ziehen, wenn sich die Lage beruhigt hat und die Risikoaufschläge bei den Staatsanleihen zurückgegangen sind, könnte scheitern. Es ist daher nicht mehr auszuschließen, dass die Griechen nun die Hilfen vom IWF und von den europäischen Partnern tatsächlich beanspruchen müssen. Sollte das vor der Landtagswahl in NRW am 9. Mai der Fall sein, wird es spannend, da auch Angela Merkels Regierungsfähigkeit indirekt von einer CDU-Regierung in NRW abhängt, denn die sichert eine Mehrheit im Bundesrat.

EZB verlängert Refinanzierungshilfen

Die Blicke richteten sich daher auf die Europäische Zentralbank, die am Donnerstag erwartungsgemäß nicht an der Zinsschraube drehte. Vielmehr stellte die EZB sicher, dass auch trotz neuer Refinanzierungsregeln im nächsten Jahr Wertpapiere mit einem schlechten Rating wie BBB- akzeptiert werden. Ursprünglich sollte Ende 2010 wieder zu einem Mindestrating von A- zurückgekehrt werden. Die EZB hätte dann griechische Staatsanleihen nicht mehr akzeptieren dürfen, was die Refinanzierung der griechischen Schulden nochmals verteuert hätte. Was nach einem pragmatischen Vorgehen der EZB aussieht, ist in der Tat jedoch ein Umfallen auf der ganzen Linie. Noch am Montag hatte EZB-Chef Trichet gesagt, eine Verlängerung der Refinanzierungshilfen sei nicht nötig. Schon heute jedoch war dies Makulatur. Ganz offensichtlich ist die Lage wirklich ernst.

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DAX-Rallye vorerst beendet?

Am deutschen Aktienmarkt haben die neuen Griechenland-Sorgen vor allem die Banken belastet. Die Commerzbank und die Deutsche Bank zählten zu den größten Verlierern. Der DAX hat folglich seine Rallye unterbrochen. Aus charttechnischer Sicht wäre eine kurzfristige Korrektur kein Beinbruch, insbesondere nach den Kursgewinnen der letzten Wochen.

Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.