Krise beendet?

Zwei Entscheidungen in den vergangenen Tagen haben die Märkte in ihren Bann gezogen.
Und beide Male wurden die hohen Erwartungen der Anleger erfüllt. Am vergangenen Donnerstag hat Mario Draghi angekündigt, dass die EZB künftig ohne Limit Anleihen von angeschlagenen Ländern kaufen wird. Voraussetzung dafür ist, dass die betroffenen Länder zuvor einen Antrag auf Hilfen aus dem Rettungsfonds ESM stellen und sich so zu Reformen verpflichten. Am Mittwochmorgen folgte dann die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum ESM. Die Richter winkten den Rettungsschirm wie erwartet durch, stellten aber ebenfalls Bedingungen.
Demnach darf die von Deutschland bereit gestellte Summe die festgelegten 190 Milliarden Euro nicht überschreiten. Eine Banklizenz für den ESM, wie sie einige Politiker gefordert haben, ist damit nicht zulässig.
Was bedeutet das?
Die Aktienkurse haben schon im Vorfeld der Entscheidungen deutlich zugelegt, die Anleiherenditen von angezählten Ländern wie Spanien oder Italien kamen zurück. Die Reaktion ist nachvollziehbar. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts kann der ESM seine Arbeit wie geplant aufnehmen und im Zusammenspiel mit der EZB eine erhebliche Wirkung entfalten. Der besondere Charme liegt im Eingriff der Notenbank: Da diese faktisch unbegrenzt Mittel zur Verfügung hat, dürften sich Spekulanten vorerst kaum trauen, gegen angeschlagene Staaten zu wetten.
Alleine seit der Ankündigung Mario Draghis, im Notfall einzugreifen, sind die Zinsen deutlich gefallen - ohne dass die EZB auch nur einen Cent investieren hat müssen. Mit den Anleihekäufen überschreitet die EZB allerdings die Schwelle zur Staatsfinanzierung. Kritik ist daher gerechtfertigt. Da eine Aufgabe des Euro politisch aber ausgeschlossen wird, war das noch die attraktivste Lösung für Deutschland: Die Feuerkraft des ESM ist begrenzt, so dass die meisten Risiken der Euro-Rettung bei der EZB landen. Während die Bundesrepublik beim Rettungsfonds im schlimmsten Fall komplett haftet, beträgt der Anteil an der EZB nur 27 Prozent.
Weitere Schritte nötig
Alleine mit frischem Geld lässt sich die Krise nicht lösen. Die Maßnahmen können den angeschlagenen Staaten aber die Zeit verschaffen, um die nötigen Strukturreformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durchzusetzen. Lassen die betroffenen Länder dank gesunkener Zinsen in ihrem Reformeifer nach, dürfte die Krise bald zurück sein.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global
Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf
deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und
bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes
deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter
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