Börse Frankfurt-News: Comeback möglich (Nebenwerte)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Neue Strategien, neue Erfolge - einige lange schwächelnde Scale-Unternehmen haben sich zurückgemeldet. Andere laufen ohnehin immer. Insgesamt haben es die kleinen Aktien aber noch schwer. Die drei Fragen gehen diesmal an Sebastian Grabmaier von der JDC Group
18. September 2023. Langfristig können mit Smallcaps zwar höhere Renditen erzielt werden als mit Largecaps, seit einiger Zeit schlagen sich Largecaps aber besser. Und Microcaps wie die Scale-Aktien hinken besonders hinterher. Höhere Zinsen, Inflation und die schwächelnde Wirtschaft machen den Unternehmen zu schaffen. Und an der Börse sind große, bekannte Namen derzeit beliebter. Der Scale All Share liegt am Montagmorgen bei 1.182 Punkten, seit Jahresanfang ergibt das ein Minus von 3,7 Prozent. Das Allzeithoch aus dem Jahr 2021 von 1.969 Punkten ist weit weg.
Die Unterschiede innerhalb des Index sind allerdings riesig. Die Spitzengruppe kommt auf satte Kursgewinne, die Schlusslichter auf heftige Kursverluste. Wer wozu gehört, ist aber nicht statisch. Aktuell hat auf Sicht von zwölf Monaten der lange schwächelnde Düsseldorfer Online-Händler von Luxus-Accessoires Fashionette (DE000A2QEFA1) die Nase vorn. Der Kurs hat sich seit September 2022 fast verdoppelt auf aktuell 6,88 Euro. Immerhin von 17 Euro auf 25,20 Euro stieg der Kurs des Anbieters veganer Lebensmittel Veganz Group (DE000A3E5ED2). In beiden Fällen waren dem Anstieg deutliche Rücksetzer vorausgegangen. Das gilt auch für den Kassensystemanbieter Vectron Systems (DE000A0KEXC7), vielen bekannt aus Bäckereien und der Gastronomie, und Laiqon, ehemals Lloyd Fonds (DE000A12UP29), auf den Plätzen drei und vier der Performance-Liste. Etwas stabiler über die Zeit zeigt sich Daldrup & Söhne (DE0007830572). Der Geothermiespezialist steht auf Platz fünf mit einem Kursanstieg von 7,40 auf aktuell 9,40 Euro.
Veganz und Fashionette auf neuen Wegen
Der Veganz Group hatten die im Zuge von Corona und Ukraine-Krieg stark gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten und die Kaufzurückhaltung zugesetzt. Im ersten Quartal schrieb Veganz tiefrote Zahlen. Es gibt aber Grund für Hoffnung: Anfang September hat sich Veganz frisches Geld über eine Kapitalerhöhung beschafft, die US-Investmentgesellschaft Vegreat LLC wird neuer Großaktionär. Mit dem Bruttoerlös von gut 6 Millionen Euro will Veganz seine Produktionskapazitäten erweitern und die Vertriebs- und Marketingaktivitäten ausbauen. Zudem haben Veganz und Vegreat in Dubai ein Joint Venture im Bereich Indoor-Farming gegründet.
Neue Wege schlägt auch Fashionette ein. CEO Dominik Brenners will die Profitabilität deutlich verbessern. Zwei unrentable Marktsegmente wurden bereits eingestellt. Der Restrukturierungsprozess zeigt erste Früchte: Fashionette mit den beiden Plattformen fashionette.com und brandfield.com steigerte im ersten Halbjahr 2023 das Ergebnis und hob auch die Prognose für das Gesamtjahr an. Für Kursfantasie sorgt zudem die Anfang dieses Monats von den Aktionären genehmigte Fusion mit Hauptaktionär The Platform Group. Diese wird in die Fashionette AG integriert, die wiederum in The Platform Group AG umfirmiert wird.
2G als Evergreen
Zu den Stars im Segment gehört, trotz Kursrücksetzer 2022, der Hersteller von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen 2G Energy (DE000A0HL8N9). 2G profitiert ohnehin von der Energiewende und ist daher schon lange ein Favorit "grüner" Anleger*innen. Nun hat 2G zudem den niederländischen Wärmepumpenherstellers NRGTEQ übernommen.
Bei Analysehäusern kommt das gut an. First Berlin hat die Aktie von "Hinzufügen" auf "Kaufen" hochgestuft und das Kursziel von 33 auf 34 Euro erhöht. Aktuell kostet die Aktie 25,25 Euro. "Wir halten an unseren Schätzungen für 2023 fest und sprechen angesichts der durch den Einstieg ins Großwärmepumpengeschäft verbesserten mittelfristigen Wachstumsaussichten weiterhin eine klare Kaufempfehlung aus", erklärt das Analysehaus. Laut SMC-Research zeigen die Halbjahreszahlen eine "sehr positive Entwicklung." Insgesamt bewege sich 2G Energy auf einem dynamischen Expansionspfad. Der Bereich Wasserstoff biete ebenso noch großes Potenzial wie das Geschäft mit Großwärmepumpen. SMC rät weiter zum Kauf, das Kursziel bleibt bei 31 Euro.
