Börse Frankfurt-News: "Gute Gründe, auszusteigen" (Marktstimmung)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Deutsche Bluechips steigen und steigen, hiesige mittelfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger wechseln zum Teil auf die Short-Seite, nicht ohne Gewinne mitgenommen zu haben. Andere sind da aktiv, wie Goldberg vermutet.
13. Dezember 2023. Nun zeigt der Aufwärtstrend des DAX auch bei der siebten Sentiment-Erhebung in Folge keinerlei Ermüdungserscheinungen. Der Wochenzuwachs von zuletzt rund 1,7 Prozent kann sich sehen lassen. Tatsächlich haben die heute Abend (MEZ) endende Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank und die für Morgen anberaumte Zusammenkunft der Europäischen Zentralbank, als sogenannte Ereignisrisiken dem Trend bis zum heutigen Erhebungszeitpunkt nicht einmal eine nennenswerte Korrektur beschert. Auch wenn die Notenbanken in Sachen Zinssenkungsfantasien für das kommende Jahr im Gegensatz zu manchen Akteuren womöglich viel zurückhaltender sein dürften, scheint sich die Angst vor einer möglichen falkenhaften Überraschung im jüngsten Kursverlauf der wichtigen Indices jenseits des Atlantiks und hierzulande nicht widerzuspiegeln. Mit anderen Worten: An den für 2024 bereits eingepreisten Zinssenkungen insbesondere der US-Notenbank scheint es vielerorts keinen Zweifel zu geben. Genauso wenig wie an einem Wiederaufflammen der Inflation.
Gewinnmitnahmen plus Vorsicht
Unterdessen scheinen die von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont die gestiegenen Kurse weiterhin zu Gewinnmitnahmen genutzt zu haben. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index verliert zum fünften Mal hintereinander substanziell Optimisten: Der Index fällt bei der heutigen Erhebung besonders deutlich um 25 Punkte und befindet sich nun auf einem Stand von -22, also klar in pessimistischem Terrain. Zu dem nun seit dem 13. September niedrigsten Sentiment-Index haben 13 Prozent aller befragten Investoren beigetragen, die sich nicht nur mit Gewinnmitnahmen begnügt, sondern fast vollumfänglich ihre vormals bullishen Engagements in bearishe Positionen gedreht haben.
Bei den Privatanlegern können wir eine ähnliche Tendenz feststellen, denn auch in diesem Panel hat sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index deutlich um 16 Punkte auf einen neuen Stand von +2 reduziert. Allerdings ist die Abwanderungsbewegung aus dem Bullenlager heraus nicht so deutlich wie bei den institutionellen Pendants. So hat sich nur etwas weniger als die Hälfte der früheren Optimisten direkt auf die Bärenseite gewagt. Die Mehrheit hat sich hingegen mit Gewinnmitnahmen begnügt und befindet sich nun bei den neutral gestimmten Investoren.
Wir sprechen von Pessimismus
Alle Bullen, die seit unserer vergangenen Stimmungserhebung abgewandert sind, haben natürlich zwei gewichtige Argumente auf ihrer Seite. Zum einen aufgelaufene Gewinne, die (womöglich auch noch in Nähe des Allzeithochs) "einfach realisiert werden mussten". Zum anderen die gebotene Vorsicht, weil es vor allem die US-Notenbank - und dies könnte durch die heute Abend ebenfalls zur Veröffentlichung anstehenden makroökonomischen Projektionen des Offenmarktausschusses bestätigt werden - mit den Zinssenkungen im kommenden Jahr eventuell nicht so eilig haben könnte, wie dies mancherorts bereits erhofft wird.
Was vor allen Dingen die institutionellen Investoren angeht, befindet sich die Stimmung mittlerweile auf einem der niedrigsten Stände in diesem Jahr, in der relativen Betrachtung auf Sicht von drei Monaten sogar auf einem Jahrestief. Allerdings dürften viele der mittlerweile abtrünnig gewordenen Bullen einen Rücksetzer des DAX zu einem Wiedereinstieg (möglicherweise zwischen 16.300 und 16.350 Zählern) nutzen, statt auf eine längerfristige Trendwende zu setzen, und so dem Börsenbarometer eine wichtige Stütze sein.
Auf der anderen Seite ist es bemerkenswert, dass trotz der Auflösung vieler bullisher Engagements während der vergangenen Wochen der DAX auch zuletzt keine Ermüdungserscheinungen gezeigt hat. Ein Umstand, der auf weitere langfristige Kapitalzuflüsse zurückzuführen sein dürfte. Gleichzeitig hat sich nicht zuletzt auch in Hinblick auf das nahende Jahresende die Gefahr einer Shortsqueeze im Falle weiter steigender Kurse deutlich erhöht.
13. Dezember 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)