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Börse Frankfurt-News: Schleichgang statt Rally (Scale-Marktbericht)

15.12.23 11:02 Uhr

Börse Frankfurt-News: Schleichgang statt Rally (Scale-Marktbericht) | finanzen.net

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - So rasant nach oben wie im DAX oder Dow Jones geht es im Scale-Segment nicht, Höhenflieger gibt es aber einige, in diesem Jahr etwa Pantaflix, Vectron, Platform, EQS und Veganz. Die drei Fragen gehen diesmal an Bernhard Frohwitter von ParTec.

15. Dezember 2023. Es geht aufwärts, wenn auch in Trippelschritten: Das Scale-Segment scheint die Tiefs hinter sich gelassen zu haben. Der Scale All Share liegt am Freitagmorgen bei 1.153 Punkten, etwas über dem Niveau vor einem Monat und einiges über dem Tief Ende Oktober von 1.077 Zählern. Allerdings kann der Scale-Index nicht mithalten mit dem DAX, der gerade ein neues Allzeithoch markiert hat. Das Scale All Share-Allzeithoch aus dem Herbst 2021 bei fast 2.000 Punkten ist weit entfernt.

EQS: Erfolg mit Folgen

Richtig gut gelaufen ist es aber für Scale-Mitglied EQS ((EQS Group)). Anfang Dezember hat die Pineapple German Bidco GmbH, hinter der US-Finanzinvestor Thoma Bravo steckt, ihr öffentliches Übernahmeangebot für den Münchner Compliance-Software-Spezialisten veröffentlicht. EQS-Aktionäre können bis zum 12. Januar ihre Anteile zu 40 Euro je Aktie anbieten - eine Prämie von 53 Prozent gegenüber dem Xetra-Schlusskurs vom 15. November. Vorstand und Aufsichtsrat von EQS befürworten das Angebot. Vor Bekanntwerden der Offerte kostete die Aktie noch 22 Euro, danach 40 Euro. Der Wermutstropfen: der sehr wahrscheinliche Börsenrückzug.

Die EQS Group ist führender Anbieter für Investorenkommunikation und einer der Marktführer für digitale Hinweisgebersysteme. Aktuell profitiert sie stark von dem seit dem 2. Juli geltenden Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland: In Unternehmen ab 50 Mitarbeitern muss es nun Meldestellen für Whistleblower geben.

The Platform Group: Bereit für die (modische) Zukunft

Auch The Platform Group ((fashionette)), ehemals Fashionette, strebt nach Größerem. Am Montag dieser Woche eröffnete der Marktplatzbetreiber für Luxus-Accessoires den Börsenhandel auf dem Parkett in Frankfurt und markierte damit den erfolgreichen Abschluss der Zusammenführung von Platform und Fashionette. Für 2023 erwartet The Platform Group ein Umsatzplus von 32 Prozent, das Ebitda soll um 92 Prozent steigen. Nach der schlechten Kursentwicklung von Fashionette 2021 und 2022 sieht es dieses Jahr deutlich besser aus: Der Kurs ist in den vergangenen zwölf Monaten von 4 auf 6,14 Euro gestiegen.

Damit gehört die Platform-Aktie auch zu den Scale-Titeln mit der besten Entwicklung auf Zwölfmonatssicht. Noch besser schneiden die Filmproduktionsfirma Pantaflix ((Pantaflix)) und der Kassensystemanbieter Vectron Systems ((Vectron Systems)) ab mit Kurszuwächsen von 102 Prozent und 81 Prozent. Dem vorausgegangen waren allerdings starke Kursverluste. Auf den Plätzen vier und fünf stehen die EQS Group und die Veganz Group ("Veganer Genuss aus Berlin"). Schlusslichter sind Helma Eigenheimbau, Beaconsmind und Cantourage, wobei Cantourage mit aktuell 7 Euro zumindest immer noch über dem ersten Kurs beim Börsengang vor gut einem Jahr notiert.

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Kommt jetzt die Aufholjagd? An den Märkten ist immer wieder Thema, warum die kleinen Werte den großen noch hinterherhinken. Denn auf langfristige Sicht haben sie in der Vergangenheit besser abgeschnitten und eine "Risikoprämie" offeriert. "Aktuell ist die Risikoprämie der Small Caps verschwunden", schreibt Kapitalmarktstratege Tilmann Galle von J.P. Morgan, der sich jüngst dem Thema mit Blick auf globale Small Caps angenommen hat. Er ist überzeugt: Wieder fallenden Zinsen könnten ein attraktiveres Umfeld für die Small Caps schaffen. "In den letzten drei US-Rezessionen war es auf Dreijahressicht eine erfolgreiche Strategie, nach Beginn einer Rezession den Small Caps den Vorzug gegenüber Large Caps zu geben. Fallende Finanzierungskosten und die Aussicht auf eine zukünftige wirtschaftliche Erholung geben dem Segment dann den nötigen Rückenwind." Galle weist aber auch auf die hohe Zahl unprofitabler Firmen hin. Neben innovativen und wachstumsstarken Unternehmen gebe es eben auch viele kleinkapitalisierte Unternehmen, die es nie schafften, groß zu werden.

