Börse Frankfurt-News: "Gegen den Strom gehandelt" (Marktstimmung)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 13. April 2022. FRANKFURT. Entgegen internationaler Grundstimmung sind erstaunlich viele professionelle Anleger optimistisch, und vermutlich bei Kursgewinnen schnell wieder weg. Das belastet den Markt nach Ansicht von Joachim Goldberg eher.
Nun hat sich der DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung abermals abgeschwächt und seither eine Handelsbandbreite von rund 3 Prozent produziert - stichtagsbezogen hat das Börsenbarometer rund 1,5 Prozent an Wert verloren. Gemessen an den größten Ängsten der Marktteilnehmer, scheint dieser Verlust dennoch überschaubar. Zumal sich in der gestern publizierten April-Umfrage der Bank of America unter internationalen Fondsmanagern große Rezessionsangst abzeichnete. Netto 71 Prozent - die Differenz aus positiven und negativen Antworten der Befragten - erwarten nämlich auf Sicht von zwölf Monaten eine schwächere Weltwirtschaft. Dabei handelt es sich nicht nur um den höchsten Wert seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1995; vielmehr wird eine globale Rezession auch als größtes Marktrisiko seitens der Fondsmanager angesehen; dicht gefolgt von einer zu falkenhaften Geldpolitik der Notenbanken und Inflationsbefürchtungen, die ebenfalls als ernstzunehmende Risiken eingeschätzt werden. Der Ukraine-Krieg hingegen rangiert mittlerweile nur noch auf Platz 4 in der Liste der Marktrisiken.
Mutiger Optimismus
Umso überraschender sieht die Stimmungsveränderung zum Positiven unter den von uns befragten mittelfristig orientierten institutionellen Investoren aus. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index hat sich gegenüber der Vorwoche um 26 Punkte verbessert und liegt nunmehr auf einem neuen Stand von -3. Dabei kam es offenbar nicht ganz unerwartet zu Gewinnmitnahmen bei einem Fünftel ehemals bearish eingestellter Akteure. Allerdings hat es den meisten von ihnen nicht gereicht, zuletzt am fallenden Markt profitabel agiert zu haben. Vielmehr hat man sich per Saldo sogar für bullishe Engagements entschieden, wobei sich auch noch ein Teil vormals neutral eingestellter Investoren zu den Optimisten gesellte.
Die entgegengesetzte Tendenz stellen wir unterdessen bei den Privatanlegern fest, deren Börse Frankfurt Sentiment-Index gegenüber der Vorwoche noch einmal um 9 Punkte auf einen neuen Stand von -16, dem bislang niedrigsten Stand in diesem Jahr, gefallen ist. Erneut haben vormals optimistisch eingestellte Akteure das Handtuch geworfen und sich am Ende allesamt direkt zu den Bären begeben.
Überdeckter Grundpessimismus
Somit haben sich die Stimmungsbilder bei den privaten und institutionellen Investoren mit der heutigen Erhebung gegenläufig entwickelt, wobei natürlich vor allem der deutlich verringerte Pessimismus der institutionellen Investoren aus dem Rahmen fällt. Denn es ist bemerkenswert, dass trotz der keineswegs verbesserten Nachrichtenlage und der vorgenannten Rezessionsängste internationaler Fondsmanager immerhin 40 Prozent aller Befragten hierzulande optimistisch eingestellt sind. Allerdings ist in der relativen Betrachtung auf Sicht von drei und sechs Monaten immer noch ein Grundpessimismus festzustellen, der durch die heutige Befragung überdeckt sein mag.
Und so liegt der Schluss nahe, dass die jüngsten Optimisten dem DAX nicht allzu lange die Treue halten werden, vor allem wenn sich nicht schnelle Kursgewinne einstellen. Diese Haltung stellt naturgemäß eine Belastung für den DAX dar, zumal an der Oberseite vermutlich Gewinnmitnahmen im Bereich von 14.450/14.500 Zählern für Sand im Getriebe einer etwaigen Erholung sorgen dürften. Außerdem ist es bemerkenswert, dass der DAX im Wochenvergleich trotz der jüngsten Käufe institutioneller Investoren immer noch einen Verlust aufweist, der immerhin der Hälfte der absolvierten Handelsspanne entspricht. Dies ist als Indiz dafür zu werten, dass den mutigen Nachfragern der vergangenen Tage langfristiges Angebot gegenüberstand. Kurzum: Die Sentiment-technische Lage hat sich für den DAX nicht verbessert.
13. April 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)