Börse Frankfurt-News: "Rekorde und Hiobsbotschaften passen zusammen" (Ausblick)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Börse und Wirtschaft laufen vollends auseinander? Keineswegs, meint so mancher. Ohnehin rechnen viele nun auch für Europa konjunkturseitig mit einem "Hauch von Frühling".
19. Februar 2024. Miserable Wirtschaftsdaten, große Unzufriedenheit, Ukraine- und Nahostkrieg - die Rekordlaune an der Börse ist angesichts der schwierigen Nachrichtenlage hierzulande für viele kaum zu verstehen. Markus Reinwand von der Helaba ist der Frage nachgegangen, wie Aktienhausse und die zahlreichen Hiobsbotschaften zusammenpassen. Dafür hat er die DAX-Bewertung mit Frühindikatoren für die globale Konjunkturentwicklung verglichen.
Sein Fazit: Der DAX ist derzeit fair bewertet, die Bewertungsexpansion der letzten Monate angesichts einer Aufhellung der globalen Wachstumsperspektiven durchaus gerechtfertigt. Außerdem bestehe für den DAX bei einer an Dynamik gewinnenden Weltkonjunktur noch weiteres Potenzial - durch die Kombination von steigenden Unternehmensgewinnen und einer höheren Bewertung. "Aktien sind also keineswegs der Realität entrückt", meint er. "Vielleicht ist die Stimmung derzeit zu stark von Alarmismus geprägt."
Kein Rückenwind von Wall Street
Der DAX war am Freitag auf das neue Allzeithoch von 17.198 Zähler geklettert, aus dem Handel ging der Index etwas niedriger bei 17.117 Punkten. An der Wall Street reichte es am Freitag nicht ganz für neue Hochs. Der Grund: Die US-Erzeugerpreise sind im Januar stärker gestiegen als erwartet. Am Dienstag zuvor hatten die US-Verbraucherpreise schon einen anhaltend hohen Preisdruck angezeigt. Das dämpfte Hoffnungen auf schnelle Zinssenkungen. Am heutigen Montag wird es keine Impulse aus den USA geben: Es ist Presidents` Day, die Börsen bleiben geschlossen. Am Montagmorgen steht der DAX bei 17.067 Punkten.
Tiefpunkt erreicht?
Laut Thorsten Weinelt von der Commerzbank wird sich in den kommenden Tagen wohl viel um die europäischen Frühindikatoren drehen, konkret die Einkaufsmanagerindizes und das ifo-Geschäftsklima. "In Europa geht die Hoffnung dahin, dass die Talsohle demnächst erreicht sein könnte." Die US-Wirtschaft habe sich in den letzten beiden Quartalen bereits als deutlich robuster erwiesen als prognostiziert, die Rezessionserwartungen seien gesunken. Er rechnet für die hiesigen Einkaufsmanagerindizes und das ifo-Geschäftsklima mit Verbesserungen. Die Kauflaune an den Aktienbörsen dürfte daher bleiben. "Mit Spannung wird zudem erwartet, wie China nach einwöchiger Pause in den Handel startet."
Charttechnik: "Kurzfristig kaum weitere Anstiegsdynamik"
Aus technischer Sicht stehen die Zeichen auf Konsolidierung. Der DAX habe zwar einen dynamischen Ausbruch über die Widerstandszone geschafft, wie Christoph Geyer feststellt. Allerdings sei diese Dynamik am Freitag mit einem Doji zunächst im Keim erstickt worden. "Der Doji, bei dem Eröffnungs- und Schlusskurs nahezu auf einem Niveau notieren, signalisiert bei den Marktteilnehmern immer Unsicherheit", erklärt der Charttechniker. Der Wochenauftakt könne daher mit einer Korrekturbewegung starten. Dies passe auch zur saisonalen Lage, die bis Ende März noch keinen nachhaltigen Anstieg erwarten lasse. "Somit ist kurzfristig kaum mit weiteren dynamischen Anstiegsbewegungen zu rechnen."
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Montag, 19. Februar
USA: Presidents` Day. Die Märkte bleiben geschlossen.
Mittwoch, 21. Februar
20.00 Uhr. USA: Protokoll der US-Notenbanksitzung vom 30./31. Januar. Die DekaBank erwartet nach den Kommentaren verschiedener Notenbanker nach der Sitzung keine großen Neuigkeiten. Möglicherweise fänden sich aber zum Thema Bilanzreduktion interessante Informationen.
Donnerstag, 22. Februar
10.00 Uhr. Eurozone: Einkaufsmanagerindex Februar. Die Stimmungsindikatoren könnten einen Hauch von Frühling verbreiten, meint die Commerzbank. Der erwartete weitere Anstieg des Einkaufsmanagerindex für die Industrie nähre die Hoffnung, dass in der Industrie die Talsohle bald erreicht sei. Auch der Index für den Dienstleistungssektor sei im Februar wohl wieder leicht gestiegen, werde mit 49 Punkten aber wohl noch im Rezessionsbereich verharren.
11.00 Uhr. Eurozone: Verbraucherpreise Januar, endgültige Zahlen. Der Schnellschätzung zufolge ging die Inflation im Euroraum im Januar weniger stark zurück als erwartet, erklärt die DekaBank. Vor allem im Dienstleistungssektor sei sie mit 4 Prozent unverändert hoch. Die detaillierteren finalen Daten böten nun mehr Aufschluss darüber, wie anhaltend der Preisauftrieb in diesem Bereich tatsächlich sei.
13.30 Uhr. Eurozone: Zusammenfassung EZB-Sitzung vom 25. Januar.
Freitag, 23. Februar
10.00 Uhr. Deutschland: ifo-Geschäftsklima Februar. Die Stimmung der deutschen Unternehmen könnte der DekaBank zufolge zum dritten Mal in Folge gefallen sein, allerdings nur geringfügig. Dabei werde sich die schlechte Verfassung der Konjunktur nochmals in einem leichten Rückgang der Lagebeurteilung widerspiegeln, während die Hoffnung auf Besserung wachse.
Von: Anna-Maria Borse, 19. Februar 2024, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)