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Formycon: Anstieg auf 100 Euro prognostiziert

Nicht so gut lief es dieses Jahr für die 2022 noch so beliebte Formycon-Aktie. Zuletzt gab es aber einige gute Nachrichten: Das Unternehmen, das biopharmazeutische Nachfolgeprodukte ("Biosimilars") anbietet, hat den Zulassungsantrags für ein Augenmedikament (FYB203) in Europa eingereicht. Außerdem wurde ein Medikament gegen schwere Entzündungserkrankungen (FYB202) von der US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) zugelassen. "Formycon macht Fortschritte bei der Kommerzialisierung seines Biosimilar-Portfolios", erklärt das Analysehaus Alster Research, rät zum Kauf und nennt ein Kursziel von 100 Euro, deutlich über der aktuellen Notierung von 56,80 Euro.

Drei Fragen an... Bernhard Frohwitter, CEO der ParTec AG

ParTec hat gerade den IPO Award der Deutschen Börse Group erhalten, der Kurs ist seit dem Listing im Juli aber deutlich zurückgegangen. Was ist der Grund?

Unser Börsengang war ein wichtiger Schritt, um unsere Visibilität weiter zu erhöhen und unseren Investorenkreis zu erweitern. Wir konzentrieren uns bei ParTec auf unser operatives Geschäft, über den Aktienkurs entscheidet die Börse. Sicherlich sind wir mit der jüngsten Kursentwicklung nicht zufrieden. Wir werden weiter mit einer transparenten Kommunikation auf die Positionierung der ParTec, unser exzellentes Knowhow, unsere Patente und das Potenzial aufmerksam machen.

Der Zuschlag für das Großprojekt "Jupiter" in Jülich, also der Bau des ersten Exascale-Supercomputers in Europa, wurde von Montega als "Meilenstein" für ParTec bezeichnet. Sehen Sie das auch so?

Absolut. Jupiter wird einer der schnellsten Supercomputer der Welt und entscheidend dazu beitragen, auf drängende Menschheitsfragen Antworten zu finden, etwa zu Klima oder Gesundheit. Bei seiner Fertigstellung im Herbst 2024 wird er zudem wohl der mit Abstand schnellste KI-Rechner der Welt sein. Jupiter wird mit der von uns entwickelten und patentierten dynamischen Modularen System Architektur (dMSA) gebaut. Dass wir als federführender Partner für das Projekt ausgewählt wurden, unterstreicht einmal mehr unser Knowhow und unsere jahrelange Erfahrung im Bereich Supercomputer.

Wo sehen Sie das größte Potenzial für ParTec, das heißt: Was spricht für Ihre Aktie?

Der Markt für Super- und Quantencomputer wird in den nächsten Jahren weiter stark wachsen. Der hauptsächliche Treiber ist bereits - und wird sich noch verstärken - der enorme Bedarf an immenser KI-Rechenleistung. Wir verfügen über weltweit mehr als 150 Patente, gewinnen stetig neue Ausschreibungen, und unsere Software ist bereits erprobt und schon in zahlreichen Anwendungen und Hochleistungsrechnern im Einsatz. Auch durch Kooperationen, etwa mit dem israelischen Unternehmen Quantum Machines, sehen wir in der Zukunft deutliche Wettbewerbsvorteile. ParTec ist hervorragend am Markt aufgestellt, um von dieser Entwicklung zu profitieren und sein Wachstum weiter voranzutreiben.

Die ParTec AG ist spezialisiert auf die Entwicklung und Herstellung modularer Supercomputer und Quantencomputer sowie der dazugehörigen Systemsoftware. Das Angebot umfasst den Vertrieb sowie Beratungs- und Unterstützungsleistungen in allen Bereichen der Entwicklung, des Baus und des Betriebs. Dem Unternehmen zufolge ist der dMSA-Ansatz (dynamische Modulare System Architektur) ein einzigartiges und erfolgreiches Merkmal der ParTec AG, das sich insbesondere für die komplexen Anforderungen massiver Rechenleistung in der KI bewährt hat.

von: Anna-Maria Borse © 15. Dezember 2023, Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)