Börse Frankfurt-News: Energiekrise drückt Stimmung (Wochenausblick)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Neben Konjunktursorgen und Ängsten vor einer Gasknappheit in Europa belasten neue Covid-Ausbrüche in Asien den Wochenauftakt.
11. Juli 2022. Frankfurt (Börse Frankfurt). Geo- und Energiepolitik belastet die Aktienmärkte weiter. Am Montagmorgen steht der DAX nach drei Gewinntagen in Folge bei 12.856 Punkten und damit unterhalb des Schlusskurses vom Freitag. Der Hang Seng verliert 3,10 Prozent, der Nikkei 225 hingegen steht unverändert. In Shanghai fallen die Kurse im Shanghai Composite im Schnitt um 1,5 Prozent. China hatte mehrere neue Covid-Ausbrüche gemeldet.
Nach Meinung von Kapitalmarktanalyst*innen beschwert vor allem das Gasthema die Stimmung. Denn am Montag beginnen die geplanten Wartungsarbeiten an der Gaspipeline Nord Stream 1. "Damit beginnt an den Kapitalmärkten das große Zittern, ob Russland am 21. Juli nach zehn Tagen Wartung den Gashahn wieder aufdrehen wird", fasst Andreas Hürkamp von der Commerzbank zusammen. Die Gaspreise sind im Vorfeld bereits rasant gestiegen.
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Drohende US-Rezession nicht eingepreist
Dennoch erwartet der Analyst für die kommenden Handelstage eher Ruhe: "Die zuletzt wieder rückläufigen Inflationserwartungen und die derzeit sinkenden Leitzins-Erwartungen für EZB und FED sprechen kurzfristig für stabilere Aktienmärkte", schätzt Hürkamp die Lage ein. Das werde jedoch nicht so bleiben: "Mittelfristig dürften die Kurse weiter fallen, da sie unser Konjunkturszenario einer drohenden US-Rezession noch nicht eingepreist haben."
Am Mittwoch werden die USA für Juni ein neues 40-Jahreshoch bei der Inflation melden müssen, das jedoch noch nicht den Höchststand markieren könnte. Hürkamp erwartet in den kommenden Monaten mehr als 9 Prozent Inflation in den USA.
Ohne Gas nichts los
"Sollte sich ein drohender Gas-Stopp nicht materialisieren, sollte das Aktien weiter befördern", erwartet auch Claudia Windt von der Helaba. Allerdings könnten solche Hoffnungsschimmer nicht ausreichen, um die Rezessionssorgen vollends zu verdrängen.
Abebbende Zinsangst kommt Tech-Aktien zugute
Der Inflations- und Zinserhöhungsdruck wird auch nach Ansicht von Robert Halver von der Baader Bank zunehmend von Konjunktursorgen gebremst, was sich vor allem am Rentenmarkt bei US-Staatsanleihen zeige. Die vermutlich abebbende Zinsangst werde aber vor allem Tech-Aktien zugutekommen, so dass sich diese womöglich auch als erstes wieder erholen. "Mittlerweile hat sich deren Überbewertung im Gleichklang mit der Normalisierung am Rentenmarkt drastisch beruhigt."
Dagegen mache die Energiekrise konjunkturabhängige europäische Aktien aus der Industrie- und Chemiebranche sowie Banken zu schaffen, während Autohersteller unter Lieferproblemen und angeschlagenen Absatzmärkten leiden. Halver schaut bereits in den Herbst und eine Erholung Chinas, die entsprechend positive Effekte in Europa haben würde: "Es besteht immerhin die Hoffnung, dass nach dem Parteitag der Kommunistischen Partei im Oktober, auf dem sich Xi Jinping als Sieger über das Corona-Virus feiern lassen will, die Schotten wieder stärker geöffnet werden." Diese Aufhellungen träfen auf zyklische Sektoren in Europa, die die Rezession dann eingepreist hätten und sich teilweise auf vieljährigen Bewertungsniveaus befänden, also Value-Charakter hätten.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Dienstag, 12. Juli 2022
11:00 Uhr. Deutschland: ZEW-Konjunkturerwartungen, Juni
Die DekaBank rechnen mit einer deutlichen Abwärtskorrektur. Infolge der Inflation nähme die Konjunktur immer mehr Schaden, die Kaufkraft im Verbrauch schwinde und Unternehmen kämpften gegen eine hohe Kostenlast. Hinzu käme eine drohende Erdgasrationierung im Winter.
Mittwoch, 13. Juli 2022
14:30 Uhr. USA: Verbraucherpreise, Juni
"Im Juni dürften die Preise sogar noch kräftiger angestiegen sein als im Mai", prognostiziert die DekaBank. Die Märkte sollten aber hierauf vorbereitet sein. Vor allem Energie und Lebensmittel dürften deutlich teurer geworden sein.
Freitag, 15. Juli 2022
04:00 Uhr. China: Bruttoinlandsprodukt, zweites Quartal
Nur noch um 1,5 Prozent dürfte das chinesische Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal angestiegen sein, erwartet die DekaBank. "Der harte Lockdown in Shanghai und anderen Städten Chinas hat die Wirtschaftsentwicklung im zweiten Quartal massiv belastet." Der Tiefpunkt sei aber im April erreicht worden, die Erholung habe im Juni an Kraft gewonnen. "Ohne neue umfassende Lockdowns können die Konjunkturhilfen in den kommenden Monaten endlich wirken." Allerdings seien in ersten Städten schon wieder Beschränkungen verhängt worden, sodass der Aufschwung mit Fragezeichen versehen sei.
von: Antje Erhard, 11. Juli 2022, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)