Börse Frankfurt-News: "Angst vor Zinswende schlimmer als Zinswende" (Ausblick)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Nach einem enttäuschenden Januar hat auch der Start in den Februar die Laune am Aktienmarkt nicht verbessern können - vor allem wegen deutlich gestiegener Renditen und immer wahrscheinlicher werdenden Leitzinserhöhungen.
7. Februar 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Den Aktienmärkten setzt die Erwartung einer geldpolitischen Straffung - auch seitens der EZB - ordentlich zu. Die Europäische Notenbank hat in ihrer jüngsten Sitzung zwar keine offiziellen Ankündigungen gemacht: "Intern scheint es allerdings weitgehende Einigkeit zu geben, dass der noch im Dezember vorgezeichnete Kurs, also keine Zinsanhebung 2022, nicht gehalten werden kann", bemerkt Ulf Kraus von der Helaba.
Am Montagmorgen steht der DAX nahezu unverändert, nach kräftigen Verlusten am Donnerstag und Freitag und einem Schlussstand von 15.100 Punkten zum Wochenende. Vor allem die unter die Räder gekommenen Tech-Werte hatten am Freitag in den USA zwar einen Teil ihrer Verluste wieder wettgemacht. Dennoch hat der Nasdaq 100 seit Jahresbeginn über 10 Prozent verloren, Meta, ehemals Facebook, sogar über 30 Prozent.
"Die sich abzeichnenden Zinswenden bei Fed und EZB trüben den Ausblick für die Aktienmärkte", kommentiert Andreas Hürkamp von der Commerzbank. "Die nervenaufreibende DAX-Schaukelbörse, die sich größtenteils zwischen 15.000 und 16.000 Punkten bewegt, dürfte sich wegen der höher als erwarteten Inflation und der restriktiver als erhofften Notenbanken auch in den kommenden Monaten fortsetzen."
Nicht nur Inflationsbekämpfer, sondern "Eurozonen-Thermomix"
Nach Einschätzung von Robert Halver von der Baader Bank wird die US-Notenbank den "Zinserhöhungskrieg" allerdings nicht auf die Spitze treiben - aufgrund schlechter historischer Erfahrung, auch da stabile Finanzmärkte und Wachstum untrennbar miteinander verbunden seien. "Bei der EZB muss man sich noch weniger um deutliche Zinsrestriktionen sorgen." Zwar empöre sich so mancher Notenbankdirektor wie seine US-Kollegen auch über hohe Preissteigerungen. Die EZB habe aber im Vergleich noch mehr Aufgaben neben der Inflationsbekämpfung zu erfüllen. "Unter den Notenbanken ist die EZB so etwas wie der 'Thermomix'. Sie muss vor allem die gewaltigen Zentrifugalkräfte in Europa bändigen, um die Länder zusammenzuhalten."
Technik: "Noch nichts ausgestanden"
Das technische Bild ist durchwachsen. Wie der unabhängige Charttechniker Christoph Geyer erklärt, sind die Indikatoren vergangene Woche wieder nach unten abgekippt, im Fall des MACD-Indikators sei mit dem Abprallen an der Trigger-Linie ein neues Verkaufssignal entstanden. "Ein solches Abprallen stellt meist ein finales Verkaufssignal dar." Allerdings machten die kaum anziehenden Umsätze im Abwärtstrend Mut, da die Breite der Marktteilnehmer offenbar nicht an den Verkäufen beteiligt sei. "Somit könnte es zwar zu einem noch einmal schwächeren Wochenauftakt kommen, die Chance auf eine Stabilisierung ist aber gegeben."
Viel los ist datenseitig nicht in der neuen Woche, vor allem im Vergleich mit der mit Terminen vollgespickten vergangenen. Der große Schwung an Unternehmenszahlen aus den USA ist erst einmal vorbei, hierzulande nimmt die Berichtssaison hingegen erst Fahrt auf: Unter anderem legen Siemens und Siemens Energy, Qiagen, Deutsche Börse, Delivery Hero und Linde ihre Bücher offen.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Donnerstag, 10. Februar
14.30 Uhr. USA: Verbraucherpreise Januar. Die Volkswirte der Commerzbank gehen davon aus, dass die Inflation von 7 auf 7,3 Prozent gestiegen ist. Auch für die Kernrate ohne die stark schwankenden Preise für Energie und Nahrungsmittel rechnen sie mit einem weiteren Plus, und zwar von 5,5 auf 6 Prozent.
Freitag, 11. Februar
8.00 Uhr. Großbritannien, BIP viertes Quartal und Gesamtjahr. Im vergangenen Jahr ist das BIP laut DekaBank überraschend stark gewachsen und hat die tiefen Verluste der Corona-bedingten Rezession 2020 zum Jahresende 2021 aufgeholt. Eine erfolgreiche Impfkampagne sowie umfangreiche Hilfsprogramme der britischen Regierung hätten dazu beigetragen. Die Omikron-Welle haben wohl erst ab Dezember 2021 die Wirtschaftsleistung spürbar belastet. Die Analysten erwarten ein Jahreswachstum von beachtlichen 7,3 Prozent.
von: Anna-Maria Borse
7. Februar 2022, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)