Aktienstrategie-Kolumne Wolfgang Braun

Raus hier!

13.10.11 13:47 Uhr

Raus hier! | finanzen.net

Die politischen Führer in Europa haben in den vergangenen Monaten eine desolate Vorstellung abgegeben.

Als FDP-Chef Philipp Rösler vor einigen Wochen eine Pleite Griechenlands ins Spiel brachte, war der Aufschrei riesig. Jean-Claude Juncker, Chef der Eurogruppe, schloss zusammen mit Kanzlerin Merkel eine Insolvenz Athens damals kategorisch aus. Ein paar Wochen später philosophiert derselbe Mann in einem Interview darüber, ob ein Schuldenschnitt für Griechenland in einer Größenordnung von 60 Prozent überhaupt ausreicht. Als Bürger kann man in Anbetracht dieser Kakophonie nur zwei Schlüsse ziehen: Entweder lügen unsere Politiker wie gedruckt oder aber sie sind Dilettanten. In beiden Fällen gilt: Die politische Führung Europa hat in den vergangenen Jahren das Vertrauen komplett verspielt.

Wer­bung

Erwartungen enttäuscht

Ein Hauptargument für die Einführung des Euro war die Hoffnung, dass in einem gemeinsamen Währungsraum auch eine politische Einheit entsteht.

Die Konflikte um die Lösung der Schuldenkrise zeigen, dass der Euro eher für Zwist unter den Partner sorgt und die Einigung Europas sogar gefährdet. Der Währungsraum driftet auseinander. Auch ein Schuldenschnitt für Griechenland wird das Problem nicht endgültig lösen, weil das Land - wie andere Euro-Mitgliedsstaaten - nicht wettbewerbsfähig ist. Nach Berechnungen des ifo-Chefs Hans-Werner Sinn haftet Deutschland in der Schuldenkrise inzwischen mit 465 Milliarden Euro. Die Summe entspricht den Gesamtschulden, die die Bundesrepublik in den ersten 40 Jahren ihres Bestehens gemacht hat. Werden alle Garantien und Bürgschaften fällig, klettert die Schuldenquote Deutschlands von aktuell rund 80 auf dann 100 Prozent des BIP. Die höchste Bonitätsstufe für die Anleihen wäre dann wohl verloren.

Harter Schnitt

Der Euro stürzt Deutschland nicht nur in ein finanzielles Chaos, auch die Grundpfeiler der Demokratie wanken. Die Legitimation für die EU-Hilfsgelder ist denkbar schwach: Die Mehrheit der Bevölkerung dürfte gegen Milliardenzahlungen sein, die von den heutigen Steuerzahlern und den folgenden Generationen abzutragen sind. Nachdem die ursprünglichen Erwartungen an den Euro nicht mehr zu erfüllen sind und die Politik das Vertrauen der Bürger zunehmend verspielt, sollte die Bundesregierung einen harten Schnitt in Betracht ziehen und das Volk über einen Austritt aus der Währungsunion abstimmen lassen.

Wer­bung

Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.