Für immer Null?

Die Federal Reserve tut derzeit alles, um die Zinsen auf einem niedrigen Niveau zu halten.
Der Leitzins liegt schon seit geraumer Zeit bei Null. Durch die Aufkäufe von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren drückt die Notenbank auch die langfristigen Renditen. Nur so lassen sich die absurd niedrigen Verzinsungen an den Rentenmärkten erklären. Normalerweise verlangen Anleger bei steigender Verschuldung höhere Renditen. Trotz Rekordlöchern im Staatshaushalt bringt ein 10-jähriger US-Bond aktuell aber gerade einmal 2,83 Prozent. So wenig Zinsen gab es selten zuvor.
Zwei Gründe
Die Notenbanker begründen ihre lockere Geldpolitik mit der schwachen Wirtschaft. Durch günstige Zinsen sollen Verbraucher und Unternehmen zu Konsum und Investitionen verführt werden und so das Wachstum ankurbeln. Bislang mit mäßigem Erfolg: Die Bürger zahlen lieber ihre Schulden zurück, die Industrie leidet ohnehin unter Überkapazitäten. Die Geldschwemme hat aber wohl noch einen anderen wichtigen Hintergrund: Durch die Anleiheaufkäufe kann sich der Staat günstig verschulden. Es ist schon verdächtig, dass das jüngste Kaufprogramm der Federal Reserve über 600 Milliarden Dollar etwa der geplanten Schuldenaufnahme der US-Regierung in den nächsten sechs Monaten entspricht. Wer würde auch für knappe drei Prozent massiv Staatsanleihen kaufen, wenn nicht die Notenbank selbst. Viele grundsolide Unternehmen bieten aktuell locker das doppelte an Dividendenrendite.
Probleme voraus
Die Frage ist nur, ob ein Ausstieg aus dieser Situation gelingt. Stellt die Notenbank die Geldpresse ein, werden die Zinsniveaus steigen. Das Ausmaß ist noch ungewiss. Einige Experten sprechen aber von einer Anleiheblase, die einen erheblichen Renditeanstieg erwarten lässt. Steigen die Zinsen aber nur um zwei Prozent, bedeutet das für den US-Haushalt bei einer Gesamtverschuldung von rund 10 Billionen Dollar jährlich 200 Milliarden an zusätzlichen Zinszahlungen. Die Haushaltssorgen dürften damit noch ein ganzes Stück größer werden. Prinzipiell muss die US-Notenbank die Leitzinsen also immer auf Null lassen. In der Praxis dürfte das aber kaum möglich sein. Die Verwerfungen an den Finanzmärkten sind schon jetzt enorm. Mit steigenden Zinsen dürften die Probleme aber erst richtig anfangen.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de
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