Risiken hoch

Zu den wohl teuersten Sprüchen an der Börse zählt: „Dieses Mal ist alles anders.“
So sollte etwa die Internetrevolution um die Jahrtausendwende die gewohnten Konjunkturzyklen außer Kraft setzen und einen dauerhaften Aufschwung bringen. Nur so ließen sich die extremen Bewertungen rechtfertigen. Wer sich auf diese Annahme verlassen hat, büßte von 2000 bis 2002 den Großteil seinen Vermögens ein. Auch die Solarwerte, die bis Ende 2007 auf abenteuerliche Höhen gestiegen waren, konnten die geltenden Bewertungsrelationen nur vorübergehend außer Kraft setzen.
Seither stehen sie massiv unter Druck.
Geltende Regeln
Die Börse spielt zwar vorübergehend immer wieder verrückt, im Großen und Ganzen bleiben die Regeln aber die selben. Läuft die Konjunktur gut, ziehen die Notenbanken die Zügel an und sorgen damit für eine Abkühlung.
Geht es mit der Wirtschaft dagegen abwärts, senken die Notenbanken die Zinsen, um so zusätzliche Investitionen anzuschieben. Die Börsen nehmen die Zyklen etwas vorweg: So lange sich die Konjunktur bessert und die Unternehmensgewinne kräftig klettern, geht es aufwärts. Droht eine deutliche wirtschaftliche Abkühlung, wird es an den Börsen ungemütlicher. Wer diese einfachen Regeln beherzt hat, ist in den vergangenen Jahrzehnten gut gefahren. Problematisch an der aktuellen Situation ist, dass dieses Mal tatsächlich einige Punkte aus dem üblichen Raster fallen.
Schwer kalkulierbar
Angesichts der massiven Verwerfungen im Zuge der Finanzkrise haben die normalen Zinssenkungen der Notenbanken nicht mehr ausgereicht. Zusätzlich mussten gigantische Summen in den Markt gepumpt werden und die Staaten verschuldeten sich über beide Ohren, um die Krise (zumindest vorerst) abzumildern. Deswegen wird die Börsenentwicklung aktuell nicht mehr nur von den üblichen Konjunkturzyklen, sondern weitgehend von (kaum kalkulierbaren) politischen Entscheidungen getragen. Zumindest in Deutschland haben die Entscheidungen zu einer deutlichen Konjunkturerholung geführt und - passend zu den steigenden Unternehmensgewinnen - sind die Aktienkurse kräftig geklettert. Der charttechnsiche Aufwärtstrend im DAX ist intakt, die Bewertungen sind nicht zu hoch. Da Trends sehr beständig sind und die Konjunkturperspektiven weiterhin ordentlich ausfallen, spricht derzeit einiges für weiter steigende Kurse. Aber das Risiko für einen Rückschlag ist dieses Mal deutlich höher als in früheren Konjunkturzyklen.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.