Deutsche Rohstoff überzeugt viele
Nicht verstecken muss sich auch Mutares (DE000A2NB650), auf lange Sicht, aber auch kürzere. Seit September 2022 ist der Kurs von 17,84 Euro auf aktuell 23,35 Euro geklettert. Die Beteiligungsgesellschaft für mittelständische Unternehmen in Umbruchsituationen gab vergangene Woche ihren sechsten Exit in diesem Jahr bekannt, den Verkauf der SABO-Maschinenfabrik. Warburg Research hat Mutares nun sogar auf seine "Conviction-List" gesetzt, eine Liste mit Topempfehlungen. Das Kursziel sehen die Analysten bei 34 Euro, weit über der aktuellen Notierung.
Richtung Allzeithoch bewegt sich der Kurs des Mannheimer Rohstoff- und Bergbauunternehmens Deutsche Rohstoff (DE000A0XYG76). Aktuell kostet die Aktie 30,70 Euro, in Rekordhoch im Sommer 2022 waren es gut 33 Euro. Im ersten Halbjahr hatte Deutsche Rohstoff den Umsatz zwar abermals gesteigert, das Ebitda ging wegen der niedrigeren Rohstoffpreise aber zurück. Nun ist der Ölpreis wieder gestiegen. First Berlin hat nach Veröffentlichung der Halbjahreszahlen die Kaufempfehlung bestätigt und das Kursziel von 40 auf 44 Euro angehoben. Auch andere Analysehäuser raten zum Einstieg, etwa Kepler Cheuvreux (Kursziel 43 Euro), Alster Research (Kursziel 47,10 Euro) und Oddo BHF (Kursziel 40 Euro).
Cliq mit Namensaktien
Neues gibt es von Cliq Digital (DE000A0HHJR3). Das Streaming-Unternehmen stellt nach Börsenschluss am 20. September das gesamte Aktienkapital von Inhaber- auf Namensaktien um. Ab dem 21. September gilt dann die neue ISIN DE000A35JS40. Die Hauptversammlung von Cliq hatte die Umstellung am 6. April 2023 beschlossen. Die RCM Beteiligungs AG teilte im Übrigen mit, das Scale-Segment Ende November zu verlassen. Die Börsennotierung wird ohne Unterbrechung im Freiverkehrssegment Basic Board fortgesetzt.
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Drei Fragen an.... Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender der JDC Group
Im ersten Halbjahr konnte die JDC Group trotz schwierigem Marktumfeld und Verbraucherzurückhaltung Umsatz und Ebitda steigern. Wie sind die Aussichten für das Gesamtjahr?
Das Multikrisenumfeld aus hohen Inflationsraten, steigenden Zinsen und Krieg in der Ukraine bleibt nach wie vor herausfordernd. Das Geschäft nimmt aber wieder Fahrt auf. Im Plattformgeschäft sind wir schon wieder auf Kurs, das zeigen die aktuellen Neugeschäfts- und Bestandsübertragungszahlen. Wir bestätigen daher unsere positive Einschätzung und gehen für 2023 von einem Umsatzzuwachs von im Mittel 17 Prozent auf 175 bis 190 Millionen Euro aus.
In welchem Geschäftsbereich sehen Sie das meiste Potenzial?
Unser Wachstumstreiber ist das Versicherungsgeschäft im Advisortech-Segment. Das wichtige Etappenziel eines Versicherungsbestands mit Jahresnettoprämie von über einer Milliarde Euro haben wir hier bereits im zweiten Quartal 2023 erreicht - früher als erwartet. Die hohen wiederkehrenden Erlöse sind eine solide Basis für das weitere Wachstum der JDC Group. Insbesondere die Großverträge im Sparkassen- und Genossenschaftsbankensektor werden einen erheblichen Schub bringen.
Seit Anfang 2022 schwächelt der Aktienkurs. Was spricht für ein Investment?
Die JDC Group-Aktie hat sich in der allgemeinen Tech- und Small-Cap-Flaute gut geschlagen und sich auch seit Frühjahr besser entwickelt als der Scale 30. Das zeigt das Vertrauen in unser Geschäftsmodell. Allerdings war unser Plattformgeschäft ab dem dritten Quartal 2022 erheblich durch das fehlende Verbrauchervertrauen aufgrund von Krieg, Inflation und steigenden Zinsen belastet. Seit dem zweiten Quartal 2023 sind unsere Kunden jedoch wieder zurück im Markt, nun können wir die Früchte unserer Arbeit ernten. Die Geschäfte mit immer mehr Großkunden vor allem aus dem Bankensektor tun ihr Übriges. Mit guten Zahlen sollte auch der Kurs wieder auf die Spur kommen.
Die Wiesbadener JDC Group (DE000A0B9N37) bietet unter den Marken Jung, DMS & Cie., allesmeins und Geld.de eine digitale Plattform für Versicherungen, Investmentfonds und alle anderen Finanzprodukte und -dienstleistungen. Mit mehr als 16.000 angeschlossenen Plattformnutzern und rund 1,6 Millionen Kunden gehört sie zu den Marktführern im deutschsprachigen Raum.
von: Anna-Maria Borse © 18. September 2023, Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)