Börse Frankfurt-News: "Nichts dem Zufall überlassen" (Marktstimmung)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 7. Juli 2021. FRANKFURT. Investoren richten sich auf ein Sommerloch ein und treten an die Seitenlinie, bis auf einige ziemlich aktive Privatanleger. Goldberg warnt davor, die internationalen Anleger zu vergessen, und hat auch eine Idee, in welche Richtung diese sich bewegen könnten.
Ob es am auf Montag verlängerten Feiertag in den USA lag, dass sich das Handelsgeschehen beim DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung in einer nur geringen Bandbreite bewegte? Zumindest hat sich das Handelsband für das Börsenbarometer seit dem vergangenen Mittwoch auf 1,6 Prozent verringert. Zwar könnte man im Kontrast zu dieser Trägheit auf den S&P 500-Index in den USA verweisen, der während des gleichen Zeitraums vier neue Allzeithochs markiert hat. Letztlich hat aber auch er nur ein Kursplus von 1,5 Prozent vorzuweisen. Mit anderen Worten: Der DAX konnte von den Impulsen jenseits des Atlantiks per Saldo nicht viel mitnehmen.
Vielleicht aber hat die Börsianer auch irritiert, dass die Rendite der US-Staatsanleihen, gemessen an den Bonds mit zehnjähriger Laufzeit, allein während der vergangenen zehn Tage um 20 Basispunkte gesunken ist und nun so niedrig wie zuletzt im Februar notiert. Und das, obwohl die zuletzt publizierten ökonomischen Daten keinen Hinweis darauf gaben, dass sich der Inflationsdruck in den USA verringert haben könnte.
Aktivere Privatanleger
Die Stimmung unter den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont hat sich jedenfalls der trägen DAX-Entwicklung angepasst. Zwar ist unser Börse Frankfurt Sentiment-Index gegenüber der Vorwoche um 3 Punkte auf einen neuen Stand von -1 gestiegen. Aber das liegt wohl nur daran, dass sich die Gruppe der bearishen Marktteilnehmer etwas deutlicher verringert hat als diejenige ihrer bullishen Pendants. Dies hat naturgemäß zu einer Verringerung der Polarisierung zwischen den beiden Lagern und zu einem deutlich erhöhten Anteil neutral gestimmter Akteure geführt.
Mit 37 Prozent aller Befragten notieren wir bei dieser Gruppe den höchsten Stand seit dem 5. Februar 2020. Offensichtlich geht man davon aus, dass sich aus der sommerlichen Seitwärts-Orientierung des DAX nur wenig herausholen lässt, so dass man nichts dem Zufall überlassen möchte.
Die entgegengesetzte Entwicklung stellen wir bei den Privatanlegern fest, deren Börse Frankfurt Sentiment-Index sich um immerhin 11 Punkte auf einen neuen Stand von -4 verringert hat. Dabei handelt es sich in etwa bei 50 Prozent der Fälle um ehemalige Optimisten, die einfach nur ihre Engagements geschlossen und sich an die Seitenlinie begeben haben. Die andere Hälfte zeigt sich etwas risikofreudiger und hat ihre bisher bullishen Positionen um 180 Grad auf bearish gedreht. Eine bemerkenswerte Entwicklung insofern, als sich der DAX gegenüber unserer Erhebung vom vergangenen Mittwoch im Punktvergleich nicht bewegt hat.
Fragwürdige Vergleiche
Unter dem Strich haben sich institutionelle und private Investoren mit der heutigen Befragung in ihrer Stimmung wieder einander angenähert. Der auffallend hohe Bestand an neutral gestimmten Akteuren mag mancherorts zu einem Vergleich mit der Situation einladen, wie sie am 5. Februar 2020 vorherrschte, als diese Gruppe zuletzt einen so hohen Stand aufwies. Allerdings mit einem Unterschied: Die Stimmung insgesamt war damals - zwei Wochen vor Beginn des Corona-Crashs - mit einem Sentiment-Index von +25 bedeutend positiver als heute, weswegen allein schon aus dieser Sicht ein Vergleich nicht zulässig scheint. Vielmehr manifestiert sich in der heutigen Befragung die Erwartung eines Sommerlochs, wobei sich das Börsengeschehen während der Monate Juli und August in den vergangenen drei Jahren volatiler präsentierte, als dies manch einem lieb gewesen sein mag. Der hohe Anteil an neutral gestimmten Akteuren in Kombination mit einem so gut wie richtungslosen Börse Frankfurt Sentiment-Index mag allerdings auch etwas anderes dokumentieren: Man ist sich über den weiteren DAX-Trend im Unklaren.
Auch wenn von den heimischen Investoren kein neuer richtungsweisender Impuls ausgehen mag, darf man - wie in der vergangenen Woche schon einmal erwähnt - die internationalen Fondsmanager als Impulsgeber nicht vergessen. Und bei denen sehen wir das Risiko von Kapitalabflüssen höher als die Chance neuerlicher Kapitalzuflüsse.
7. Juli 2021, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)